„Geschrei im Kinderzimmer“: Scholz‘ Kanzleramtschef zieht gewagten Ampel-Vergleich

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Muss Olaf Scholz in der Ampel-Koalition härter durchgreifen? Der Kanzleramtschef verneint – und vergleicht seinen Boss mit einem Paartherapeuten.

Berlin – Die Ampel-Koalition hadert angesichts erschreckender Umfrage-Werte mit sich selbst – nach eigenen Angaben vor allem mit der Außendarstellung des Erreichten. FDP-Chef Christian Lindner hatte gerade erst im ZDF auf eine Art Dilemma verwiesen. Nun legt des Kanzlers rechte Hand nach. Mit einem eher gewagten Vergleich.

Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) räumte am Dienstag (13. Februar) bei einem Termin in Berlin ein, die Umfrageergebnisse seien „ein klares Signal an uns“. Seine erklärte Hoffnung: Die Ampel-Partner sollten ihre Konflikte nicht mehr so stark in der Öffentlichkeit austragen. Kritik an Olaf Scholz (SPD) wies er aber weitgehend zurück – mit dem Hinweis auf weithin bekannte Probleme in den „Kinderzimmern“ der Nation.

Scholz in der Ampel oft „Paartherapeut“: „Geschrei im Kinderzimmer“

Die Rolle eines Kanzleramtschefs oder eines Kanzlers gleiche oft der eines Paartherapeuten – gerade bei einer in Deutschland noch untypischen Drei-Parteien-Koalition, sagte Schmidt beim Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Der Kanzleramtschef verglich die Lage mit der einer Familie mit Kindern. „Zwei sind immer okay, aber bei dreien ist die Gefahr relativ groß, dass am Ende sehr viel Geschrei aus dem Kinderzimmer kommt.“ Einer fühle sich immer ausgeschlossen. Ähnliche Warnungen hatte es schon vor dem Start der Koalition aus der FDP gegeben.

Gerade zwischen Grünen und FDP seien die ideologischen Unterschiede sehr groß, erklärte Schmidt. Er glaube allerdings, dass CDU-Chef Friedrich Merz eine solche Koalition schlechter führen würde als Scholz mit seiner „ausgleichenden“ Art. 

Olaf Scholz (Mi.) mit Robert Habeck (li.) und Wolfgang Schmidt am Kabinettstisch.
Paartherapeut im Gesprächskreis: Olaf Scholz (Mi.) mit Robert Habeck (li.) und Wolfgang Schmidt am Kabinettstisch. © Imago/Ipon

Die immer wieder eingeforderte Richtlinienkompetenz des Kanzlers sei aber schon deshalb schwierig umzusetzen, weil die Ampel eine Dreier-Koalition sei, in der Verfassung das Prinzip unabhängiger Ressorts festgeschrieben sowie der Bundestag und nicht die Regierung Haushaltsgesetzgeber sei. „Das heißt, man kann als Regierungschef werben oder sanften Druck ausüben“, sagte Schmidt. Aber ein Machtwort zu sprechen sei eigentlich im deutschen Regierungssystem „nicht wirklich vorgesehen“ und könne nur sparsam eingesetzt werden. Zu einem solchen Machtwort hatte Scholz im Oktober 2022 gegriffen – mit gemischten Resultaten.

Scholz‘ Kanzleramtschef wiegelt in Sachen Rezession ab – und deutet auf die Schuldenbremse

Schmidt betonte vor den Berliner Wirtschaftsvertretern zugleich, er sehe Deutschland nicht in einer Rezession. „Wir haben keine Rezession“, sagte er. „Wir werden in diesem Jahr Wachstum erleben“, fügte er hinzu und verwies auf sehr hohe Investitionen der Bundesregierung. Zu 58 Milliarden Euro im Haushalt kämen noch 49 Milliarden Euro aus dem sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF). Die Begleiterscheinungen einer Rezession seien derzeit nicht zu sehen. „Der Arbeitsmarkt ist sehr stabil.“ Auch die Reallöhne seien wieder gestiegen, was zu einer erhöhten Kaufkraft führen werde.

Schmidt verwies auf weitere nötige Reformen, vor allem beim Bürokratieabbau. In Sachen Wirtschaft hatten Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner zuletzt Einigkeit gezeigt – jedenfalls oberflächlich betrachtet. Lindner warnte in einem Interview mit dem Münchner Merkur, die Koalition müsse „schneller und entschlossener“ gegen „Wachstumsbremsen“ arbeiten.

Schmidt hob nun das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel hervor. Deutschland könne wegen der Schuldenbremse im Grundgesetz nicht den Weg wie etwa die USA gehen, Investitionen durch eine massive Verschuldung zu finanzieren. Allein der Ukraine-Krieg bedeute eine Belastung im Bundeshaushalt 2024 von rund 17 Milliarden Euro. (rtr/fn)

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