Bad Tölz-Wolfratshausen: CSU bleibt stärkste Kraft, Grüne verlieren deutlich
Die Grünen sind im Landkreis die großen Wahlverlierer. AfD und Freie Wähler legen zu. Das Bündnis Sahra Wagenknecht schafft 3,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung ist leicht gestiegen.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Die CSU bleibt auch bei der Europawahl die stärkste Kraft im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Insgesamt musste die Union – sie kam auf 41,1 Prozent – leichte Verluste verkraften. Eklatant fiel der Rückgang lediglich in der Jachenau aus: Dort verlor die CSU 15,4 Prozent, die Freien Wähler gewannen dort fast exakt Dasselbe hinzu. Alles in allem legten die FW gut 3 Prozent zu. In diesem Bereich liegt auch der Zugewinn der AfD, die auf 11,2 Prozent der Stimmen kommt. Größter Verlierer der Wahl sind die Grünen, die vor fünf Jahren noch ein historisch gutes Ergebnis eingefahren hatten. Mit 12,5 Prozent sind sie zwar zweitstärkste Kraft im Landkreis, verlieren aber über 7 Prozent. Während die Linke vor sich hin dümpelt, schaffte das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) aus dem Stand mit 3,9 Prozent ein deutlich besseres Ergebnis als die Partei, von der sie sich abgespalten hat. Die SPD verharrt auf dem Ergebnis der 2019er-Wahl, die FDP legt leicht zu.
CSU freut sich über höhere Wahlbeteiligung
CSU-Kreisvorsitzender Thomas Holz: „Die höhere Wahlbeteiligung als vor fünf Jahren ist für mich ein wichtiges Zeichen. Alle demokratischen Parteien hatten sich bemüht, mehr Menschen an die Urne zu bringen. Im Landkreis hat die CSU leicht verloren, hat aber in allen Gemeinden die Nase vorne. Das sehen ich positiv – auch, wenn ich das eine Prozent Verlust nicht beschönigen will. Dass die Grünen so viel verloren haben, hat sicher mit der Politik in Berlin zu tun. Es beruhigt mich ein wenig, dass die AfD hier nicht so stark zugelegt hat, wie befürchtet worden war – wobei ich ein zweistelliges Ergebnis immer noch erschreckend finde.“
CSU-Kandidat Severin Eichenseher: „Ich bin grundsätzlich damit zufrieden, dass eine klare Mehrheit CSU gewählt hat und unsere Arbeit positiv sieht. Die CSU ist die bayerische Stimme im EU-Parlament. Im Vergleich zum Bund ist es in Bayern und im Landkreis gelungen, die AfD kleiner zu halten. Dramatisch ist, wie die Ampel-Parteien abgestraft worden sind. Vor allem der grüne Hype ist bei uns vorbei.“
Ein „bitterer“ Abend für die Grünen, Freude bei den Freien Wählern
Grünen-Kreissprecher Andreas Wild: „Insgesamt ist das Ergebnis schon enttäuschend und bitter. Bei 12,5 Prozent konnten wir wirklich nur unsere Stammwähler erreichen. Dass wir trotzdem noch zweitstärkste Kraft im Landkreis sind, tröstet mich ein bisschen. Insgesamt muss man sehen, dass Populismus offensichtlich verfängt. Auch CSU und Freie Wähler haben uns auf Landesebene zum Feindbild gemacht – aber ich will die Schuld jetzt nicht bei anderen suchen. Gut finde ich, dass im Wahlkampf im Landkreis alles anständig abgelaufen ist. Es gab keinen tätlichen Übergriff. Dass Plakate zerstört werden, muss man als Realität hinnehmen.“
Susanne Merk, Kreisvorsitzende Freie Wähler: „Es sieht für uns richtig gut aus. Ich glaube, das liegt vor allem an unserer guten Kandidatin: Christine Singer ist bodenständig, authentisch, kann anpacken. Sie hat es geschafft, die Landwirte anzusprechen – weil sie deren Situation versteht und weil sie weiß, wieso die unzufrieden sind. In einem landwirtschaftlich geprägten Landkreis wie unserem ist das natürlich gut. Sie hat aber auch Familien, Frauen und das Handwerk auf ihre Seite gezogen. Viele Menschen werfen der großen Politik vor, dass sie die Probleme der normalen Menschen nicht mehr kennt – das ist bei den Freien Wählern ganz anders. Unsere Kandidaten kommen aus der Kommunalpolitik. Die Ampel hat sehr schlecht abgeschnitten. Für die CSU ist es ein gutes Ergebnis. Dass die AfD so große Gewinne erzielt hat, erschreckt mich.“
