Schrägaufzug zum Freisinger Domberg eingeweiht: Jeder kann ihn kostenlos nutzen - Video von der Premiere
Der Schrägaufzug am Freisinger Domberg hat am Freitag seine Premierenfahrt erlebt. Es ist ein Happy End nach langer Planung - und der Beginn einer neuen Ära.
Freising – Nur etwas fehlte in diesem besonderen Moment für Freising. Obwohl die Kohlstatt-Musikanten aus Günzenhausen sie mit dem alten Gassenhauer „O sole mio“ nahezu heraufbeschwörten, ließ sich die Sonne am Freitagvormittag bei der Einweihung der Dombergbahn nicht blicken. Und so schwenkte das Ensemble schnell um zu passenderen Klängen und spielte „Furniculi, furniculà“ – das bekannte volkstümliche Lied aus Neapel, das 1880 zur Einweihung der Vesuv-Seilbahn- komponiert worden war. Es war nicht die einzige historische Anspielung an dem fürwahr historischen Tag für Freising.
Bayernweit einmalig
Für Christoph Kürzeder, Bauleiter auf dem Domberg, war der Vergleich des Freisinger Schrägaufzugs mit dem legendären Vesuv nicht zu hochgegriffen, wie er vor etlichen Vertretern von Stadt und Kirche sowie neugierigen Zaungästen erklärte. „Hier wurde etwas geschaffen, das nicht nur für Freising, sondern für Bayern einmalig ist: auf einem historischen, denkmalwürdigen Berg eine Bahn zu bauen, die uns schneller nach oben bringt.“ Ein Projekt, das man sich jahrhundertelang gewünscht habe, das als unmöglich galt, und an das bis zum Jahr 2022 niemand mehr geglaubt habe. Vor knapp zwei Jahren nämlich starteten die konkreten Planungen, die ab den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts konkreter wurden, aber immer wieder an der Uneinigkeit von Kirche, Staat und Stadt scheiterten.
Das Video von der Premierenfahrt
Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher betonte, dass der Bau mit einer Planungszeit von zwei Jahren und einer Bauzeit von einem Jahr ein Kraftakt war. „Es musste schnell gehen, denn er sollte pünktlich zur Landesausstellung fertig werden, die kommende Woche startet.“
Ohne Angsträume
Der OB erinnerte an frühere Pläne, die aber wieder verworfen wurden. So sah ein Konzept vor, den Aufzug vertikal im Berg zu errichten, ein anderes, einen Liftturm zu bauen mit einem Steg, der auf den festen Boden des Dombergs führen sollte. „Jetzt haben wir eine Lösung, die massive Eingriffe in den Berg ebenso verhindert hat wie Angsträume.“ Es gebe keine engen Zugänge, die Architektur im öffentlichen Raum sorge für soziale Kontrolle und der Aufzug selbst für einen geschützten Bereich.
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Für alle gratis nutzbar: Die wichtigsten Zahlen zur Dombergbahn
Am Südhang des Dombergs führt der Schrägaufzug die 22 Meter hoch – von der Freisinger Innenstadt auf den mons doctus. Die Talstation, ein Giebelhaus in roter Farbe, befindet sich an der Bahnhofstraße und erinnert in seiner Optik an das Zollhaus, das dort einst stand. Die Bergstation ist als Portal in weißer Farbe konzipiert – das Tor nicht nur zum Diözesanmuseum, das direkt angrenzt, sondern auch zu Einrichtungen wie dem Amtsgericht und dem Dom-Gymnasium, vor allem aber zum Freisinger Dom selbst.
Die Dombergbahn ist ab kommenden Montag immer von 6 bis 23 Uhr für alle kostenfrei nutzbar. Die Fahrt dauert etwa eine Minute. 220 Besucher können pro Stunde barrierefrei auf den Domberg befördert werden. Rund 5,8 Millionen Euro hat die Kirche in das Projekt investiert. Betrieben wird der Aufzug von den Freisinger Stadtwerken. Damit trägt die Stadt auch die Kosten für den Betrieb – geschätzt 100.000 Euro pro Jahr . In den Schienen sind die Zuleitungen für die Fernwärme verbaut, mit denen der Domberg versorgt wird. Die Aufzug-Technik ist unterirdisch in der Talstation verbaut.
Eschenbachers Fazit: „Hier kommen Ingenieurskunst und eine architektonische Meisterleistung zusammen – eine echte Bereicherung für unser Stadtbild.“ Generalvikar Christoph Klingan meinte in seiner humorigen Rede, dass das Geschäftsmodell der katholischen Kirche eigentlich noch eine höhere Station im Blick habe. „Aber der Freisinger Domberg ist ja schon eine Vorstufe des Himmels.“
Visionäres Gemälde
Der Vertreter des Erzbistums München und Freising erinnerte auch an die Wurzeln des Projekts, die bis ins Jahr 1482 zurückreichen. Da hatte der Münchner Maler Jan Pollack eine Stadtansicht von Freising gemalt, die auch im Diözesanmuseum zu bewundern ist. Auf dem Gemälde befindet sich exakt dort, wo nun die Bahn realisiert wurde, ein Pfad, der auf den Domberg hinaufführt. „Man sieht: Die Trasse war schon lange vorbereitet, 500 Jahre später haben wir die Vision realisiert“, sagte der Generalvikar augenzwinkernd. Ernst war es ihm mit einer anderen Botschaft: „Mit der neuen Bahn ist ein längst überfälliger Schritt getan: Der Domberg ist nun endlich auch barrierefrei erschlossen.“
Noch schneller als die Fahrt zum Domberg lief das kirchliche Ritual. Auf Wunsch von Kürzeder habe er auf einen Wortgottesdienst an der Talstation verzichtet und sich für eine „Turbo-Segnung“ entschieden, berichtete Generalvikar Klingan. In Abwandlung des Entlassungsrufs am Ende der Messe sagte er: „Fahret hin in Frieden!“
Geistlicher Humor
Und dann fand sie statt, die Premierenfahrt, die genau das Gefühl vermittelte, das sich die Erzdiözese gewünscht hatte. „Normalerweise wollen alle immer nur, dass es möglichst schnell nach oben geht“, berichtet Stefan Huter von der ABS Transportbahnen GmbH, die den Aufzug errichtet hat. „Der Auftrag der Erzdiözese aber lautete, sanft gen Himmel zu entschweben.“

Fast hätte es also ein hundertprozentiges Happy End gegeben. Doch dann entschied sich die Bahn nach der zweiten gelungenen Fahrt, erst mal nicht mehr auf Knopfdruck zu reagieren und regungslos in der Talstation zu verharren. Die Gäste warteten oben im einsetzenden Regen auf die kurzfristig streikende Kabine.
Der Humor des Generalvikars aber blieb trocken. Maximal 14 Personen könnten mit dem Lift fahren, sagte Klingan. Das hänge allerdings auch „von der individuellen Zusammensetzung der jeweiligen Fahrgemeinschaften“ ab. Mit frechem Gruß Richtung Erzbischof Reinhard Marx meinte er: „Nächste Woche wartet der Ernstfall, wenn gewichtige Personen des öffentlichen Lebens und der Kirche die Bahn benutzen werden.“