Bahnausbau in 21 Ordnern: Wörth fürchtet eine „massive Belastung“
Die Gemeinde Wörth fürchtet eine „massive Belastung“ durch den Ausbau der Bahnstrecke München–Mühldorf–Freilassing. Bürger können die Unterlagen dazu im Rathaus einsehen - und Einwendungen formulieren.
Wörth – Zugriff auf Privatgrundstücke und eine „massive Belastung“ für die Gemeinde befürchtet Bürgermeister Thomas Gneißl (ÜPWG) durch den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke München–Mühldorf–Freilassing. Das Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt 1.2 ist angelaufen. Die Pläne sind einen Monat lang öffentlich ausgelegt. „Wir empfehlen den Bürgerinnen und Bürgern dringend, sich mit den Unterlagen zu beschäftigen“, appelliert Gneißl (siehe Kasten).
Das Verfahren war zentraler Punkt in der Gemeinderatssitzung am Montag. Die Bahn greife auf Privatgrundstücke zu, um sie vorübergehend etwa zur Baustelleneinrichtung zu nutzen. Auch Grunderwerb „mit vermutlich dauerhaften Einschränkungen in Bewirtschaftung, Nutzung und Sicherung über Grunddienstbarkeiten“ sei geplant.
Der Bürgermeister weist darauf hin, dass nicht nur Flächen entlang der Bahntrasse, sondern auch „in zweiter Reihe“ betroffen seien. Die Gemeinde habe nicht abschließend in Erfahrung bringen können, „ob der Vorhabenträger alle Grundstückseigentümer kontaktiert hat“.
Der Schall- und Erschütterungsschutz sei für alle Bahnanlieger ein weiteres Schwerpunktthema. Wörth habe sich einen Rechtsbeistand zur Seite geholt. „Für Ostbayern und insbesondere die Anbindung des Chemiedreiecks mag der Ausbau ein Quantensprung sein. Für eine Durchfahrtsgemeinde wie wir es sind ist es eine in Teilen massive Belastung in vielerlei Hinsicht“, so Gneißl.
Das Straßenüberführungsbauwerk an der Rottmanner Straße lehnen Wörth und Walpertskirchen strikt ab, insbesondere, was die Übernahme der dauerhaften Verkehrssicherungs- und Instandhaltungslasten angeht (wir berichteten). Hauptargument für die zwingende Beseitigung der schienengleichen Kreuzungspunkte sei die geplante Durchfahrtsgeschwindigkeit der Züge von 200 km/h. Damit werde das monumentale Überführungsbauwerk als Ersatz für den Bahnkreuzungspunkt Rottmanner Straße gerechtfertigt, sagt Gneißl und wundert sich: „Im Planungsabschnitt 3 wird hingegen mit maximal 160 km/h geplant, sodass dort schienengleiche Bahnkreuzungspunkte ausdrücklich bestehen bleiben können. Damit könnte der bestehende Bahnkreuzungspunkt auch bei uns bleiben.“
Sorge bereitet der Gemeinde zudem die Sicherheit des Trinkwasserschutzgebiets, für das derzeit ein Wasserrechtsverfahren laufe, um es neu festzusetzen. Bei Unterschwillach grenzt die Bahnstrecke direkt an die Schutzzone. Laut dem Prüfungsbericht zur Umweltverträglichkeit werden durch dort anzulegende Versickerungs- beziehungsweise Regenrückhaltebecken „die Belange der Trinkwassergewinnung unmittelbar betroffen sein“.
Zudem werde auf der Strecke in Zukunft durch die bessere Anbindung des Chemiedreiecks „ein gewichtiges Mehr an Güterbewegungen“ stattfinden. „Die Gemeinde Wörth geht davon aus, dass auch Gefahrstoffe transportiert werden, und stellt die Frage, wie im Falle einer Havarie der Trinkwasserschutz sichergestellt wird.“
Es sollen viele Rückhaltebecken angelegt werden, „die in die in der Unterhaltungszuständigkeit der Gemeinde liegenden Gräben entwässern“, sagt Gneißl weiter: „Durch die Entwässerung der Bahnanlagen befürchten wir negative Auswirkungen auf die Oberflächenentwässerung.“
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Unabhängig vom beabsichtigten barrierefreien Neubau des Hörlkofener Haltepunkts sollen als Interimslösung zwei nicht barrierefreie Außenbahnsteige gebaut werden, wenn ein elektronisches Stellwerk errichtet wird. Es sei davon auszugehen, dass diese Übergangslösung mehrere Jahre bestehen bleibe. Schlimmstenfalls würden gehandicapte Personen während dieser Zeit ausgeschlossen, befürchtet Gneißl.
Als „absolutes No-Go“ bezeichnet er „die angedachten engräumigen Umfahrungspläne“. Ein Teil der Wege sei nicht befestigt, nicht ausreichend breit und deshalb nicht nutzbar. Die Gemeinde habe mit erheblich mehr Zugbewegungen mit einem Durchfahrtstempo von bis zu 200 km/h zu rechnen: 300 statt derzeit etwa 70 Züge. Gemeindegebiete würden mit Lärmschutzwänden durchschnitten, Anbindung und Reisezeiten sich verschlechtern, und der betriebliche Bahnhof vor Hörlkofen sei eine „Zusatzbelastung“.
Unterlagern ausgelegt bis zum 9. Juli 2024
Die Kommunikation und den Bürgerdialog der Bahn bewertet die Gemeinde Wörth als „unbefriedigend“. Für viele Betroffene sei das Vorgehen „absolut überfordernd“ kritisiert Gemeindechef Thomas Gneißl. Vier Wochen, noch bis zum 9. Juli, läuft die öffentliche Auslegung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für den Abschnitt 1.2 mit den Gemeinden Wörth, Ottenhofen, Pastetten und einem Teilbereich von Walpertskirchen. Die 21 Ordner sind im Rathaus der Verwaltungsgemeinschaft ausgelegt.
Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis einschließlich 9. August Einwendungen erheben. Diese sind schriftlich an das Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle München, Arnulfstraße 9/11, 80335 München oder per E-Mail an Sb1-mue-nrb@eba.bund.de zu richten.
Die Unterlagen werden von der Bahn nur auf der Internetseite des Eisenbahn-Bundesamts, www.eba.bund.de/anhoerung, einen Monat lang in elektronischer Form zur allgemeinen Einsichtnahme zugänglich gemacht. Während des Auslegungszeitraums besteht die Möglichkeit, eine leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeit zu erhalten.
Nach vorheriger Terminvereinbarung sei die Einsichtnahme in die Planunterlagen in Papierform in den Räumen der Außenstelle München des Eisenbahn-Bundesamts zu den üblichen Geschäftszeiten möglich. Oder aber man blättert nach vorheriger Terminvereinbarung in den 21 Aktenordnern in der VG Hörlkofen. vev