Nicht nur Kfz-Industrie: Welche deutschen Branchen würden besonders unter Trumps Zöllen leiden?

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Die von Donald Trump nur ausgesetzten Zölle würden die deutschen Branchen unterschiedlich heftig treffen. Nicht nur die Kfz-Industrie muss eine Antwort finden.

Berlin – Es gab in seiner Amtszeit als US-Präsident noch nicht viele Entscheidungen von Donald Trump, die weltweit für Erleichterung gesorgt haben. Das immerhin hat der Republikaner mit der Aussetzung der meisten seiner Zölle gegen mehr als 180 Länder geschafft. Wohlgemerkt nur wenige Tage, nachdem er sie verhängt hatte.

Auch in Deutschland wurde aufgeatmet. Denn die Zölle hätten für die Bundesrepublik kaum zu einem schlechteren Zeitpunkt verhängt werden können. Im Jahr 2024 waren die USA erstmals seit 2015 wieder wichtigster Handelspartner der Bundesrepublik, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Zuvor hatte diese Rolle acht Jahre in Folge China inne.

Trump-Zölle würden Deutschland treffen: Maschinen machen größten Anteil von Exporten an USA aus

Der Außenhandelsumsatz zwischen Deutschland und den USA betrug 252,8 Milliarden Euro. Zu verdanken ist der Anstieg den Exporten, die im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Prozent anzogen und auf 161,4 Milliarden Euro stiegen. Dagegen nahmen die Importe um 3,4 Prozent ab und endeten bei einer Summe von 91,4 Milliarden Euro.

Donald Trump geht einen Gang entlang
Hier kommt der Herr der Zölle: US-Präsident Donald Trump verkompliziert den Welthandel mit seinen Dekreten. © SAUL LOEB / AFP

Der Exportüberschuss legte damit von 63,3 auf 70 Milliarden Euro zu. So hätte es aus Sicht der deutschen Wirtschaft weitergehen können. Doch dann kam Trump zurück ins Weiße Haus. Und mit ihm wenige Wochen später die Androhung und kurzzeitige Umsetzung der Zölle, die Exporte mit dem Ziel USA erheblich verteuern würden. 20 Prozent soll der Aufschlag für Ware „Made in Germany“ wie im gesamten EU-Gebiet betragen.

Diese Zusatzkosten dürften es besonders jenen Branchen schwermachen, die bislang einen großen Teil des Export-Kuchens einnahmen. 29 Prozent der deutschen Exporte für den US-Markt im vergangenen Jahr betrafen Maschinen, es folgten Fahrzeuge mit 25,5 Prozent und Chemikalien mit 22,6 Prozent. Den größten Einzel-Posten machten Pkw mit 15,6 Prozent aus.

Trumps Zölle für die Kfz-Industrie: Erste Autobauer wie Audi beschließen Reaktionen

Gerade die Kfz-Branche hat Trump besonders ins Visier genommen, will die Produktion möglichst komplett ins eigene Land holen und umwarb deswegen auch schon die weltweit geschätzten deutschen Autobauer. Im Spätsommer 2024 sagte der Republikaner während seiner Wahlkampf-Tour: „Ich will, dass deutsche Autokonzerne zu amerikanischen Autokonzernen werden. Ich will, dass sie ihre Fabriken hier bauen.“

So könnten VW, Mercedes oder BMW, die ihre Produkte bereits teilweise in den USA fertigen, die nach wie vor geltenden 25-prozentigen Zölle umgehen. Doch ob Trump sie damit wirklich komplett raus aus ihrem Heimatland und hinein in sein Reich locken kann? VW-Tochter Audi hatte als erste Reaktion auf die Zölle stattdessen beschlossen, Lieferungen in die USA auszusetzen.

Und Volkswagen of America plant eine Importgebühr für Fahrzeuge, die außerhalb der USA angefertigt werden, wie Automotive News unter Berufung auf ein Schreiben an die Markenhändler berichtet. Zudem würde der Schienentransport von in Mexiko gebauten Fahrzeugen in die USA vorübergehend gestoppt werden.

