Baerbock denkt wohl nicht ans Aufgeben – offenbar neuer Anlauf für Kanzlerkandidatur

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Annalena Baerbock kandidierte vor drei Jahren als mögliche Grünen-Kanzlerin – bei der nächsten Kanzlerkandidatur soll Robert Habeck den Vortritt bekommen. Oder doch nicht? © IMAGO (2) / Bildgehege / Emmanuele Contini

Bereits jetzt stellen sich die Grünen hinter den Kulissen für die nächste Bundestagswahl auf – Außenministerin Annalena Baerbock will dabei offenbar nicht auf ihre Machtoption verzichten.

Berlin – Als die Grünen in den 80ern ihre ersten Gehversuche im Bundestag unternahmen, sorgten sie mit der Rotation ihrer Bundestagsmitglieder bundesweit für Aufsehen. So passierte es etwa, dass sogar Joschka Fischer 1985 nach nur zwei Jahren wieder aus dem Bundestag ausschied. Heute, knapp 40 Jahre später, haben die Grünen ihre parlamentarischen Abläufe längst an die Gepflogenheiten anderer Parteien angepasst.

Die Geschlechter-Parität aus dieser Zeit versuchen sie aber noch immer aufrechtzuerhalten – am liebsten würden sie wohl auch den Posten des Bundeskanzlers mit einem Duo besetzen. 2021 gipfelte dieser Ansatz jedoch für Robert Habeck im „schmerzhaftesten Tag seiner politischen Laufbahn“, als er seiner Mitbewerberin Annalena Baerbock den Vortritt für die Kanzlerkandidatur lassen musste. Wiederholt sich das Drama nun erneut?

Kein Vortritt für Habeck: Baerbock will sich wohl Machtoption offen halten – „ausgezeichneter Job“

Eigentlich schien die Sache klar: Nach der versemmelten Bundestagswahl 2021, bei der die Grünen mit ihrer weiblichen Spitzenkandidatin für die Partei enttäuschende 14,7 Prozent holten, sollte nun Robert Habeck antreten. In seiner Funktion als aktueller Vize-Kanzler übt er bereits fleißig, seine staatstragenden Auftritte gelten bereits als inoffizielle Bewerbung für die Spitzenkandidatur. Mit seiner Rede zum Krieg in Israel etwa hatte Habeck offenbar den richtigen Ton zur richtigen Zeit gefunden. „Der Satz ‚Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson‘ war nie eine Leerformel und er darf auch keine werden“, sagte Habeck vergangenes Jahr unter anderem in der knapp zehnminütigen Rede. 

Doch auch Annalena Baerbock sammelt Punkte als Außenministerin. Zuletzt verurteilte Baerbock bei ihrem Fidschi-Besuch erneut Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine und warf ihm eine Kriegsführung „auf allen Ebenen“ vor. Und so laufen die beiden Alphatiere der Grünen auf einen erneuten Machtkampf zu – genau wie in der Union, wo Friedrich Merz und Markus Söder die K-Frage ausfechten. Hinter den Kulissen brodelt es. Das Handelsblatt berichtet nun, dass Baerbock gar nicht daran denke, Habecks Nominierung als gegeben hinzunehmen. Das Blatt beruft sich dabei auf Grünen-Kreise.

Vordergründig zerstreut die Partei dabei jeden Zweifel an Uneinigkeit. „Annalena Baerbock macht gerade einen ausgezeichneten Job. Genauso wie Robert Habeck“, sagte kürzlich etwa Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Es ist doch hervorragend, dass wir mit den beiden zwei Personen haben, die ins Kanzleramt einziehen könnten.“ Angesichts der aktuellen Umfragen entbehrt diese Aussage nicht einer gewissen Ironie – bei 12 bis 15 Prozent hätten die Grünen kaum eine Chance, dieses Amt zu besetzen. Beobachter wie Nikolaus Blome raten den Grünen im Spiegel bereits, auf einen Kanzlerkandidaten zu verzichten.

Dämpfer für möglichen Kanzlerkandidaten der Grünen: Wiederholt sich Habecks „schmerzhafter Tag“?

Dass Habeck ausgemachter Favorit ist, sehen auch die Bürger des Landes nicht als gegeben an. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey geben 69 Prozent der Befragten an, dass sie noch nicht von der Kanzlerfähigkeit von Robert Habeck überzeugt seien. Auf der anderen Seite geben 25 Prozent der Befragten an, sie würden eine Kanzlerkandidatur des 54-Jährigen unterstützten. Fünf Prozent zeigen sich noch unentschlossen.

In der Umfrage wurden zwischen dem 18. und 22. April 2024 genau 5070 volljährige Personen gefragt, ob sie Robert Habeck für einen geeigneten Kanzlerkandidaten der Grünen halten. Als Antworten konnte „Ja, auf jeden Fall“, „Eher ja“, „Unentschieden“, „Eher nein“ und „Nein, auf keinen Fall“ angegeben werden. Gefragt nach seinen eigenen Ambitionen wiegelte Habeck kürzlich ab und verdeutlichte, dass er aktuell darüber keine Debatte führen möchte. „Ich bin zufrieden mit dem Job, den ich habe.“

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