Traditionsunternehmen insolvent: Beliebter Hersteller von Babynahrung ist pleite
Seit 1911 produziert die Töpfer GmbH Babynahrung – als erstes Unternehmen in Deutschland. Nun muss sich das Traditionsunternehmen einem Sanierungsverfahren stellen.
Kempten – Als das Statistische Bundesamt unlängst in einer Pressemitteilung (12.04.2024) vorläufige Zahlen zu Regelinsolvenzen vom März dieses Jahres offenlegte, unterstrich das einmal mehr, mit welch herben Problemen es die deutsche Wirtschaft seit geraumer Zeit zu tun hat. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland stieg demnach im März 2024 um 12,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. „Seit Juni 2023 sind damit durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten“, hieß es von Seiten des Bundesamts in der zugehörigen Pressemitteilung.
Insolvenzen steigen an: 17.800 im vergangenen Jahr
17.814 Unternehmensinsolvenzen zählte das Statistische Bundesamt im vergangenen Jahr, aber schon allein im Januar 2024 registrierte es ganze 27,6 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen als im Januar des Vorjahres. Bis Jahresende prognostizieren Experten nochmal einen deutlichen Zuwachs – rund 20.000 Unternehmen könnten bis dahin Insolvenz angemeldet haben, wie es etwa der Bericht der Allianz Trade Insolvenzstudie nahelegt.
Unterdessen ist auch weiterhin kein Ende der in den vergangenen Wochen und Monaten so häufig beschworenen „Pleitewelle“ deutscher Unternehmen in Sicht. Im Gegenteil wird sie um eine weitere Insolvenz eines Traditionsunternehmens reicher – und dies zeigt erneut, dass kaum noch eine Branche von der weiterhin rollenden Insolvenzwelle verschont bleibt.
Töpfer GmbH nennt gestiegene Produktions- und Personalkosten als Grund für Insolvenz
Wie Ende April (25.04.2024) zunächst der auf Wirtschaftsrecht spezialisierte RWS-Verlag berichtete, hat die Töpfer GmbH aus Dietmannsried bei Kempten im Allgäu Insolvenz anmelden müssen. Demnach hat das Unternehmen mit rund 170 Beschäftigten einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eingereicht. Das Amtsgericht Kempten ordnete daraufhin das vorläufige Insolvenzverfahren an.
Als Grund für den Insolvenzantrag gab die Töpfer GmbH, die einen Großteil des Umsatzes im Ausland erzielt, neben enormen Kostensteigerungen auch Umsatzrückgänge an. Nicht nur beeinträchtigten externe Faktoren wie die Nachwehen der Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine das Geschäft – infolge der Corona-Pandemie ist der Markt in China eingebrochen und hat sich seither kaum erholt. Hinzu kämen gestiegene Energie- und Personalkosten, die das Unternehmen zusätzlich belastet hatten. Kostenstrukturen müssten daher künftig an das Umsatzniveau angepasst werden, hieß es weiter.
Kann die Töpfer GmbH mit einem Sanierungsverfahren noch gerettet werden?
Unterstützt wird der traditionsreiche Hersteller von Bio-Babynahrung im andauernden Verfahren von einem Sanierungsteam der PLUTA Rechtsanwalts GmbH, bestehend aus Dr. Maximilian Pluta, Ludwig Stern und Florian Zistler. Gemeinsam mit den beiden Geschäftsführern Susanna Gabler und Ulf Silbernagel sollen sie die Töpfer GmbH in den kommenden Monaten durch das Verfahren führen und den Restrukturierungsprozess des Unternehmens umsetzen. Das Gericht bestellte Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Hörmann von der Anwaltskanzlei und Unternehmensberatung Anchor, der das Verfahren im Interesse der Gläubiger begleitet.
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„Unser Geschäftsbetrieb läuft fort. Wir haben bereits erste Gespräche mit unseren Kunden und Geschäftspartnern geführt, die die Betriebsfortführung unterstützen. Wir werden in den kommenden Monaten ein Sanierungskonzept erarbeiten, um unser Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen“, erklärte Geschäftsführerin Susanna Gabler dem RWS-Verlag. Die Verantwortlichen informierten die rund 170 Beschäftigen bereits über den aktuellen Stand. Deren Gehälter seien über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert, hieß es weiter.
Hat die Töpfer GmbH eine Zukunft? Verantwortliche des Sanierungsverfahrens sind zuversichtlich
Grundsätzlich dient die sogenannte Eigenverwaltung als gerichtliches Instrument, das dazu beitragen soll, Unternehmen in Insolvenzfällen weiter zu erhalten. Unter der Aufsicht eines Sachwalters ist ein Unternehmen dann auch im Rahmen eines laufenden Insolvenzverfahrens berechtigt, seine Geschäfte weiterzuverfolgen und die Gesellschaft mit Unterstützung erfahrener Sanierungsexperten selbst durch das Verfahren zu führen. Als solches soll sie von Insolvenz bedrohten Unternehmen die Möglichkeit eines Neuanfangs geben.
„Der Betrieb verfügt über großes Know-how und eine moderne Produktion. Gemeinsam werden wir in den kommenden Monaten das Unternehmen sanieren, um dem Betrieb eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen“, erklärte Ludwig Stern, der als Generalhandlungsbevollmächtigte am Sanierungsverfahren beteiligt ist, dem RWS-Verlag. Töpfer strebt eine Neuaufstellung im Rahmen einer Investorenlösung an. Daher soll zeitnah die Suche nach einem finanzstarken Partner beginnen.
Die Töpfer GmbH blickt auf eine lange Tradition zurück. Seit seiner Gründung im Jahr 1911 spezialisierte sich Töpfer als erster Hersteller für Säuglingsheilnahrung in Deutschland auf gesunde Kost für Babys. Seit Ende der 1980er Jahre stellt das Unternehmen Bio-Säuglingsnahrung her. Daneben gehört Naturkosmetik aus pflanzlichen Inhaltsstoffen und Heilkräutern zum Sortiment der Töpfer GmbH. Die „Töpfer Babywelt“ ist heute einer der führenden Hersteller für Bio-Säuglingsnahrung und Naturkosmetik für Babys und Mütter. (fh)