„Froschfuß“ Su-25 am Boden: Ukraine dezimiert Russlands Luftwaffe erneut

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„Froschfuß“ Su-25 am Boden: Ukraine dezimiert Russlands Luftwaffe erneut

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Russland büßt ein weiteres „Arbeitstier“ ein: die Su-25. Das Kampfflugzeug spielt eine Hauptrolle im Ukraine-Krieg – auf beiden Seiten.

Chortyzja – „Ein weiteres feindliches Kampfflugzeug vom Typ Su-25 verbrennt in den Steppen des ukrainischen Donbass“, triumphiert die Meldung. Die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform hat berichtet, dass ihre Luftabwehr offenbar einen weiteren Treffer gegen Wladimir Putins fliegende Armada gelandet hatte.

Ein Suchoi Su-25-Erdkampfflugzeug soll durch das Geschoss einer Flugabwehrkanone getroffen und vernichtet worden sein. In dem als Beweis angeführten Video aus der Nähe der Insel Chortyzja nahe Saporischschja jedenfalls ertönt ein massiver Schuss, der von Qualm wie aus einer Mündung begleitet wird. Demnach könnte Russland der Ukraine-Krieg tatsächlich noch ein weiteres Kampfflugzeug gekostet haben.

Bisher sollen rund 100 russische Kampfflugzeuge außer Gefecht sein, wie verschiedene Medien übereinstimmend schätzen. Ein Debakel für Putins Invasionsarmee: „Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Suchoi Su-25 ist der Inbegriff eines Schlachtflugzeugs“, schreibt die Zeitschrift Flugrevue. Der zufolge mische das Erdkampfflugzeug auf beiden Seiten mit. Möglicherweise bildet die Su-25 sogar das Rückgrat der bodengestützten „Spezialoperation“, wie die russische Nachrichtenagentur Tass im Mai vergangenen Jahres nahe gelegt hat. Russlands Rüstungsschmiede Rostec habe danach Planungen aufgenommen, durch Weiterentwicklung der Flugzeugbewaffnung seinen Kampfwert zu steigern – obwohl das Basismodell bereits mehr als 40 Jahre alt ist.

Oldtimer „reloaded“: Belarus plant, Putins „Arbeitstier“ neu aufzulegen

„Es ist erwähnenswert, dass die Wirksamkeit der neuesten Modifikation der Su-25SM3 erheblich gesteigert wurde; das Flugzeug kann auch hochpräzise Waffen verwenden. Wir werden diese Maschine unter Berücksichtigung der Erfahrungen im Nordwesten weiter verbessern“, sagte Wladimir Artjakow gegenüber der Tass. Der Flieger sei für die Unterstützung von Bodeneinheiten sowie die Zerstörung von Objekten mit vorgegebenen Koordinaten rund um die Uhr und bei jedem Wetter konzipiert, betonte der stellvertretende Generaldirektor von Rostec und bezog sich – damals ein Jahr nach dem Überfall – auf die Erfahrungen aus den Gefechten in der Ukraine.

„Die Silhouette des ,fliegenden Panzers‘ wird – auch in Ermangelung geeigneter Alternativen – nicht so bald vom Himmel verschwinden.“

Die Standardbewaffnung des Angriffsflugzeugs besteht neben massiven Bordgeschützen und ungelenkten Raketen, inzwischen vor allem aus Gleitbomben, die der Ukraine gerade ungemein zu schaffen machen – auch in der russischen Offensive gegen Charkiw. Die SU-25 soll KAB-500 und KAB-1500-Gleitbomben tragen können. Insofern ist die aktuelle Entwicklung auf dem ukrainischen Schlachtfeld auch für die Nato besorgniserregend. Russland plant demnach nämlich nicht nur die Modernisierung der 1981 in Dienst gestellten Modelle – bereits nach Ablauf des ersten Kriegsjahres hatten Planungen für den Neubau dieses Typs begonnen.

Blick aus der Kanzel: Eine russische Su-25 schießt Raketen auf das russische Territorium ab.
Ausgeschaltet: Blick aus der Kanzel einer russischen Su-25 während eines Angriffs gegen die Ukraine im Februar 2022. Jetzt hat sich die Ukraine durch einen Abschuss einer weiteren Maschine den Terror aus der Luft etwas eingedämmt. © IMAGO/Russian Defence Ministry

Als dienstbeflissener Partner hatte sich der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko gezeigt: „Wie mir die Regierung mitteilte, ist man bereit, die Su-25 zu produzieren, die sich in der Ukraine bewährt hat, ein Kampfflugzeug, ein Arbeitstier. Wir sind sogar bereit, sie in Weißrussland zu produzieren, wenn die Russische Föderation ein wenig technologische Unterstützung leistet“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Belta. Bemerkenswert daran: Belarus hat noch nie Flugzeuge gebaut.

