Erster Unverpackt-Laden in Bad Tölz schließt: Ois aus im „Ois ohne“

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Die Tage des „Ois ohne“ sind wohl gezählt. Das Archiv-Foto aus dem jahr 2022 zeigt (v. li.) Vorstandsmitglied Andreas Munkert, Monika Schlegel vom Ladenteam und Aufsichtsrat Stephan Wild. © arp

Das Geschäft sollte einen Beitrag zur Müllvermeidung und zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Unterm Strich aber machte das „Ois ohne“ in Bad Tölz nie genug Umsatz.

Bad Tölz – Alle Rettungsversuche erwiesen sich als nicht nachhaltig genug: Nach sechs Jahren steht der Tölzer Unverpackt-Laden an der Hindenburgstraße vor dem Aus. Die Genossenschaft, die den Laden trägt, beschloss in ihrer jüngsten Generalversammlung ihre Auflösung sowie die Schließung des Geschäfts zum 30. Juni.

Bad Tölz gibt den Umsatz, den wir zum Überleben brauchen, einfach nicht her.

„Wir haben es Jahre lang probiert, aber wir kommen nicht mehr um die Erkenntnis herum, dass Bad Tölz den Umsatz, den wir zum Überleben brauchen, einfach nicht hergibt“, erklärt Vorstand Andreas Munkert im Gespräch mit unserer Zeitung. „Vielleicht ist die Stadt nicht für einen Unverpackt-Laden bereit“, konstatiert er. Und aktuell sei das Thema Plastikvermeidung gesellschaftlich sogar immer weniger präsent.

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Letztlich aber sei über die Jahre nie der nötige Umsatz für einen gesicherten Fortbestand erzielt worden. Nur durch bestimmte Sondereffekte habe man es immer wieder geschafft, tragbare Ergebnisse zu erzielen: Mal gab‘s das Preisgeld aus dem Umweltpreis des Landkreises, dann wieder einen Inventarverkauf oder besondere Werbepartnerschaften. Erstmals einen Gewinn erzielte das „Ois ohne“ 2023 dadurch, dass der Geschäftsführer-Posten mehrere Monate vakant war und kein Gehalt fällig wurde.

Dem Unverpackt-Laden drohte die Insolvenz

Als das „Ois ohne“ vor einigen Jahren schon einmal auf der Kippe stand, brachte ein Abo-Modell noch einmal einen gewissen Aufschwung: Kunden bezahlten einen bestimmten monatlichen Betrag, für den sie dann einkaufen konnten, was dem Laden gesicherte, kalkulierbare Umsätze brachte. „Damit waren wir Vorreiter für andere, haben deutschlandweit fünf Unverpackt-Läden beraten“, berichtet Munkert. Nur: Nach dem ersten großen Schub entpuppte sich das Modell laut Munkert als keine langfristige Lösung. „Die Abozahlen sind zuletzt monatlich um zwei bis drei zurückgegangen.“

Angesichts der Bilanz des Jahres 2024 mit einem monatlichen Minus von rund 2000 Euro sei es dann nicht mehr wegzudiskutieren gewesen: „Entweder wir wickeln das Geschäft geordnet ab oder wir werden abgewickelt“, sagt Munkert – sprich: Andernfalls habe die Insolvenz gedroht. „Uns sind die Einkaufspreise davongelaufen“, erklärt der Vorstand. Als kleiner Laden habe man gegenüber den Lieferanten auch keine Marktmacht, um sie herunterzuhandeln.

Abverkauf im „Ois ohne“ bis Ende Juni

Bis zum 30. Juni bleibt der Laden an der Hindenburgstraße geöffnet – für den Abverkauf der Warenbestände. Alle Produkte gibt es zwar nicht mehr zu kaufen, aber von vielen Lebensmitteln und Nonfood-Artikeln wie Kosmetik sei noch genug da, versichert Munkert. Große Rabatte könne sich das „Ois ohne“ dabei nicht leisten. Denn das Ziel sei, aus dem Erlös des Abverkaufs die Außenstände begleichen zu können und den Laden somit schuldenfrei zu schließen.

Für die rund 200 Genossen, die Anteile halten, werde vermutlich kaum etwas übrig bleiben. Sie müssen das Geld, das sie in den Laden gesteckt haben, wohl abschreiben. „Darüber ist aber keiner böse, denn unsere Genossen haben nie eine Rendite erwartet, sondern sie wollten vor allem das Konzept unterstützen“, sagt Munkert.

Chancen für Weiterbestand des Unverpackt-Ladens?

Trotzdem sei es ihm nicht leichtgefallen, in der Generalversammlung vor die 31 anwesenden Genossen zu treten – „so viele waren noch nie in einer Versammlung“ – und die traurige Realität zu verkünden. Am Ende sei er aber positiv überrascht gewesen. Das Vorstandsteam und der Aufsichtsrat seien für ihr ehrenamtliches Engagement gelobt worden, der Auflösungsbeschluss sei einstimmig gefallen.

Eine kleine Chance für den Weiterbestand des Unverpackt-Ladens sieht Munkert trotz allem immer noch – nur nicht in der bestehenden Rechtsform. „Vielleicht kommt ja doch noch der goldene Ritter“, sagt er. Zwei theoretische Möglichkeiten sieht er für die Zukunft des „Ois ohne“: entweder in Form einer gemeinnützigen GmbH ohne Gewinnerzielungsabsicht, in der zum Beispiel behinderte Menschen oder etwa Jugendliche ohne Schulabschluss unter Anleitung im Laden mitarbeiten; oder mit einem selbstständigen Inhaber, der ohne Personalkosten für Angestellte seine eigene Arbeitszeit investiert. Gespräche gebe es – Ausgang ungewiss. (ast)

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