Atom-Übung von Putin-Freund: Warnungen vor „nuklearer Geisel“ und „Kreml-Marionette“

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Nach Wladimir Putin in Russland lässt auch Alexander Lukaschenko in Belarus Atomstreitkräfte trainieren. Das hat im Umfeld des Ukraine-Kriegs drei Gründe.

Minsk – Die Verluste, die Russland im selbst begonnenen Ukraine-Krieg hinnehmen muss, steigen auch hier: Immer wieder gibt es Berichte darüber und Videos davon, wie russische Erdkampfflugzeuge des Typs Suchoi Su-25 abgeschossen werden oder einfach abstürzen.

Nach Wladimir Putins Russland: Belarus kündigt Tests von Atomstreitkräften an

Im September 2022 teilte zum Beispiel das ukrainische Verteidigungsministerium ein Video davon, wie ein Su-25-Kampfjet Wladimir Putins auf der Krim direkt nach dem Start im Tiefflug in ein Waldstück rauschte und in einem riesigen Feuerball aufging. Und im Juli 2023 stürzte eine Su-25 Moskaus wohl ohne Fremdeinwirkung vor der russischen Region Krasnodar ins Schwarze Meer.

Jene Flugzeuge sollen also im Zentrum dessen stehen, was Minsk-Machthaber und Putin-Freund Alexander Lukaschenko am Mittwoch (8. Mai) ankündigen ließ: Tests von Atomstreitkräften auf dem Boden und im Luftraum von Belarus. Es dürfte sich dabei vor allem um Truppen handeln, die der Kreml in das verbündete Land an der Grenze zur Verteidigungsallianz Nato entsandt hatte.

Autokraten unter sich: der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko (li.) und Russlands Wladimir Putin.
Autokraten unter sich: der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko (li.) und Russlands Wladimir Putin. © IMAGO / ITAR-TASS

Angeblich russische Atomwaffen in Belarus: Deutliche Warnung aus der Ukraine

Ein Rückblick: Im März 2023 teilte das Moskau-Regime mit, es habe zehn Flugzeuge in Belarus stationiert, die als Träger von Nuklearwaffen geeignet seien. Wie verschiedene Quellen wie das amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek und das viel zitierte Institute for the Study of War (ISW) nun im Mai 2024 schreiben, soll es sich bei jenen Kampfflugzeugen um die Su-25 aus den 1980er Jahren handeln.

Damit nicht genug: Putins Zirkel ließ in jenem Frühjahr 2023 wissen, dass auch eine nicht präzisierte Anzahl taktischer Iskander-Marschflugkörper nach Belarus verlegt wurden, die zum Abschuss von Atomwaffen geeignet seien. Prompt folgte eine Warnung aus der Ukraine. „Putins Statement ist ein weiterer Schritt in Richtung einer Destabilisierung des Landes“, erklärte Oleksiy Danilow, der Vorsitzende des Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrats damals. Der Kreml habe Belarus als „nukleare Geisel“ genommen, meinte er weiter.

Suchoi Su-25

Die Suchoi Su-25 ist ein Erdkampfflugzeug, das in den 1970er Jahren in der Sowjetunion entwickelt und 1981 in Dienst gestellt wurde. Der zweistrahlige Kampfjet ist kürzer als Abfangjäger, dafür aber stärker gepanzert, da die Su-25 in niedrigen Höhen operiert, um die eigenen Truppen am Boden zu unterstützen. Das Flugzeug hat eine Spannweite von 14,36 Metern und kann eine Geschwindigkeit von bis zu 975 km/h erreichen.

Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko: Moskau und Minsk sind Verbündete

Während die russische Armee bei Tschassiw Jar im Donbass und vor Kupjansk in der Region Charkiw auf dem Vormarsch ist, dürfte es dem Kreml mit den Ankündigungen jetzt folglich einerseits darum gegangen sein, Kiew zu verunsichern. Nicht zuletzt unter dem Hinweis, dass die russischen Atomstreitkräfte unweit der Grenze zur Ukraine trainieren. Konkret: Die Manöver werden von Raketeneinheiten des „Südlichen Militärbezirks“ (Luftverteidigung) unter Beteiligung der Luft- und Seestreitkräfte durchgeführt, teilte das russische Verteidigungsministerium mit, mit dem Ziel, „die Bereitschaft der nicht-strategischen Nuklearstreitkräfte zu erhöhen“. 

