Im Interview erzählen Vicky Weichsler (50) und Florian Grassl (49) von ihrer Reise. Sie segelten um die Welt und lernten dabei etwas über sich selbst.
Eurasburg – Vier Jahre waren sie unterwegs: Von August 2020 bis April 2024 haben Vicky Weichsler (50) und Florian Grassl (49) aus Eurasburg die Welt in einem 13 Meter langen Boot umsegelt, eine Hochsee-taugliche „Sunbeam 41.1“, Baujahr 2012. Gestartet ist das Ehepaar in San Giorgio di Nigaro, in der Nähe der italienischen Hafenstadt Triest, wo es zum guten Schluss auch wieder anlegte.
Aktuelle Nachrichten aus Eurasburg lesen Sie hier.
Vier Jahre mit dem Boot um die Welt: Oberbayerisches Ehepaar trotzte Sturm und Sechs-Meter-Wellen
Von Australien nach Italien: An diesem Samstag, 12. April, berichten Weichsler und Grassl ab 19 Uhr im Bürgerhaus in Achmühle vor allem vom zweiten Teil ihrer Expedition. Der Eintritt ist frei. Unser Mitarbeiter Volker Camehn sprach vorher mit den zwei Weltumseglern.
Frau Weichsler, Herr Grassl, wie kamen Sie auf die Idee, eine Segelreise um die Welt anzutreten?
Grassl: Im Urlaub sind wir über viele Jahre immer wieder gesegelt, als Charter mit Freunden oder auch einfach bloß zu zweit. Als wir dann irgendwann über eine Auszeit von unseren Jobs nachdachten, war uns schnell klar: Wenn wir das machen, dann nur auf dem Wasser! Von der Idee bis zur Abreise waren es dann noch gut zwei Jahre. Die Planung muss alle Bereiche umfassen, insbesondere die Vorbereitung mit Trainings und Schulungen, das richtige Schiff finden... Die Ausrüstung muss stimmen, die Festlegung der Route. Das dauert alles.
Wie haben Sie die Tour finanziert, wie viel Geld haben Sie dafür investiert?
Weichsler: Wir haben auf Erspartes zurückgegriffen. Für das tägliche Leben braucht man im Durchschnitt unterwegs ähnlich viel wie daheim. In manchen Ländern ist es günstiger, in anderen teurer. Die wesentlichen zusätzlichen Kosten entstehen durch das Boot im Ankauf, Ausrüstung sowie Wartung und Reparatur. Es gibt Leute, die umsegeln die Welt mit einem Boot für 50.000 Euro, andere investieren dafür ein paar Millionen. Unseres lag im unteren Bereich dieser Spanne. Für Wartung und Reparatur kann man grob zehn Prozent des Anschaffungswertes pro Jahr rechnen.
Aktuelle Nachrichten aus der Region Wolfratshausen/Geretsried lesen Sie hier.
Die Segelreise nutzte das Ehepaar als Auszeit
Können Sie die Kosten mit Vorträgen wieder reinholen?
Grassl: Vorträge machen wir rein aus Spaß an der Freude, wir hatten keinerlei kommerzielles Interesse mit der Reise verbunden. Ganz bewusst: Es wären daraus wieder Verpflichtungen entstanden – und davon wollten wir uns ja erst mal in unserer Auszeit freimachen.
Meine News
Haben Sie zwischendurch ans Aufgeben gedacht?
Weichsler: Nicht ernsthaft. Natürlich kommt es immer wieder zu herausfordernden Situationen. Aber Aufgeben war nie ein Thema. Wir hatten aber auch anfänglich gar nicht die Absicht, den Globus zu umrunden. Wir haben für uns jeweils immer nur für eine Saison geplant und dann stets neu entschieden, ob wir weitersegeln.
Wegen Corona erlebten sie viele Orte, an denen fast keine Touristen unterwegs waren
Womit haben Sie auf der Reise nicht gerechnet, was haben Sie sich vielleicht anders vorgestellt?
Weichsler: In erster Linie haben wir nicht damit gerechnet, trotz Corona so unkompliziert reisen zu können. Es war zwar nicht ohne Herausforderung, für jedes Land die damals aktuellen Einreisebestimmungen per Schiff herauszufinden und das jeweilige Behördenlabyrinth zu durchlaufen. Aber letztendlich hatten wir dadurch viele Erlebnisse, die zu Nicht-Pandemie-Zeiten gar nicht möglich wären, weil zum Beispiel damals fast keine Touristen unterwegs waren.
Gab es auch gefährliche Situationen?
Grassl: Nein, und dafür sind wir dankbar. Natürlich begibt man sich mit einem derart kleinen Schiff auf offenem Meer immer ins Risiko, und es hilft zu wissen, was man da machen muss. Klar, wir erlebten auch Wind in Sturmstärke und Wellen bis sechs Meter Höhe, aber richtig gefährlich wurde es nie.
Was war Ihr schönstes Erlebnis?
Weichsler: Es gab nicht das schönste Erlebnis, es gab ja viele. Aber toll war das Gefühl zu reisen und nicht nur Tourist zu sein. Also die Zeit zu haben, sich auf Land und Leute einzulassen, ohne fixen Terminplan, und damit ganz bewusst im Hier und Jetzt an einem Ort zu sein. Das bietet ein zweiwöchiger Urlaub ja nicht.
Uns gibt's auch auf Instagram! Unter „MerkurWolfratshausenGeretsried“ finden Sie immer die spannendsten Geschichten aus unserer Region.
Was haben Sie auf dieser Reise über sich gelernt?
Grassl: (lacht) Vermutlich hat der Isar-Loisachbote/Geretsrieder Merkur nicht genug Platz für eine umfassende Antwort. Eine Sache: Wir schauen nun ruhiger und geduldiger aufs Leben, nehmen nicht alles ganz so ernst und haben ein besseres inneres Gleichgewicht gefunden. Auch wenn wir nun wieder ganz normal in unseren Jobs arbeiten.