Nach Starkregen: Anwohner kämpfen mit 30 Zentimeter Schlamm im Keller

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Die Reste von 30 Zentimetern Schlamm. Die betroffene Familie wird vieles aus dem Keller entsorgen müssen. © nb

Plötzlich war der Keller voller Schlamm. Im Neubaugebiet Am Leger in Fahrenzhausen kämpften vor allem zwei Nachbarn mit dem braunen Matsch. Anwohner beklagen hier zudem Versäumnisse aus der Vergangenheit.

Der Starkregen in der Nacht zum Dienstag hat im Süden und Westen des Landkreises wieder einige Straßen überflutet sowie Keller volllaufen lassen. Betroffen waren – wie so oft – auch Anwohner Am Leger, ein Neubaugebiet am Rande von Fahrenzhausen. Dort stand der Schlamm noch am Tag danach in den Untergeschoßen zehn Zentimeter hoch. Ein Anwohner kritisiert, dass lange nichts gegen die Gefahr vor den Wassermassen unternommen wurde, obwohl das Problem der volllaufenden Keller dort schon jahrelang bekannt ist. Bürgermeisterin Susanne Hartmann versichert jedoch, dass man an der Sache dran sei.

„Ich wusste nicht, dass Wasser so schnell durch geschlossene Fenster eindringen kann“, schildert eine betroffene Anwohnerin. Kurz nach Mitternacht sieht sie das volle Ausmaß: 30 Zentimeter hoch steht der braune Schlamm in ihrem Keller. Anfänglich hat ihre Familie, die dort seit fünf Jahren wohnt, erst nichts von der Katastrophe gemerkt, erst als die Nachbarn klingeln, blicken sie in den Keller. „Bevor wir was gesehen haben, haben wir das Wasser gehört. Unser Hund hat ständig gebellt, wir dachten, er hat Angst vor dem Gewitter, aber scheinbar wollte er uns warnen“, schildert die Mutter. „Wir waren selbst erstaunt, wie schnell das ging.“

Familie ohne Warmwasser

Das Wasser mit dem Schlamm kam – wie immer Am Leger – vom Erdhügel runtergeschossen, der direkt an die Straße grenzt. Die Wassermassen rissen einen Mini-Wall aus Erde mit, der dort aufgrund von Bauarbeiten aufgeschüttet war. Über die Straße landete das Wasser dann vor allem bei zwei Hausnummern über Kellerschächte und -Fenster im deren Keller. „Wenn das Grundwasser so gesättigt ist, und das ist es derzeit sehr stark, wäscht der Regen den Schlamm aus der lehmigen Erde raus auf die Straße“, weiß Bürgermeisterin Hartmann.

Von diesem Hügel über die Straße kam das schlammige Wasser geschossen, direkt in den Keller zweier Anwohner Am Leger.
Von diesem Hügel über die Straße kam das schlammige Wasser geschossen, direkt in den Keller zweier Anwohner Am Leger. © Nico Bauer

Am Dienstagmittag war bei der Familie noch Aufräumen angesagt. Zehn Zentimeter Schlamm musste sie selbst aus dem Keller bekommen. Den konnte die Feuerwehr nicht abpumpen. „Sie hat aber sehr gute Arbeit geleistet“, spricht die Anwohnerin ihr Lob und Dank an die Ehrenamtlichen aus, die in der Nacht im Dauereinsatz waren.

Im Keller gelagerte Möbel und Schuhe sowie die Einrichtung eines Gästezimmers muss die Familie jetzt entsorgen. „Am meisten hat unsere Wärmepumpe gelitten“, schildert die Frau die Lage. Die Familie ist aktuell ohne warmes Wasser. Zumindest ist der Strom wieder da, der kurzzeitig ausgefallen war. Man ist nun aufgrund der Hochwasser-Problematik in Gesprächen mit der Gemeinde. „Die Bürgermeisterin gibt sich wirklich Mühe“, sagt die Fahrenzhausenerin.

Anwohner muss Urlaub abbrechen

Weniger gut zu sprechen auf die Gemeinde, vor allem auf den ehemaligen Bürgermeister, ist ein Anwohner, der selbst nicht betroffen ist, da er in zweiter Reihe wohnt und sich frühzeitig eine schützende Wand auf sein Grundstück bauen ließ. Er half die vergangenen Tage auf der Straße oder auch bei einem Nachbarn, der zum Zeitpunkt der Katastrophe im Urlaub ist, für Ordnung zu schaffen. Der Anwohner bemängelt, dass die Gemeinde schon viel früher hätte reagieren müssen. Er könne sich noch an das Hochwasser im Jahr 2019 erinnern, nach dem es bereits einen Vor-Ort-Termin gegeben hatte. „Der damalige Bürgermeister hat da aber nichts gemacht. Der Gemeinde war das damals scheinbar egal“, so sein Eindruck.

Besagter zweiter betroffener Nachbar meldete am Dienstag dem Freisinger Tagblatt: „Wir haben das Wasser mit dem Schlamm vom Feld komplett abbekommen und natürlich auch im Keller. Das Schlimmste ist, das wir aktuell im Urlaub sind und nichts machen können, außer managen. Wir fliegen am Mittwoch heim und brechen unseren Urlaub ab.“

Rückhaltebecken braucht Zeit

Die jetzige Bürgermeisterin, Susanne Hartmann, versichert auf FT-Nachfrage, dass aktuell viele Gespräche und Planungen laufen. Der Landwirt, dem ein großes Feld auf dem Hügel gehört, habe bereits Klee gepflanzt, der den Regen – anders als Mais und Kartoffeln – etwas zurückhalten kann. Außerdem sei ein Ingenieurbüro beauftragt, im Zuge der noch ausstehenden Spielplatzgestaltung über dem Leger auch einen Graben und ein Regenrückhaltebecken zu planen. Eine fünf- bis sechsstellige Summe lässt sich die Gemeinde das kosten. Außerdem laufen Verhandlungen mit einem Landwirt, über dessen Grund künftig das Wasser ablaufen könnte.

Das alles passiere aber nicht „hopplahopp“. „Viele Bürger vergessen immer, dass wir eine Behörde sind und wir nicht die einzigen Hochwasser-Betroffenen sind“, so Hartmann. Sprich: Das Ingenieurbüro hat viel zu tun. Allein in Fahrenzhausen seien von den 17 Ortschaften sechs in der Nacht zum Dienstag „abgesoffen“. Hartmann bittet vor allem um Geduld, nimmt aber auch Anwohner und Grundstückseigentümer in die Pflicht: So wären Sandsäcke auf Vorrat eine gute Sache. Und Eigentümer von unbebauten Grundstücken könnten sich um entsprechende Pflanzen und Mauern kümmern, damit die bewohnten Grundstücke weniger vom Schlamm abbekommen.

Während Gemeinde und Anwohner warten, bis etwas voran geht, bleibt die Furcht vor dem ankündigten Regen am Donnerstag. „Jeder hat Angst, dass die Lage wieder so schlimm wird“, sagt eine Betroffene. „Wir wollen nicht jedes Mal zittern müssen, wenn das Unwetter kommt.“

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