Zeitpunkt von Iran-Angriff auf Israel weiter fraglich – Regierungsinsider nennt jetzt neue Details

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Während ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas ausgehandelt wird, bleibt die Bedrohung Irans und der Hisbollah weiter bestehen. Der Vergeltungsschlag könnte erstmal verschoben sein.

Teheran – Nach der Tötung des Hamas-Chefs Ismail Hanija und Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr hatte der Iran mit einer harten „Bestrafung“ gedroht. Auch die Hisbollah kündigte Vergeltung an. Bis jetzt wurden die Drohungen nicht wahr gemacht. Nach Äußerungen von General Ali Mohammad Naeini, dem Sprecher des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC), könnte ein regionaler Konflikt möglicherweise lange auf sich warten lassen und verschiedene Formen annehmen.

„Die Zeit ist auf unserer Seite, und es ist möglich, dass die Wartezeit auf die Antwort lange dauern könnte“, sagte General Naeini laut Videoaufnahmen staatlicher Medien auf einer Pressekonferenz in Teheran. „Es ist möglich, dass die Reaktion Irans keine Wiederholung früherer Operationen sein wird. Die Qualität der Reaktion, der Szenarien und der Tools ist nicht immer gleich.“

Irans innenpolitische Probleme: „sorgfältige und kluge Entscheidung“

Die Angst vor einem Vergeltungsschlag und einem folgenden Flächenbrand im Nahen Osten bleibt weiter bestehen. Dabei kann es sein, dass der Iran einen Angriff auf Israel tatsächlich aufschiebt. Hochrangige Kommandeure des Gardekorps und der Armee treffen sich, laut General Naeini, mit hochrangigen iranischen Führern, um „alle Aspekte der Situation“ abzuwägen und „eine sorgfältige und kluge Entscheidung“ zu treffen.

Auch innenpolitische Interessen und nationale Probleme scheinen gerade in die Entscheidungsfindung mit einzufließen. Die kritische Infrastruktur Irans könnte bei einem Gegenschlag Israels zu fatalen wirtschaftliche Folgen führen. Aufgrund von Protestwellen iranischer Bürger gegen das Herrschaftssystem steckt die Regierung im eigenen Land in einer Legitimitätskrise.

Irans außenpolitische Lage: Konfrontationskurs oder engere Beziehungen?

Nicht nur innenpolitische Aspekte, sondern auch außenpolitische Faktoren müssen in die Abwägung eines Racheakts einfließen. Die USA hatten im Rahmen der iranischen Drohungen ihre Militärpräsenz in der Region erhöht und warnten Teheran vor schwerwiegenden Folgen, sollte es zu einem Angriff Irans kommen. Die neue Regierung unter Präsidenten Massud Peseschkian muss abwägen, ob ein Konfrontationskurs nicht nur mit dem Westen, sondern auch mit den arabischen Ländern in der Region zielführend wäre. Vor allem, wenn der Iran, wie angekündigt, versucht, engere Beziehungen zu pflegen.

Sanam Vakil, Nahost-Direktorin von Chatham House, sagte gegenüber der New York Times: „Es ist eine sehr sensible Zeit für den neuen Präsidenten.“ Schon im Wahlkampf verkündete Peseschkian, seine Agenda bestehe darin, die Spannungen zu entschärfen und mit dem Westen in Kontakt zu treten.

Sein Debüt auf der Weltbühne wird Peseschkian beim jährliche Treffen der UN-Generalversammlung Mitte September in New York geben. Dort kann er eine Botschaft des Wandels und der Mäßigung überbringt, nicht eine Botschaft von Krieg und Chaos. Vor allem die Verhandlungen um einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas könnten abgewartet werden, bevor ein Racheakt angestrebt wird.

Der Iran drohte Israel mit Vergeltung für den Tod des Hamas-Anführers Hanija. (Archivbild) © Vahid Salemi/AP/dpa

Neben dem Iran die Hisbollah im Libanon: Hinauszögern „Teil der Strafe und Teil des Kampfes“

Ein Angriff gegen Israel wurde möglicherweise auf Eis gelegt, bewertet die New York Times Naeinis Aussagen und die aktuelle Lage. Jedoch hatte auch die Hisbollah angekündigt, dass ihre „Vergeltung“ kommen wird. In einer Videobotschaft von Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah, eine Woche nach dem tödlichen Anschlag auf seinen Kommandeur Schukr in Beirut, Libanon, bezeichnete er das Hinauszögern der Rache als „Teil der Strafe und Teil des Kampfes“.

Bei einem israelischen Luftangriff im Südlibanon gab es nach libanesischen Behördenangaben mindestens zehn Tote, darunter eine Frau und zwei Kinder. Als Reaktion feuerte die Hisbollah nach eigenen Angaben 55 Raketen auf das Nachbarland ab. Auch wenn der Iran den Vergeltungsschlag aufschiebt, bleibt das Problem Hisbollah bestehen. Ein Flächenbrand könnte im Libanon seinen Lauf nehmen.

Diplomaten, Staats- und Regierungschefs warnen seit Wochen ausdrücklich, dass die eingedämmten Angriffe außer Kontrolle geraten könnten und die Region in einen größeren Krieg verwickeln könnten. Auch das Auswärtige Amt rät schon länger allen Deutschen, den Libanon auf zivilen Flügen zu verlassen. Nur die wenigsten haben die Reisewarnung bisher befolgt. Das Auswärtige Amt meldet aktuell 2900 deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die auf der Krisenvorsorgeliste der Botschaft eintragen sind.

Blinken hoffnungsvoll über Waffenruhe im Gazastreifen

Währenddessen gehen die Gespräche für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas in die nächste Runde. US-Außenminister Anthony Blinken zeigte sich hoffnungsvoll. Es sei möglicherweise „die beste, vielleicht die letzte Gelegenheit“, für eine Waffenruhe und Rückkehr der Geiseln, sagte Blinken bei einem Besuch in Tel Aviv.

Der Deal zwischen Israel und der Hamas wird sich auf die Lage im Nahen Osten auswirken. Laut US-Beamter könnte eine Ablehnung des Deals in einer direkten Konfrontation zwischen Israel und Teheran sowie einer gesteigerten Gewalt zwischen Israel und Hisbollah münden. (lw)

Auch interessant

Kommentare