Regierungskrise in Österreich: ÖVP und SPÖ starten neuen Anlauf
Seit der Österreich-Wahl im Herbst scheitern die Parteien in Wien mit der Regierungsbildung. Jetzt haben ÖVP und SPÖ die Gespräche wiederaufgenommen.
Wien – Mit nur einer Stimme Parlamentsmehrheit wäre eine Koalition aus ÖVP und SPÖ in Wien eine unsichere Angelegenheit, und dennoch gilt sie vielen in der Wiener Parteienlandschaft gerade als beste Chance auf eine Lösung. Die monatelange Phase ohne Regierung hat bereits ihre Spuen in Österreich hinterlassen. Der Alpenrepublik droht neben einer Verschlimmerung der Wirtschaftskrise auch ein EU-Defizitverfahren.
Ein erstes Zeichen, dass über 130 Tage nach der Nationalratswahl ein Regierungsbündnis absehbar sein könnte: Grüne wie Neos haben bereits signalisiert, ein Zweierbündnis aus Konservativen und Sozialdemokraten bei bestimmten Themen im Parlament zu unterstützen. Vonseiten der ÖVP, die knapp hinter der FPÖ zweitstärkste Kraft und zuletzt als möglicher Koalitionspartner von den Rechtspopulisten fallen gelassen wurde, wurde ohne große Details bestätigt, dass erneut Gespräche mit der SPÖ aufgenommen worden sind.

Regierungsbildung in Österreich: Warum die Verhandlungen bisher gescheitert sind
Dem vorausgegangen ist seit den Nationalratswahlen am 29. September und der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 24. Oktober vor allem ein reges Hin und Her. Gescheiterte Koalitionsverhandlungen zwischen einem Dreierbündnis aus ÖVP, SPÖ und NEOS, dem zunächst die liberalen NEOS, dann auch die beiden verbleibenden Koalitionspartner eine Absage erteilt hatten. Nachdem sich die ÖVP dann trotz voriger Bekenntnisse dann Bereitschaft gezeigt hatte, in einer Regierung unter FPÖ-Chef Herbert Kickl mitzuarbeiten und in der Folge der bisherige Bundeskanzler Karl Nehammer von Amt und Parteivorsitz zurücktrat, kam es dann zu Sondierungsgesprächen zwischen der Rechtsaußenpartei FPÖ und den Konservativen, die vergangene Woche nun ebenfalls platzten.
Nun herrscht in Österreichs Politik vor allem Eile und der Versuch, trotz aller Differenzen schnell zu einer Lösung zu finden, bevor die Probleme des Landes noch weiter verschlimmert werden. Die Tageszeitung Standard zitiert aus Parteikreisen, dass niemand Interesse an einem „dritten Verhandlungsmarathon“ hätte, sondern stattdessen eine schnelle Lösung gefunden werden solle. Wie die Nachrichtenagentur AFP auf Basis von Medienspekulationen zusammenfasst, könnte bereits Mitte nächster Woche eine Lösung für die Hängepartie im österreichischen Nationalrat ins Haus stehen, mit dem Ziel, die Regierungskrise zu beenden und ein Doppelbudget zu verabschieden.
Streit um Koalition in Österreich: ÖVP und SPÖ wollen wohl schnelle Einigung erzielen
Zu den wichtigsten Streitpunkten bei den letzten Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ zählten laut Standard etwa die Finanzierungsfrage zur Sanierung des Bundesbudgets, wofür ÖVP und FPÖ sich während ihrer Koalitionsverhandlungen bereits auf eine Art Sparplan geeinigt hatten. Die SPÖ fordert zudem seit langem eine Anhebung der Vermögenssteuer, der die ÖVP zumindest bislang widersprochen hatte.
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Für die Meinungsverschiedenheiten Kompromisse zu finden, ist dennoch eine Aufgabe, der man sich bei den beiden österreichischen Großparteien nun stellen will, allein um Neuwahlen und noch größeres Chaos inmitten einer handfesten Krise des Landes zu umgehen. Laut Umfragen sollte das allein der ÖVP ein Anliegen sein, die Medienberichten über die vergangenen Wochen deutlich in der Gunst der Wählenden verloren hat. (saka mit AFP/dpa)