„Froschfuß“ auf beiden Seiten: Auch die Ukraine hat den Flieger eingesetzt – gegen Luhansk

„Frogfoot“ („Froschfuß“) heißt der Flieger im Nato-Jargon, und der Stern hatte ihn kurz nach Kriegsbeginn schon in den Himmel gehoben als „veraltet, aber fast unzerstörbar“. Diese Lobhudel aber scheint fehl am Platze: Je nach Quelle soll Russland bereits bis zu 31 ihrer „Arbeitstiere“ verloren haben, die Ukraine geschätzte 19, wobei neben vermeintlichen Abschüssen auch technische Defekte eine Rolle gespielt haben mögen. Beispielsweise hatte Nordmazedonien der Ukraine vier fluguntaugliche Su-25 überlassen – möglicherweise lediglich zum Ausschlachten. Laut der Statistik-Website Oryx hatte die Ukraine auch 14 Su-25 aus Bulgarien übernommen; die waren von anderen Nato-Partnern für die Ukraine gekauft worden

Innerhalb der ersten Auseinandersetzungen um die Annexion der Krim soll die Ukraine die Su-25 auch gegen die von den pro-russischen Separatisten gehaltene Stadt Luhansk in der Ostukraine eingesetzt haben – mit acht getöteten Zivilisten durch Beschuss ungelenkter Raketen und großkalibriger Munition: „Das Blutbad kam plötzlich und unerwartet. Es geschah mitten in der Stadt, in einem Gebäude neben einem grünen Platz, auf dem Zivilisten spazieren gingen und arbeiteten. Acht Menschen wurden getötet, fünf Frauen und drei Männer, so die selbsternannte Volksrepublik Luhansk; die Behörden in Kiew meldeten die gleiche Zahl“, wie CNN berichtet hatte. Die Hauptrolle sollen dabei die „Froschfüße“ gespielt haben.

Präludium der Eskalation: Russland schießt ukrainische Su-25 vor zehn Jahren ab

Sie gestalteten offenbar das Präludium dessen, was zehn Jahre später eskalieren sollte: „Es handelt sich vermutlich um das erste Mal, dass bei einem Angriff der ukrainischen Luftwaffe Zivilisten getötet oder verletzt wurden, seit prorussische Gruppen vor mehr als zwei Monaten damit begannen, Gebäude in den Regionen Luhansk und Donezk zu besetzen“, berichtete CNN weiter. Die Größe und das Muster der Einschüsse wollte der amerikanische Nachrichtensender durch einen Ballistiker identifiziert wissen als 30-Millimeter-Munition, „die zur Standardausrüstung des Erdkampfflugzeugs Su-25 und der Su-27 gehört – beides Kampfflugzeuge der Ukraine“, wie CNN ausführte.

Eine Su-25 war auch das erste schnell fliegende Kampfflugzeug, das die ukrainische Luftwaffe durch russischen Beschuss verloren hatte – auf den 16. Juli 2014 datiert der Vorfall, wie das Blog Airheadsfly dokumentiert. Airheadsfly listet für 2014 noch fünf weitere Abschüsse allein von ukrainischen Su-25 auf. Das Blog ging für 2014 von einem ukrainischen Gesamtbestand von bis zu 36 Maschinen dieses Typs aus. Laut der Datenbank FlightGlobal verfügt Russland im Jahr 2024 über 176 Su-25. Andere Quellen sprechen von bis zu 200 Maschinen unterschiedlicher Modifikationen.

Putins plumpe Technik: Navigation per Karte, Sicht und Klebefolie

2017 berichtete der Defense And Security Monitor über russische Ankündigungen, die Produktion des Typs komplett einzustellen. Im Dienst war der Flieger seit 1981 mit einer Stückzahl von rund 1.000 – der Erstflug hatte bereits Mitte der 1970er-Jahre stattgefunden. Die Maschinen setzen scheinbar die Tradition der simplen, aber nahezu unverwüstlichen russischen Militärtechnik fort, wie Stern-Autor Gernot Kramper berichtet: „Die russischen Jets erreichten Berühmtheit, als bekannt wurde, dass die Piloten ihre Einsätze ohne Navigationssystem bewältigen müssen und sie ihre Ziele nach Karten und Sicht anfliegen müssen. Erst durch Crowdfunding in der Heimat konnten sie zivile Outdoor-Navigationssysteme bekommen. Die dann mit Klebefolie im Cockpit befestigt wurden.“

Weitgehend antiquiert ist auch die kanonenbasierte Flugabwehr der Ukraine; die Geschütze stammen vornehmlich noch aus den Beständen der Sowjet-Armee. Daneben feuert die Ukraine noch aus deutschen und britischen Rohren. Die Ukraine nutzt beispielsweise die gezogene 23-mm-Flugabwehrkanone SU-23 und die 57-mm-Flugabwehrkanone S-60 – beide Systeme stammen aus russischer Produktion. Aus Deutschland stammen die stationäre KDG-Revolverkanone sowie das hauptsächlich vom Lkw aus operierende Skynex-System; beides kommt von Rheinmetall. Das Vereinigte Königreich hatte zuletzt das stationäre System Terrahawk Paladin geliefert.

Das Telegram-Video vom vermeintlichen Abschuss zeigt einen Überhang von Zweigen, auf dem der vorbeirauschende Flieger zu sehen ist, wie er eine weite Landschaft quert – insofern sollte die Flugabwehrkanone ein unter einem Baum verstecktes, gezogenes Modell gewesen sein; hieße also: Wladimir Putin ist womöglich mit seinen eigenen Waffen geschlagen worden. Flugrevue-Redakteur Patrick Zwerger hatte dem Typ eine himmlische Zukunft in der russischen Armee vorhergesagt: „Die Silhouette des ,fliegenden Panzers‘ wird – auch in Ermangelung geeigneter Alternativen – nicht so bald vom Himmel verschwinden.“

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