Noch vor der Sommerpause: Neue Details zur Kindergrundsicherung lassen aufhorchen
Die Kindergrundsicherung hängt seit fast einem Jahr im Bundestag fest. Während die Politiker in die Sommerpause gehen, warten Familien auf Lösungen. Einige Details gibt es aber schon.
Berlin – Mit dem Ende dieser Woche tritt der Deutsche Bundestag in die parlamentarische Sommerpause ein. Bis zum 9. September wird der politische Betrieb weitgehend ruhen und keine Sitzungen werden abgehalten. Dies ist besonders frustrierend im Hinblick auf die Kindergrundsicherung, ein Schlüsselprojekt der Sozialpolitik der Bundesregierung. Im September 2023 wurde die Kindergrundsicherung vom Bundeskabinett verabschiedet, doch seitdem ist das Gesetz im Bundestag blockiert - eine Einigung ist nach wie vor nicht in Sicht.
Erste Details zur Kindergrundsicherung: Eine „Bezahlkarte“ für Familien?
Es gibt jedoch einige positive Entwicklungen. Laut dem Nachrichtenportal t-online konnte man sich auf einige wenige Details einigen. Dazu gehören eine Innovation und zwei bereits bekannte Elemente: das Kinderchancenportal, eine Art „Bezahlkarte“ für Familien und der „Kindergrundsicherungs-Check“.
Das Kinderchancenportal war von Beginn an ein Bestandteil des Gesetzesentwurfs. Im September 2023 bezeichnete Familienministerin Lisa Paus (Grüne) es als „den zentralen Ort der Kommunikation und Organisation“ für die Kindergrundsicherung. Es soll eine Webseite sein, auf der alle staatlichen Leistungen für Familien mit Kindern dargestellt werden. Familien können dann auf dem Portal auswählen, welche Leistungen sie beantragen möchten, wie zum Beispiel einen Zuschuss für den Besuch einer Musikschule oder die Teilnahme in einem Sportverein.
Ganz neu ist nach Angaben von t-online eine Art Bezahlkarte für Familien. Familien, die berechtigt sind, die oben genannten Leistungen in Anspruch zu nehmen (in der Regel sind dies Geringverdiener, die ihren Kindern mit staatlichen Zuschüssen Zugang zu außerschulischen Aktivitäten ermöglichen können), sollen in Zukunft diese Leistungen mit einer Art EC-Karte bezahlen können. Dies soll verhindern, dass Berechtigte Gutscheine von der Familienkasse erhalten müssen und dadurch eine Papierflut entsteht. Die genauen Details, wie die Karte funktionieren soll und wie Familien sie erhalten können, sind jedoch noch unklar.
Kindergrundsicherung bleibt Streitthema der Ampel – besonders wenn es ums Geld geht
Die Ampel-Parteien haben sich schließlich auf den „Kindergrundsicherungs-Check“ geeinigt, der den Kern des Gesetzes darstellt. In Zukunft soll die Familienkasse selbstständig prüfen, welche Leistungen eine Familie beanspruchen kann und die betroffenen Familien kontaktieren. Dieses Prinzip wird seit 2024 auch beim Kindergeld angewendet: Neue Eltern müssen nach der Geburt ihres Kindes nicht mehr selbst aktiv werden, sie erhalten automatisch Post von der Familienkasse. Dieses Prinzip soll dann auch auf den Kinderzuschlag und weitere Leistungen der Familienkasse ausgeweitet werden. Innerhalb der Regierung gibt es jedoch offenbar noch Uneinigkeit darüber, wie umfangreich dieser Check sein soll. Je gründlicher, desto mehr Personal wird das vermutlich benötigen - und das kostet bekanntlich Geld.
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Geld ist auch weiterhin ein strittiger Punkt. Wie viel Geld kann die Regierung für die Kindergrundsicherung bereitstellen? Angesichts der laufenden Haushaltsverhandlungen auf Kabinettsebene kann man wohl feststellen: Es wird kompliziert.
Auch der Zeitpunkt der Einführung der Kindergrundsicherung ist umstritten. Ursprünglich sollte sie zum 1. Januar 2025 eingeführt werden. Sönke Rix, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, sagte jedoch kürzlich der Rheinischen Post, dass nur noch eine stufenweise Einführung realistisch sei. „Es gibt wohl kaum ein politisches Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, bei dem wir so mühsam vorankommen - insbesondere weil die Kompromissbereitschaft und notwendiger Realismus fehlen“, sagte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen der Zeitung.
Verbände verärgert über noch immer fehlende Kindergrundsicherung
Die Tatsache, dass das Gesetz so lange im Parlament feststeckt, sorgt für erheblichen Unmut. Verbände und Wissenschaftler drängen auf eine schnelle Umsetzung. Das „Bündnis Kindergrundsicherung“, dem 20 Verbände und 13 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angehören, beklagte, dass der Entwurf seit Monaten im Parlament feststeckt. Während die Parlamentarier in die Sommerpause gehen, fehlt es armen Familien in Deutschland an Geld für Urlaubsreisen und Freibadbesuche, so Verena Bentele, Vorsitzende des Sozialverbands VdK.
Zum „Bündnis Kindergrundsicherung“ gehört neben dem VdK auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Deren Vorsitzende, Maike Finnern, betonte: „Es ist bezeichnend, dass es den politisch Verantwortlichen nicht gelungen ist, vor der Sommerpause bei den dringend notwendigen Verbesserungen in der Kindergrundsicherung voranzukommen.“ Die Reduzierung von Chancenungleichheit wird oft als politisches Ziel formuliert. „Wenn es dann aber um die Umsetzung geht, fällt die Chancengleichheit immer wieder hinten runter.“ (wal mit Material von dpa)