Abwehr von Atom-Angriffen durch Russland und China – Trump liebäugelt mit uraltem „Star-Wars“-Programm

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Angstgetrieben: US-Politikberater sehen bereits den kommenden Atomkrieg heraufziehen und wollen sich wappnen – mit einer mehr als 40 Jahre alten Idee. Der kommende US-Präsident Donald Trump will Ronald Reagans „Star Wars“-Programm wieder beleben; beispielsweise gegen russische Interkontinentalraketen vom Typ Jars – hier während einer Parade auf dem Roten Platz in Moskau (Archivfoto). © Alexander Nemenov / AFP

Trump will bauen, was vorher technisch unmöglich war: die Raketenabwehr im Weltall. Er fürchtet eine angriffslustige russisch-asiatische Atom-Allianz.

Washington D.C. – „Ronald Reagan wollte es schon vor vielen, vielen Jahren tun, aber ihm fehlte die Technologie. Aber jetzt haben wir sie, man kann damit eine Nadel aus dem Himmel schlagen“, sagt Donald Trump. Das Magazin Newsweek zitiert den künftigen Präsidenten bezüglich seines Vorhabens, einen Raketen-Abwehr-Schirm über den USA aufzuspannen; ähnlich dem „Iron Dome“ über Israel. Trump reanimiert damit eine Idee aus den 1980er-Jahren, mit der der damalige republikanische Präsident Ronald Reagan krachend gescheitert war.

Die Notwendigkeit dieses ambitionierten Vorhabens sehen republikanische Politiker offenbar in den verstärkten Aktivitäten des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un im Zuge des Ukraine-Krieges. Analysten vermuten, dass er sich die Bereitstellung von Soldaten und Waffen mit Hochtechnologie für den Ausbau der atomaren Bewaffnung bezahlen lassen könnte. Laut Newsweek wechseln die USA jetzt von einer eher reaktiven Strategie zu einer verstärkten Abschreckung; offenbar will Trump die Drohgebärden Kims im Keim ersticken – auch durch die Militarisierung des Weltraums.

Angst vor Russland, Nordkorea, China: Trump nimmt erneuten Anlauf zur „Strategic Defense Initiative“

Das setzt dort an, wo Reagan mit seiner „Strategic Defense Initiative“ den damaligen Ostblock brüskiert hatte: Der 40. Präsident der Vereinigten Staaten wollte über den USA einen Raketenabwehr-Schirm im Weltraum aufspannen, was unter dem Begriff „Star Wars“ populär wurde – ein ambitioniertes Projekt, das Reagan 1983 zur Verteidigung der amerikanischen Nation angestoßen hatte. Laserkanonen und im Orbit stationierte Raketen sollten künftige Kriege in den Weltraum verlagern und Russland seine atomaren Zähne am Boden ziehen. Die Vision der Amerikaner: Eine Schlacht des Materials ohne Opfer auf der Erde. Schon nach wenigen Jahren war allerdings klar, dass ein solcher Schutzschild nicht bezahlbar und noch nicht einmal technisch machbar war. Jetzt nimmt Donald Trump also einen erneuten Anlauf auf genau dieses Ziel und setzt damit erklärtermaßen seinen US-amerikanischen Ego-Trip fort.

„Wenn man einmal damit anfängt, Systeme in den Weltraum zu bringen, hört man nie wieder damit auf. Dann bringen die Russen Systeme in den Weltraum, dann bringt China Systeme in den Weltraum, dann verbessern China und Russland ihre Fähigkeit, unsere weltraumgestützten Anlagen zu zerstören; also müssen wir bessere Mittel haben, um ihre Weltraum-Waffen zu zerstören.“

„Zuerst werden wir das Heimatland verteidigen“, zitiert Robert Soofer in einem Beitrag für den US-Thinktank Atlantic Council von der ersten Seite der nationalen Verteidigungsstrategie der Vereinigten Staaten (NDS) von 2022. Soofer war in der vorherigen Trump-Regierung als stellvertretender Verteidigungsminister für Atom- und Raketenabwehr zuständig und sieht jetzt offenbar die Zeit für seine Ideen gekommen. In einem Regierungspapier, aus dem Newsweek zitiert, beharrt Soofer darauf, dass die USA langfristig nur unzureichend geschützt seien gegen einen Angriff mit Langstreckenraketen aus Russland, China oder Nordkorea – ihm zufolge sei die Gefahr „real und wächst“, wie das Magazin schreibt.

Laut Newsweek-Autorin Ellie Cook biete Soofer „einen möglichen Plan für den designierten Präsidenten Donald Trump, um die amerikanische Version des gerühmten israelischen Iron-Dome-Systems zusammenzusetzen“. Allerdings scheint die Idee unausgegoren, weil die Fläche der USA gegenüber Israel einfach zu groß ist, um einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten. Dennoch hält Soofer es für blauäugig, die Stärke der USA einzig und allein auf die Androhung von Vergeltungsschlägen zu bauen in der Hoffnung, dass sich Nordkorea, China oder Russland davon beeindrucken ließen. Zu diesem Schluss kommt er wohl auch mit Blick auf die anderen Atommächte.