Die SPD verharrt auf Ergebnis, die AfD legt zu
SPD-Kreisvorsitzender Klaus Barthel: „Für die Ampelkoalition ist es wirklich kein guter Tag. Für die SPD auch nicht, auch wenn wir noch mit den geringsten Verlusten weggekommen sind. Dass wir im Landkreis nur an fünfter Stelle stehen, das ist natürlich nicht unser Anspruch; und wir müssen uns überlegen warum das so ist. Ich glaube, die Gründe für das schwache Abschneiden sind aber nicht unbedingt im Landkreis oder in Bayern zu suchen, sondern sind ein bundesweiter Trend. Ich beobachte, dass wir in den Gemeinden, wo wir mehr Wahlkampf gemacht haben auch besser abgeschnitten haben – zum Beispiel in Kochel. Das AfD-Ergebnis finde ich erschreckend. Wir sollten genau hinhören, was diese Wähler bewegt. Wenn nicht einmal das, was im AfD-Wahlkampf alles passiert ist, die Menschen abschreckt, müssen wir uns Gedanken machen. Und wir müssen in uns gehen, warum so viele Menschen nicht wählen – auch wenn die Beteiligung nicht schlechter war als zuletzt.“
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Prof. Ingo Hahn, Landtagsabgeordneter AfD: „Das Ergebnis freut mich sehr. Wir haben in ganz Deutschland große Zuwächse. Im Osten noch mehr als im Westen, aber wir konnten auch im Landkreis unser Ergebnis deutlich steigern. Wir haben etwa 50 Prozent der Wähler von vor fünf Jahren im Landkreis dazu gewonnen. Das ist schon sehr gut, auch wenn wir noch nicht ganz da stehen, wo wir gerne hinwollen. Unser Kreisverband war an den großen Wahlkampf-Veranstaltungen in Starnberg und Garmisch-Partenkirchen beteiligt, sonst haben wir eher auf Infostände und Gespräche auf Augenhöhe mit den Bürgern gesetzt. Für die Ampel ist der heutige Tag ein desaströses Ergebnis. Es würde mich wundern, wenn sich diese Koalition im Amt hält bis zur nächsten Bundestagswahl. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Wir stehen deutlich vor der Kanzler-Partei. Die FDP landet unter fünf Prozent, die Grünen verlieren massiv. Eigentlich sollte diese Koalition zurücktreten.“
Leichter Zugewinn für die FDP, Verlust für die ÖDP
Simon Roloff, FDP-Kreisvorsitzender: „Mit 4,4 Prozent liegen wir über dem bayernweiten Ergebnis von 4 Prozent – aber auch dort haben wir leicht zugelegt. Damit kann man zufrieden sein. Die FDP wird die fünf Mandate im Europaparlament halten. Das ist erfreulich und stärkt uns.“
Christian Schneeweiß, Vize-Kreisvorsitzender der ÖDP: „Im Vergleich zur Landtagswahl vor einem Jahr haben wir zwar zugelegt, aber das Europawahl-Ergebnis war vor fünf Jahren deutlich besser. Dass manche Wähler vom letzten Mal bewusst abgewandert sind, glaube ich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass die Europawahl nicht so präsent war und auch unser Wahlkampf besser hätte sein können, als er war. An der Arbeit unserer Europaabgeordneten hat der Verlust nicht gelegen. Die ÖDP und Manuela Ripa stürzen sich nicht auf die Riesenthemen, sondern wir legen unseren Fokus auf kleinere Dinge, wo wir auch wirklich etwas bewegen können. Das Recht auf Reparatur ist so ein Beispiel. Unsere Arbeit und auch unser Ergebnis zeigen: Man kann auch im Kleinen etwas erreichen.“
Linke hadert mit dem Ergebnis
Sebastian Englich, Kreisrat Die Linke: „Es gibt an unserem Ergebnis überhaupt nichts zu beschönigen. Das ist ein ganz schlechtes Ergebnis. Wir müssen schauen, was wir als Partei ändern müssen. Ich weiß es auch nicht. Aufgeben möchte ich aber nicht. Ich glaube weiterhin an die Linke. Das Bündnis Sarah Wagenknecht war sehr stark in der Region. Ich sehe die Gruppe im Moment aber noch als kurzlebiges Wahlphänomen. Ob die Partei so stark bleibt, müssen wir sehen. Und wir müssen abwarten, wie es mit der Linken weitergeht. Wir erleben derzeit einen Rechtsruck – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Leider war der Europa-Wahlkampf von allen Parteien sehr trostlos.“
Die Vertreterin des Bündnis Sahra Wagenknecht war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.