Brisant: Moskau zählt die besetzte Krim zu diesem Militärbezirk. Unter russischen Bloggern machte bei X (vormals Twitter) ein Video die Runde, das mehrere Iskander-Raketensysteme auf Basis von MZKT-7930-Lastwagen in Kolonne zeigte - mutmaßlich auf einer russischen Autobahn. Was sich nach Zeitpunkt und Ort der Aufnahmen hin nicht unabhängig überprüfen lässt.

Ein altes Su-25-Erdkampfflugzeug der Russen in der Ukraine, wie es angeblich auch die Atomstreitkräfte Moskaus nutzen. (Symbolfoto)
Ein altes Su-25-Erdkampfflugzeug der Russen in der Ukraine, wie es angeblich auch die Atomstreitkräfte Moskaus nutzen. (Symbolfoto) © IMAGO / ITAR-TASS

Atomwaffen-Tests von Russland: Droht Wladimir Putin wegen Waffen-Lieferungen?

Der belarussische Verteidigungsminister Wiktor Chrenin erklärte, dass bei den Übungen „das gesamte Spektrum der Aktivitäten von der Planung über die Vorbereitung bis zum Einsatz von Angriffen mit taktischen Atomwaffen überprüft“ werde. Daran sollen demnach ein Iskander-Raketen-Verband und eben eine Staffel mit Su-25-Kampfjets beteiligt sein. In der Vergangenheit hatten Moskau und Minsk teils gemeinsame Verbände für Übungen aufgestellt.

Trotz der Schärfe der Rhetorik geht zum Beispiel das ISW „davon aus, dass weder Russland noch Belarus eine nukleare Eskalation anstreben und dass ihr Einsatz von Atomwaffen weiterhin unwahrscheinlich bleibt“. Völlig unklar ist derweil, welche russische Bombe oder welcher Marschflugkörper Putins als Träger für eine „kleine“ nukleare Waffe an einer Su-25 dienen könnte.

Lukaschenko brachte nukleare taktische Waffen nach Belarus, die er unbedingt besitzen wollte.

Belarus unter Alexander Lukaschenko: Russland-Deal für Erhalt eigener Macht?

Das ISW vermutet derweil, dass Belarus die „Inspektion der nuklearen Bereitschaft angekündigt“ habe, um gemeinsam mit dem Kreml „auf westliche Entscheidungsprozesse“ abzuzielen. Konkret soll es „wahrscheinlich die Bemühungen des Kremls verstärken, den Westen dazu zu zwingen, von der Bereitstellung zusätzlicher Militärhilfen für die Ukraine abzusehen“. Erst kürzlich hatten die USA Waffen-Lieferungen über 61 Milliarden Dollar verkündet, Großbritannien folgte mit einem Paket über 3,7 Milliarden Dollar. Damit nicht genug.

Es gibt Kritiker, die sagen, dass Lukaschenko ein persönliches Interesse daran hat, das nukleare Waffenarsenal Russlands in seinem Land zu betonen - zur Abschreckung der recht großen Opposition in Belarus. So erklärte zum Beispiel der ehemalige Kultusminister und heutige Exil-Politiker Pawel Latuschka im August 2023 Merkur.de von IPPEN.MEDIA: „Lukaschenko brachte nukleare taktische Waffen nach Belarus, die er unbedingt besitzen wollte. Die Stationierung wird von etwa 20 bis 25 Prozent der Weißrussen unterstützt, also eigentlich nur von Anhängern Lukaschenkos.“ Laut Latuschka sei Lukaschenko eine „Marionette des Kreml“, der es nur darum gehe, die eigene Macht zu erhalten. (pm)

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