600 Jahre Landsberger Bayertor und die Wittelsbacher

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Von damals bis heute: Luitpold Prinz von Bayern erläutert seinen Stammbaum, den Sieglinde Soyer und Sigrid Knollmüller vom Gästeführerverein präsentieren. © Greiner

Nächstes Jahr feiert das als „schönste gotische Toranlage Süddeutschlands“ gerühmte Bayertor sein 600-jähriges Jubiläum. Gebaut wurde es mit finanzieller Unterstützung der Wittelsbacher – weshalb der Gästeführerverein Landsberg als Vorgeschmack aufs Jubiläumsjahr Luitpold Prinz von Bayern zu einem Vortrag eingeladen hat.

Landsberg – Die große Bayertor-Sause zum 600. Geburtstag startet am 3. Juli und geht über vier Tage. Geplant sind zwei Bühnen mit Programm samt Livemusik sowie ein historischer Kunsthandwerkermarkt. Dank der zweiten, 2018 abgeschlossenen Sanierung erstrahlt das Bayertor auch wieder in den Farben, in die es 1425 bei seiner Fertigstellung getaucht war. Eine erste Sanierung in den 1970ern resultierte in einer etwas bunteren Version.

Luitpold Prinz von Bayern referiert in Landsberg: knapp 900 Jahre Regenschaft der Wittelsbacher

Gebaut werden konnte es damals dank den Wittelsbachern – wobei Herzog Ernsts Frau Elisabeth di Visconti die Stadt als Witwensitz erhalten sollte, samt einem Teil der Stadtsteuer als Rente, wie OBin Doris Baumgartl bei der Begrüßung des Vortragenden, seiner königlichen Hoheit Luitpold Prinz von Bayern zusammenfasste. Dass Landsberg die prunkvolle Anlage samt großem Mauerring bauen konnte, ermöglichten die Wittelsbacher, indem die Stadt 1426 keine Steuern abführen musste. Und auch Herzogin Elisabeth öffnete ihr Geldsäckel für den Bau –weshalb auch das Visconti-Wappen am Bayertor zu sehen ist. Neben dem Festsaal des Historischen Rathauses, dessen Fresken die Vorsitzende des Gästeführervereins Sigrid Knollmüller als „Geschichtsbuch Landsbergs bezeichnete, zeuge die Gründung des Heilig-Geist-Stiftung vom „Wohlfahrtstum der Wittelsbacher“, betonte Baumgartl.

Prinz Luitpold beginnt seinen Vortrag im Jahr 1050 mit dem Pfalzgraf Otto V. von Scheyern, dem ‚Stammvater‘ der Wittelsbacher. 1180 wurde dessen Sohn mit dem Herzogtum Bayern belehnt: „Und bis 1918 regierten die Wittelsbacher dann in Bayern. Ein Regierungsrekord in Europa bis heute“, sagt Prinz Luitpold. Weiter erzählt Luitpold über den Hausvertrag von Pavia, der 1777 nach dem Tod Maximilians III. und damit dem Aussterben der bayerischen Linie zur Folge hatte, dass die Linie Pfalz-Neuburg-Sulzbach übernahm – und es wieder ein vereinigtes Kurpfalz-Bayern gab. Dass die bayerische Linie ausstarb, erklärt Prinz Luitpold damit, dass aus ihr zuvor 25 Kirchenfürsten kamen: „Da wird es genetisch etwas eng.“ Den Titel Herzog in der Pfalz habe die Familie bis heute behalten.

Weiter führt Prinz Luitpold den Stammbaum seiner Familie zu Ludwig dem Bayern, Herzog Ernst, der die Geliebte seines Sohnes, Agnes Bernauer, 1435 ertränken ließ, hin zu Maximilian I., der bereits mit 17 Jahren auf dem Thron saß – und den Staatsbankrott seines Vaters sanieren musste. Das gelang ihm, indem er das Weißbierprivileg kaufte und die Einnahmen daraus einer Extra-Kasse unter Privatverwaltung zum „Erhalt der Herrschaft des katholischen Glaubens“ zufließen ließ. Daraus habe Max auch im 30-jährigen Krieg 25 Millionen Gulden für den Kaiser gezahlt.

Luitpold Prinz von Bayern über die Wittelsbacher: Ludwig I, der ‚Erfinder‘ des Indigo

Es geht zum Schwedenkrieg und nach Schweden, wo ebenfalls die Wittelsbacher bei den Königen mitgemischt haben, so Prinz Luitpold. Nicht nur Schweden führt der Prinz in der Ahnenreihe an: Ein Wittelsbacher sei auch rechtmäßiger Thronfolger Spaniens gewesen, aber als Kind an einer Blinddarmentzündung gestorben. Er erzählt von dem Einfluss der Wittelsbacher in Köln, wo Joseph von Clemens Erzbischof war, oder auch von der von Maximilian III. Joseph gegründeten Porzellanmanufaktur in Nymphenburg.

Über den oft als „dumm“ bezeichneten Max I, der aber laut Luitpold durch sein diplomatisches Geschick überzeugt habe, geht es zu Ludwig I., der Bayern zum Kulturland gemacht habe: „Kunst wurde staatstragend.“ Weshalb er wohl auch die „Griechenlandabenteuer“ seines Sohns Otto unterstützte und zum großen Mäzen von Griechenland wurde. Ludwig II. schließlich habe „bei aller Skurilität“ das erste E-Werk der Welt mit von Dampfmaschinen angetriebenen Generatoren entwickelt – um seine Venusgrotte in Schloss Linderhof zu beleuchten – und auch das künstliche Blau, dessen Herstellung schließlich der Badischen Anilin- und Sodafabrik (BASF) gelang. Die Farbe Indigo, die dann in den USA die Blue Jeans färben sollte, ließ sich BASF nach Ludwigs Tod patentieren.

Prinz Luitpold betont, dass die Schlösser, die nach dem Tod von Ludwigs Bruder Otto vom Staat „kassiert wurden“, heute dem Freistaat viel Geld einbrächten, obwohl Ludwig II. kein Geld vom Staat bekommen habe: „Das waren Kredite, die die Familie bis 1921 zurückgezahlt hat.“

Der Prinz streift den 1. Weltkrieg und die Revolution 1918. Damals hätte Ludwig III. – mit dem die Regentschaft der Wittelsbacher endet – abdanken sollen. Er habe jedoch lediglich die Beamten vom Amtseid entbunden. „Abgedankt hat er nie.“ Im II. Weltkrieg seien einige Wittelsbacher als „Tauschobjekte“ in KZ gekommen, viele flohen aber ins Exil. Heutzutage versuche die Familie, von der Prinz Luitpold stets als „wir“ spricht, dem Staat „Positives zu geben, Kunst, Kultur und auch ein Standing.“

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