Neue Atomdoktrin Putins: „Russland normalisiert einen gefährlichen Atomdiskurs“

„Russland normalisiert einen gefährlichen Atomdiskurs“, schreibt Heather Williams. Andere Analysten kritisieren schärfer, was den Ukraine-Krieg an rhetorischem Kanonendonner seit Monaten orchestriert: „Putin verstrickt sich in seinen eigenen roten Linien“, urteilt Peter Dickinson vom Thinktank Atlantic Council. Allerdings vermuten Wissenschaft und Militärs, dass der russische Diktator lediglich blufft. Einen handfesten Beleg für nimmermüde Drohgebärden hat der Thinktank Center for Strategic and International Studies (CSIS) vorgelegt: eine Datenbank mit öffentlichen Ankündigungen des nuklearen Armageddons.

Die Analystin Williams verweist auf eine Studie des CSIS von Anfang 2024, nach der russische Politiker in mehr als 200 Fällen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine auf den Einsatz von Atomwaffen verwiesen hätten. Mit der Eskalation des Konflikts in der Ukraine hätten auch die Drohungen an Schärfe gewonnen. Zuletzt hatte Wladimir Putin auch noch seine Atomdoktrin überarbeitet – bereits die Partnerschaft eines russischen Gegners mit einer nuklearen Macht reiche demnach, um einen atomaren Erstschlag zu rechtfertigen.

Befürchtung in den USA: ein gemeinsamer nuklearer Erstschlag von China und Russland

Soofer sieht also Entschlossenheit geboten – in zweierlei Hinsicht. Der Professor an der Georgetown University sieht die USA einerseits bedroht durch den Angriff eines singulären Gegners, andererseits aber auch durch „einen gemeinsamen oder nahezu aufeinanderfolgenden entwaffnenden nuklearen Erstschlag Chinas und Russlands“, wie ihn Newsweek zitiert. „Angesichts des Ausbaus seiner Atomstreitkräfte durch China müssen sich Verteidigungsstrategen fragen, ob die US-Atomstreitkräfte ausreichen, um zwei Großmächte – möglicherweise gleichzeitig – unter allen Umständen abzuschrecken“, so Soofer.

Seine Idee sieht ein Anschub-Investment von drei Milliarden sowie jährlich bis zu fünf Milliarden Dollar für die Raketenabwehrbehörde zum Kauf von weltraumgestützten Abfangraketen sowie „directed-energy weapons“, also Laser-Kanonen vor. Wenn der Republikaner Donald Trump am 20. Januar ins Oval Office zurückkehrt, „ist die Welt ein gefährlicherer Ort als während seiner ersten Amtszeit“, schreibt Newsweek und lässt offen, wie das gemeint ist, auch Ronald Reagan zündete mit seinem SDI-Projekt den Rüstungs-Turbo.

„Zwei Wochen vor der Star-Wars-Rede hatte Reagan bei einer Ansprache vor konservativen Christen die Sowjetunion als ‚Reich des Bösen‘ gegeißelt – als ‚Zentrum des Bösen in der modernen Welt‘. Im Programm der Republikaner, mit dem Reagan 1980 gewählt wurde, war zu lesen, die USA müssten massiv aufrüsten. Wegen der aggressiven Sowjetunion seien die Gefahren für die USA größer als jemals zuvor“, schreibt Konrad Ege im Freitag.

Kritik an Weltraumrüstung in den USA: „Wenn man einmal damit anfängt, hört man nie wieder damit auf.“

Angesichts der diplomatischen Zurückhaltung Chinas und der geschätzt begrenzten Fähigkeiten Nordkoreas sowie der vermutlich überschätzten Kapazitäten Russlands hält auch Soofer die USA für zunächst gut aufgestellt: Demnach verfügten die USA derzeit über 44 Ground-Based Interceptors (GBIs) über das gesamte Land verteilt – 40 in Silos in Alaska, weitere vier auf dem Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien, wie Newsweek berichtet. Bis 2028 wolle das Pentagon die 44 GBIs um 20 Next Generation Interceptors (NGI) erweitern. Ein GBI ist eine Abfangrakete, die aus einem Silo gestartet wird und die anfliegende Bedrohung in der Atmosphäre bekämpft. Die ergänzenden THAAD-Raketen (Terminal High Altitude Area Defense) werden von mobilen Werfern verschossen und wirken in geringeren Höhen.

Darüber hinaus schützen sich die USA mittels des Aegis-Waffensystems – einem zentralisierten, automatisierten Befehls- und Waffenkontrollsystem, ursprünglich entwickelt für die Marine. Seinen eigenen Äußerungen zufolge hat Trump den „Iron Dome“ zur Chefsache erklärt. „Ich werde unser Militär anweisen, mit dem Bau des großen Raketenabwehrschildes Iron Dome zu beginnen, der vollständig in den USA hergestellt wird, ein Großteil davon direkt hier in Arizona“, hatte der Republikaner kurz vor Weihnachten während einer Kundgebung in dem US-Bundestaat versprochen.

William Alberque sieht das kritisch. Den Analysten des Thinktanks Henry L. Stimson Center und ehemaligen Direktor des Nato-Zentrums für Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen zitiert Newsweek dahingehend, dass die Welt damit den unkontrollierten Rüstungswettlauf des Kalten Krieges wieder belebe. „Wenn man einmal damit anfängt, Systeme in den Weltraum zu bringen, hört man nie wieder damit auf“, sagte Alberque laut Newsweek. „Dann bringen die Russen Systeme in den Weltraum, dann bringt China Systeme in den Weltraum, dann verbessern China und Russland ihre Fähigkeit, unsere weltraumgestützten Anlagen zu zerstören; also müssen wir bessere Mittel haben, um ihre Weltraum-Waffen zu zerstören.“

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