„Bin da bei Christian Lindner“: Habeck kontert FDP mit doppelbödiger Verbal-Umarmung
Die Ampel-Koalition streitet weiter ums Geld. Grünen-Vizekanzler Robert Habeck reagiert dabei aber überraschend auf Christian Lindner.
Berlin – Der FDP-Finanzminister will Schulden vermeiden – der Grünen-Wirtschaftsminister mehr Geld für (grüne) Investitionen: Die Ampel-Koalition steckt bereits mitten im nächsten (erwartbaren) Streit übers Geld.
Sehr öffentlich hat Christian Lindner (FDP) Robert Habecks (Grüne) Vorschlag zu einem neuen Sondervermögen für die deutsche Wirtschaft einkassiert. Doch der Vizekanzler kontert auf bemerkenswerte Weise: Mit demonstrativem Zuspruch für den Kontrahenten in der eigenen Koalition. Aber auch einem großen Aber. Aufgehängt just am polarisierenden Thema Bürgergeld.
Lindner und Habeck beharken sich in der Zeitung: „In jeder Hinsicht überraschend“
Lindner hatte Habeck in der Welt am Sonntag eine äußerst giftige Antwort auf dessen Vorstoß zu einem Sondervermögen zur Entlastung von Unternehmen in Deutschland erteilt. Habecks Idee sei „in jeder Hinsicht überraschend“ gewesen, urteilte der FDP-Chef. „Der Wirtschaftsminister sagt damit ja, dass er mit der bestehenden Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unzufrieden ist und er etwas komplett anderes für nötig hält.“
Lindner machte deutlich: Auch er halte eine „Wirtschaftswende“ für notwendig. Deshalb sei er bereit, „das Diskussionsangebot“ von Habeck anzunehmen. Vom konkreten Vorschlag sei er jedoch nicht überzeugt, „Hunderte Milliarden Euro Schulden zu machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen“.

Das Blatt gab aber auch dem Grünen-Vizekanzler Gelegenheit der Reaktion. Und der umarmte Lindner in seinem am Samstagabend (3. Februar) veröffentlichten Interview zunächst verbal. Habeck sagte der Welt am Sonntag: „Ich bin da bei Christian Lindner: Wir müssen mehr tun für Wachstum und wirtschaftliche Dynamik.“ Er arbeite deshalb gern mit Lindner an einem Dynamisierungspaket. Er habe dafür gerade erst Vorschläge in die gemeinsame Regierungsarbeit eingebracht. Inhaltlich schien Habeck Lindner mit der betonten Zustimmung aber in die Enge treiben zu wollen.
Habeck will „mit den USA mithalten“ – Seitenhieb auf Lindner beim Bürgergeld
„Auch ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist“, sagte er. „Genau deshalb sollten wir überlegen, wie wir zum Beispiel Steuererleichterungen, Steueranreize für Investitionen in der Perspektive finanzieren, um die Kräfte wirklich zu entfesseln.“
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Habeck verwies zugleich auf den Zustand des Bundeshaushalts – die FDP wehrt sich weiterhin vehement gegen eine Reform der Schuldenbremse. Es gebe leider „extrem enge finanzielle Spielräume“ bei Bund, Ländern und Kommunen, sagte Habeck. „Und ja, wir werden sicherlich sparen müssen, auch beim Haushalt 2025“. Zuletzt hatten auch die „Wirtschaftsweisen“ eine Reform der Schuldenbremse angemahnt.
Habecks nächster argumentativer Schritt: Mit Klecker-Lösungen sei es nicht getan. „Wenn wir wirklich Wucht entfalten wollen, um mit den USA mitzuhalten, geht das nicht mit einer Nullrunde beim Bürgergeld“, sagte Habeck. Er bezog sich damit auf Lindners Aussagen zu einer Nullrunde, die dieser 2025 beim Bürgergeld erwartet – und wohl auch auf die Frage, wo das benötigte Geld ohne Änderungen bei der Schuldenbremse herkommen soll. Die USA hatten mit dem „Inflation Reduction Act“ ein mehr als 400 Milliarden Dollar schweres Entlastungspaket geschnürt.
Habeck und Lindner im Subventionsstreit: FDP-Chef warnt vor Zins-Problem
Habeck hatte am Donnerstag im Bundestag ein Sondervermögen ins Spiel gebracht, um strukturelle Probleme zu lösen. Er nannte zum Beispiel die Möglichkeit, Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu schaffen.
Der FDP-Chef forderte stattdessen unter anderem „ein Dynamisierungspaket, um private Investitionen, Gründergeist und Wettbewerbsfähigkeit zu entfesseln“. Zudem brauche es mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt, etwa durch weniger Bürokratie, und ein Klimaschutzgesetz, „das die planwirtschaftlichen Vorgaben überwindet“. Außerdem forderte Lindner eine Energiepolitik, „die sich vor allem auf Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Preise konzentriert“.
Nach dem Meinungsaustausch in der Sonntagszeitung dürfte der Ball nun wieder in Lindners Feld liegen. Den Verweis auf die US-Subventionen hatte der Finanzminister in seinem Interview allerdings bereits abgeblockt. „Viele orientieren sich ja an der schuldenfinanzierten Wirtschaftspolitik der USA. Würden wir es aber so machen wie die USA, dann müssten wir bald 20, 30 oder 40 Milliarden Euro oder mehr im Jahr an Zinsen zahlen“, warnte er in der Welt am Sonntag. Aus der FDP hatte es zuletzt schon Warnungen vor einem Auseinanderbrechen der Ampel gegeben. (fn/dpa)