„Probleme made in Germany“ – Wirtschaftsministerin Reiche kritisiert Vorgänger Habeck

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Unter Katherina Reiche weht ein anderer Wind im Wirtschaftsministerium. Bei einer Rede vor CDU-Freunden kündigt sie eine deutliche Kehrtwende an.

Berlin – Einer ihrer ersten großen Auftritte als Wirtschaftsministerin war für Katherina Reiche ein Heimspiel. Denn die CDU-Politikerin sprach am Montag vor dem Wirtschaftsrat der CDU, der in seinen zweitägigen Wirtschaftstag startete. Dabei zeigte die 51-Jährige nicht nur auf, wie sie Deutschland wirtschaftlich wieder in Schwung bringen will, sondern fand auch kritische Worte für ihren Vorgänger Robert Habeck.

Über die Rede berichten unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), das Handelsblatt und die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Reiche stellte demnach mit Blick auf die Ampel-Koalition im Allgemeinen und den ehemaligen Grünen-Chef im Besonderen fest: „Tatsächlich sind viele Herausforderungen hausgemacht.“ Die deutsche Wirtschaft sei keineswegs nur „Opfer von äußeren Umständen“.

Neue Wirtschaftsministerin Reiche über Habeck-Politik: „Probleme sind made in Germany“

Auch wenn ihr durchaus bewusst ist, dass der Ukraine-Krieg seinen Teil zur seit Jahren anhaltenden Flaute beigetragen hat, gehe es erst einmal darum, vor der eigenen Haustür zu kehren. „Wenn die Probleme made in Germany sind, dann ist auch die Lösung made in Germany“, gab Reiche ihren Plan vor. Mit Blick auf Energiepreise, Bürokratie, Steuerbelastung oder Digitalisierung findet sie: „Wir bleiben hinter unseren Möglichkeiten zurück.“

Nicht ganz einverstanden mit der Politik ihres Vorgängers: Katherina Reiche plant eine Kehrtwende zur Wirtschaftspolitik von Robert Habeck. © IMAGO / Mike Schmidt, IMAGO / Sven Simon

Daher kündigte die ehemalige Managerin eine „pragmatische Energiepolitik“ an. Nötig sei eine „Neuausrichtung der Energiewende“. Hier schwebt Reiche quasi ein Schritt zurück vor: „Wir müssen anerkennen, dass der Strom allein aus erneuerbaren Quellen keine günstige Stromversorgung, schon gar nicht für energieintensive Unternehmen erreicht. Wir brauchen neue Gaswerke.“

Diese Forderung hatte die Brandenburgerin bereits wenige Tage zuvor geäußert. Der Koalitionsvertrag der Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz beinhaltet Planungen zum „Bau von bis zu 20 GW (Gigawatt) an Gaskraftwerksleistung bis 2030“. Die Ausschreibungen sollten nach Reiches Willen so schnell wie möglich starten.

Reiche tritt beim Klimaschutz auf die Bremse und will Technologieoffenheit – Abkehr von „Lex Wärmepumpe“

Für Reiche, die Habeck bei dessen Verabschiedung noch überschwänglich gelobt hatte, wurde der Klimaschutz zuletzt „überbetont“.  In diesem Zusammenhang kritisierte sie die „Lex Wärmepumpe“ – also die unter dem Begriff Heizungsgesetz bekanntgewordene Reform des Gebäudeenergiegesetzes in Habecks Amtszeit.

In Zukunft soll das Zauberwort Technologieoffenheit lauten. „Wir können unmöglich 2025 schon über alle technischen Lösungen verfügen, um 2045 beziehungsweise 2050 klimaneutral zu sein“, tritt Reiche auf die Bremse. Ihr Credo lautet: Leitplanken setzen, aber ansonsten „den Unternehmen vertrauen“. Es gehe um „kluge Ordnungspolitik“.

Die Sätze deuten auf eine Kehrtwende, aber auch auf einen Neuanfang im Wirtschaftsministerium hin. Dazu passt auch, dass die Christdemokratin in ihrem Haus bereits diverse Staatssekretäre und Abteilungsleiter austauschte, darunter die von Habeck ernannten Anja Hajduk, Philipp Nimmermann und Udo Philipp.

Habeck-Nachfolgerin Reiche: EU soll Freihandelsabkommen mit USA schnell beschließen

Dafür gebührte ihr ein Lob von CDU-Fraktionschef Jens Spahn, der ebenfalls beim Wirtschaftstag davon sprach, „die rot-grünen Apologeten“ seien an Tag eins der neuen Regierung vor die Tür gesetzt worden. Der einstige Gesundheitsminister war auf der Veranstaltung ebenso gern gesehen wie Reiche, die sich bei allem Eifer auch noch den derzeit drängendsten unternehmerischen Sorgen annehmen will: den von US-Präsident Donald Trump geplanten oder schon verhängten Zöllen, die den Welthandel erschweren.

Katherina Reiche wird um Selfie gebeten
Einmal recht freundlich, bitte: Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (M.) wird um ein gemeinsames Foto gebeten. © IMAGO / Mike Schmidt

Daher will sie in Brüssel dafür werben, dass die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA schnell zu einem für beide Seiten guten Ende finden. Ziel müsse es sein, den „aufkommenden Handelsstreit mit den USA beizulegen“.

Die laut Handelsblatt wichtigste Frau im Merz-Kabinett hat ihr Hausaufgabenheft also bereits gut gefüllt. Bevor sie wieder an die Arbeit ging, gab es den erwarteten Applaus der Anwesenden im JW Mariott Hotel Berlin. Das Heimspiel meisterte Reiche also mit Bravour. Die deutlich größeren Herausforderungen stehen aber noch aus. (mg)

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