Nordkoreaner in Putins Ukraine-Krieg: Warnung aus Kiews Armee trotz grausamer Bilanz

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Soldaten aus Nordkorea mischen seit wenigen Wochen im Ukraine-Krieg mit. Viele sollen tot oder verwundet sein, doch sie lassen die Gegenseite auch staunen.

Kursk – Sie kämpfen am anderen Ende eines Nachbarlandes für einen fremden Machthaber. Weil es sich bei diesem um einen wichtigen Verbündeten ihres Oberbefehlshabers handelt. Und zahlen dafür offenbar einen hohen Preis, in nicht wenigen Fällen mit ihrem Leben.

Seit Nordkorea-Soldaten von Staatsoberhaupt Kim Jong-un in den Ukraine-Krieg entsandt wurden, um an der Seite der Truppen von Kreml-Chef Wladimir Putin Blut zu vergießen, sollen sie schon immense Verluste zu beklagen haben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte bei einem Treffen der wichtigsten Unterstützer seines Landes auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein am 9. Januar die Zahl 4000.

Nordkorea-Soldaten im Ukraine-Krieg: Ein Drittel sollen tot oder verwundet sein

Wenige Tage später gab die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap an, mindestens 300 Nordkorea-Soldaten seien bereits in dem Krieg gefallen, weitere 2700 verwundet worden. Die Informationen hätte der Nachrichtendienst NIS während einer nichtöffentlichen Sitzung des parlamentarischen Geheimdienstausschusses laut dem Abgeordneten Lee Seong-kweun mit den Gesetzgebern geteilt.

Derweil äußerte sich auch Oberst Ants Kiviselg zu den Verlusten unter Nordkoreas Soldaten. Der Leiter des Geheimdienstzentrums der estnischen Streitkräfte sagte laut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender ERR auf einer Pressekonferenz des Verteidigungsministeriums: „Die Situation in Kursk wird auch durch die Behauptungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj veranschaulicht, wonach ein Drittel des 12.000 Mann starken nordkoreanischen Kontingents, das in die Oblast Kursk geschickt wurde – bis zu 3800 Mann – bereits getötet oder verwundet wurde, ohne dass Russland einen militärischen Erfolg erreicht hat.“

In der vor einigen Monaten von ukrainischen Streitkräften eroberten russischen Grenzregion soll Putin seit einigen Wochen auf die Hilfe aus Fernost bauen. Doch Kiews Einheiten starteten in Kursk Anfang des Jahres einen erneuten Vorstoß. Dabei wurden nach Angaben der Armee gerade erst 27 russische Soldaten gefangen genommen.

Kriegsgefangene: Diese beiden nordkoreanischen Soldaten wurden von den ukrainischen Streitkräften aufgegriffen. © Twitter/@ZelenskyyUa

Verluste unter Nordkoreas Soldaten: Selenskyj macht erste Gefangennahmen bekannt

Einige Tage zuvor hatte Selenskyj mitgeteilt, dass seinen Truppen zwei verletzte Nordkoreaner in die Hände gefallen seien. Auch Aufnahmen von den beiden Männern – einer mit verbundenen Händen, der andere mit einem Verband um den Kopf – verbreitete er auf dem Twitter-Nachfolger X.

Zudem zeigte er sich überzeugt, dass weitere Gefangennahmen von Kims Landsleuten folgen werden: „Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe unsere Truppen weitere ergreifen.“ Die beiden Nordkoreaner würden befragt werden, um mehr über ihren Einsatz im Namen Putins zu erfahren. Journalisten sollen Zugang zu ihnen erhalten, denn: „Die Welt muss die Wahrheit darüber erfahren, was passiert.“

Zugleich erwähnte Selenskyj auch, wie schwierig es sei, nordkoreanische Soldaten zu fassen. „Russische Streitkräfte und nordkoreanisches Militärpersonal exekutieren normalerweise ihre Verwundeten, um jegliche Beweise für Nordkoreas Beteiligung am Krieg gegen die Ukraine auszulöschen“, betonte der 46-Jährige.

Tote und Verwundete unter Nordkorea-Soldaten: „Stürmen über die Leichen hinweg“

Wolodymyr Demtschenko, ein ukrainischer Filmemacher und Soldat, gab auf X ebenfalls zu bedenken, dass die nordkoreanische Soldaten „total abgehärtete Typen“ seien, die „im Falle einer Verwundung einem Muster folgen: zieh den Stift, halte dir die Granate an den Kopf und gute Nacht“. Ihr Leben ist folglich weniger Wert als die Geheimhaltung der Mission.

Wer nicht dazu fähig sei, sich auf diese Weise vom Leben zu verabschieden, werde „von den eigenen Kräften beseitigt. 100 Prozent. Sie kümmern sich nicht um die Verwundeten und Toten – sie stürmen einfach voran und steigen über die Leichen ihrer Kameraden hinweg“.

Er erwähnt allerdings auch, dass die nordkoreanischen Soldaten gut trainiert seien – insbesondere die Treffsicherheit hebt Demtschenko hervor. Zudem seien sie sehr widerstandsfähig. Drohnen würden ausgeschaltet, indem sich ein Nordkoreaner als Köder hergebe und zwei seiner Kameraden das Objekt ins Visier nehmen würden.

Kim Jong-un steht vor Soldaten und grüßt
Der Machthaber und seine Truppe: Diese nichtdatierte Aufnahme soll Kim Jong-un während einer Übung im Kreis seiner Soldaten zeigen. © AFP PHOTO/KCNA VIA KNS

Nordkoreas Verluste im Ukraine-Krieg: „Ihr Leben der Zerstörung des Westens gewidmet“

Es sei unklar, wie groß die Verluste unter den Soldaten aus Nordkorea seien. Ebenso, inwiefern sie Verstärkung erhalten. „Aber sie haben ihr ganzes Leben einer Sache gewidmet: den Westen zu zerstören! Veteranen dieses Krieges werden bald nach Hause zurückkehren, um ihre gesammelten Erfahrungen weiterzugeben“, warnt Demtschenko.

Seiner Meinung nach würden die Nato-Ausbilder den ukrainischen Rekruten unrealistische Kampfstrategien beibringen. Vielmehr sei es an der Zeit, dass die Ukrainer ihre Erfahrungen aus dem Krieg gegen Russland und Kims Soldaten mit den Verbündeten der Nato teilen.

„Hört auf, jenen Experten zuzuhören, die euch mit ‚guten‘ Nachrichten trösten“, schreibt er: „Vor Monaten haben sie gesagt: Koreaner würden in der ersten Woche zerstört werden, weil sie nicht wissen, wie man kämpft. Sie wissen das! Und es gibt Millionen von ihnen. Leider sind wir diejenigen, die nicht wissen, wie moderne Kriegsführung funktioniert.“

Seine Botschaft ist unmissverständlich: Auch wenn die Nordkoreaner offenbar bereits einen heftigen Blutzoll zu beklagen haben, sollte sie niemand unterschätzen. Sie haben ihre Rolle im Ukraine-Krieg augenscheinlich gefunden. Womöglich genau jene, die Putin ihnen zugedacht hat. (mg)

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