VW-Chef Oliver Blume verriet in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) allerdings, dass der Konzern mit der Trump-Regierung über ein mögliches Entgegenkommen verhandele und stellte auch die Produktion von Audi-Fahrzeugen in den USA in Aussicht. „Wir haben eine Vorwärtsstrategie mit spannenden Projektansätzen, maßgeschneidert und attraktiv für den US-amerikanischen Markt. Das werfen wir in die Waagschale. Aktuell laufen konstruktive Gespräche mit der US-Regierung“, sagte der 56-Jährige.

Oliver Blume spricht und gestikuliert
In Verhandlungen mit der US-Regierung: VW-Chef Oliver Blume will Donald Trump entgegenkommen, um dessen Zöllen zu entkommen. © IMAGO / Jens Schicke

Deutschland und die US-Zölle: „Hersteller aus Europa werden das tragen müssen“

Viele Konzerne scheinen aber noch zu rätseln, wie ihre Antwort auf Trumps Zölle aussehen sollte. Laura von Daniels, Leiterin der Forschungsgruppe Amerika und Handelsexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), befürchtet im Tagesspiegel: „Mit großer Wahrscheinlichkeit müssen Hersteller aus den europäischen Ländern diese Zölle tragen.“

Der deutsche Mittelstand sowie Chemie- und Pharma-Unternehmen wären massiv betroffen. Schließungen und Entlassungen dürften drohen, vor allem bei spezialisierten Unternehmen, die auf Geschäfte mit den USA angewiesen sind.

Und das in einer Zeit, in der die deutsche Wirtschaft ohnehin kränkelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte zwei Jahre nacheinander. Das Münchner ifo-Institut rechnete bereits aus, dass die US-Zölle auf dieses Jahr hochgerechnet weitere 0,3 Prozent vom BIP abknabbern könnten. Instituts-Präsident Clemens Fuest warnte: „Da Deutschlands Wirtschaft bereits stagniert, ist es möglich, dass die US-Zölle das Wirtschaftswachstum in Deutschland unter die Nulllinie drücken.“

Für die Bundesrepublik komme dreierlei zusammen: Die Exporte in die USA dürften sinken, wegen der geringeren Wettbewerbsfähigkeit Chinas ebenso jene ins Reich der Mitte, zudem würden deutsche Unternehmen zusätzlich unter Druck gesetzt, weil auch andere Nationen stärker auf die übrigen Exportmärkte ausweichen müssten.

Hier schlagen die US-Zölle besonders zu: Die Kfz-Branche und die Pharmaindustrie müssen in Deutschland besonders schlucken. © IMAGO / Bihlmayerfotografie, IMAGO / teamwork

Pharma-Industrie und die USA: Fast ein Viertel der Exporte gehen in die Vereinigten Staaten

Das mögliche Wegbrechen der USA als Absatzmarkt trifft dabei auch laut DZ-Bank-Analyst Claus Niegsch neben großen Sektoren wie Automotive und Maschinenbau insbesondere die Pharma-Industrie. Wie vielen kleinen Industrien werde der Branche ihre hohe Auslandsumsatzquote mit einem hohen Anteil an US-Exporten zum Verhängnis.

Die Pharma-Industrie mache zwar weniger als fünf Prozent an der deutschen Wirtschaft aus, allerdings würden 24 Prozent ihrer Exporte an die USA gehen. Damit ist sie besonders stark abhängig vom US-Markt.

Investieren Pharmakonzerne mehr in den USA? Experte verweist auf Faktor Zeit

In einem Interview mit der Wirtschaftswoche schätzt Claus Michelsen, Chefvolkswirt beim Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), dass die Zölle angesichts bisheriger Aussagen 25 Prozent betragen könnten. Er ergänzt: „Die Stimmung unter unseren Mitgliedsfirmen im Verband Forschender Arzneimittelhersteller ist angespannt. Dass auf Medikamente Zölle erhoben werden, hat es bisher nicht gegeben.“

Womöglich lasse sich Trump erweichen, wenn Pharmakonzerne verstärkt in den USA investieren würden, was einige wie Roche bereits planen. Allerdings sei zu bedenken: „Es ist auf die Schnelle nicht machbar, große Teile der Produktion in den USA anzusiedeln.“

Grundsätzlich sind die deutschen Wirtschaftszweige laut Analyst Niegsch unterdurchschnittlich stark von Ausfuhrbeschränkungen betroffen. Er betont jedoch, keine Branche könne sich der aktuellen Entwicklung gänzlich entziehen. (mg)

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