Nord-Gemeinden wünschen sich mehr Solidarität bei Suche nach Unterkünften
Einmal mehr prägte die schwierige Unterbringung von Flüchtlingen die Bürgermeister-Dienstbesprechung, die jetzt in Valley stattfand. Die Nord-Gemeinden starteten eine Initiative für eine gemeinsame „Solidaritäts-Bekundung“ aus allen Rathäusern, um mehr kleinere Unterkünfte statt großer Sammelquartiere einrichten zu können.
Landkreis – Stillhalten und notfalls abwinken – am besten mit Hinweis auf drohende Bürgerproteste oder touristische Belange: Wenn es gilt, Grundstücke für die Unterbringung von Geflüchteten zu finden, ist der Eifer in manchen Rathäusern eher übersichtlich. In Hausham erwuchs gar ein offener Konflikt zwischen Gemeinde und Landkreis. Bürgermeister Jens Zangenfeind (FW), seines Zeichens auch Vize-Landrat, und der dortige Gemeinderat klagen gegen den Plan der Kreisbehörde, im ehemaligen Impfzentrum eine „Ankunfts“-Einrichtung einzurichten.
Der Landkreis gegen „seine“ Gemeinden, die Flüchtlings-Unterbringung als dauernder Zankapfel, jede Kommune nur auf sich selbst schauend – damit soll jetzt Schluss sein. Auf Initiative der nördlichen Gemeinden soll es eine Solidaritäts-Bekundung aller Landkreiskommunen geben, die Unterbringung von Geflüchteten als gemeinsame Aufgabe zu begreifen. Thema war dies jetzt auch in der Bürgermeister-Dienstbesprechung, die in Valley stattfand und in der das Thema Asyl einmal mehr den breitesten Raum einnahm.
„Wir müssen in diese Richtung etwas anstoßen“, erklärte Valleys Bürgermeister Bernhard Schäfer (FW) bei einem anschließenden Pressegespräch. Hilfe aus den Gemeinden sei entscheidend, betonte Landrat Olaf von Löwis (CSU): „Es ist nicht gut, wenn uns wie in Hausham viele Steine in den Weg gelegt werden.“ Wenn jede Gemeinde mithelfe, „dann lassen sich solche Großunterkünfte wie in Warngau vermeiden“, ist sich Schäfer sicher.
Der Wortlaut dieser Solidaritäts-Erklärung ist noch unklar. Geplant ist, dass die jeweiligen Gemeinderäte über die Erklärung abstimmen. Bleibt es ein allgemeines Lippenbekenntnis oder erwächst daraus eine Art Selbstverpflichtung? „Es geht darum, freiwillig mitzumachen und sich nicht gegen jeden Antrag zu stemmen“, sagt Max Niedermeier, Integrationsbeauftragter des Landkreises, der an der Besprechung in Valley teilnahm, „wir müssen zusammenhalten“.
Löwis verwies darauf, dass Holzkirchen und Warngau mit den großen Unterkünften im Moarhölzl (218 Plätze) und im Gewerbegebiet Birkerfeld (500 Plätze) demnächst die Hauptlast tragen. „Bauliche Nachwehen“, so Löwis, verhindern noch die Vollbelegung des Containerdorfs im Moarhölzl. Die Schließanlagen etwa funktionieren nicht. Immerhin konnte das Landratsamt dort vorübergehend die 42 Geflüchteten einquartieren, nachdem die Pacht für die bestehende Anlage in Kreuzstraße (Gemeinde Valley) auslief. „Wir schauen aktuell, ob wir Ersatz im Gemeindegebiet finden“, sagte Schäfer.
Das große Quartier im Warngauer Gewerbegebiet soll Ende 2024 bezugsfertig sein. Vorzugsweise ziehen dorthin die 185 Asylbewerber um, die derzeit in der Turnhalle des Tegernseer Gymnasiums einquartiert sind. 218 Menschen leben zudem in der Turnhalle des Gymnasiums Miesbach.
Die Halle der Miesbacher Berufsschule, derzeit belegt mit 132 Flüchtlingen, dient als Erstaufnahme- und Registrierungsstation im Landkreis. Diese würde Löwis gern in das ehemalige Impfzentrum nach Hausham verlegen, wo es das Angebot des Grundstücksbesitzers gebe. Die Gemeinde Hausham blockiert mit einer Veränderungssperre und klagt jetzt sogar. „Die Klage dürfte aber keine aufschiebende Wirkung haben“, glaubt Löwis, der hofft, dort bald 40 bis 45 Personen unterbringen zu können. Mit solchen Protesten Signale an die große Politik senden zu wollen, das funktioniere nicht. „Und wir können auch nicht alle teuren Extra-Wünsche etwa zum Lärmschutz erfüllen, weil das der Staat nicht bezahlt.“
Die Solidarität der Gemeinden wird spätestens 2027 nötig sein, wenn die Unterkunft in Warngau wieder abgebaut wird und 500 Plätze wegfallen. „Es gibt Hoffnung, bis dahin viele kleinere Quartiere einzurichten“, sagte der Landrat. Aktuell betreut die Behörde etwa 40 Unterkünfte, belegt mit 1067 Asylbewerbern und 1158 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. „Für zwei Dutzend neue Unterkünfte führen wir derzeit Gespräche“, erklärte Löwis, der klarstellte, „dass eine nochmalige Belegung von Turnhallen aus meiner Sicht völlig ausgeschlossen ist“.
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Demnächst wird im Landkreis ein Bus mit neuen Ukrainern erwartet. Insgesamt aber kommen in Deutschland derzeit etwa 20 Prozent weniger Geflüchtete an als noch im Vorjahr. „Das kann an den strengeren Einreisekontrollen während der EM liegen oder an der Einführung der Bezahlkarte“, mutmaßt Landrat Löwis.
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