Nach Corona-Impfungen: Unterallgäuerin fordert Schadensersatz vom Freistaat

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Wurde die Klägerin vor den Impfungen hinreichend aufgeklärt? Mit dieser Frage befasst sich das Memminger Landgericht. © PantherMedia/Andriy Popov

Eine 44-jährige Frau aus dem Unterallgäu leidet nach ihrer Corona-Schutzimpfung unter gesundheitlichen Problemen und klagt vor dem Landgericht Memmingen gegen den Freistaat Bayern. Der zentrale Streitpunkt: Wurde sie vor der Impfung ausreichend über mögliche Risiken aufgeklärt?

Unterallgäu – Lange Zeit war die Corona-Schutzimpfung ein beherrschendes Thema in den weltweiten Schlagzeilen. Mit ihr war auch die Hoffnung verbunden, das gesellschaftliche Leben wieder hochfahren und den Alltag unbeschwerter gestalten zu können. Von einem unbeschwerten Alltag scheint eine 44-jährige Unterallgäuerin – Jahre nach der Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen – jedoch weit entfernt zu sein.

Post-Vac-Syndrom: Unterallgäuerin klagt gegen Freistaat Bayern

Wie ihr Anwalt Christoph Klaus Hamann auf Nachfrage erklärt, liegen bei seiner Mandantin seit der Corona-Schutzimpfung Lumbalgien (starke Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule Anm. d. Red.) sowie eine starke Abgeschlagenheit im Sinne des Post-Vac-Syndroms vor. Zudem sei eine Arbeitsfähigkeit derzeit nicht gegeben. „Meine Mandantin ist daher auf die Leistungen der Sozialversicherungsträger angewiesen“, so Hamann.

Bei der Verhandlung am Memminger Landgericht, die vor Kurzem stattfand, ging es insbesondere – neben der Befragung des Sachverständigen – um die Klärung, ob eine inhaltlich hinreichende Aufklärung der Klägerin vor den Impfungen stattgefunden hat. In der Klage gegen den Freistaat Bayern wird angegeben, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung im konkreten Fall der Klägerin vor der Impfung nicht erfolgt sei. Sie sei „im Rahmen einer Massenabfertigung“ im Impfzentrum mündlich aufgeklärt worden. Das Ziel sei gewesen, die Impflinge möglichst schnell durchzuschleusen.

Die Klägerin habe nicht genügend Zeit gehabt, die Merkblätter zu Risiken und Nebenwirkungen zu lesen, denen eine mündliche Aufklärung folgen sollte. „Wären der Klägerin in einem mündlichen Aufklärungsgespräch die Vor- und Nachteile, insbesondere aber auch die Risiken der Impfung geschildert worden, so wären ihr erhebliche Zweifel gekommen, ob sie die Impfungen durchführen lassen soll“, heißt es in der Klage.

AstraZeneca und Biontech

Erstmals geimpft wurde die Unterallgäuerin am 6. März 2021 im Impfzentrum Kaufbeuren mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca. Dort erfolgte auch die zweite Impfung am 29. Mai mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech. Die dritte Impfung wurde am 30. Dezember 2021, ebenfalls mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech, im Impfzentrum Bad Wörishofen vorgenommen. Die beiden ersten Impfungen wurden über den Kindergarten organisiert, bei dem die Unterallgäuerin zu diesem Zeitpunkt tätig war.

An der Verhandlung in Memmingen – deren Gegenstandswert bei circa 210.000 Euro liegt –nahmen neben der Unterallgäuerin und ihrem Rechtsanwalt ein Mitarbeiter der Stadt Kaufbeuren sowie die Rechtsanwälte der Beklagten teil. Der Sachverständige Prof. Dr. Winfried Kern, Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie der Uniklinik Freiburg, skizzierte das Vorgehen bei der Zulassung von Impfstoffen.

Gegebenenfalls Berufung

Nach einer Richtung bezüglich der Entscheidung des Gerichts gefragt, erläutert Hamann, dass das Gericht am Ende der Sitzung keine Tendenz erkennen ließ. Sollte jedoch beim Verkündungstermin ein klageabweisendes Urteil bekannt gegeben werden, „ist es wahrscheinlich, dass wir hiergegen in Berufung gehen werden.“ Dies erfolge deshalb, da die Sache noch nicht entscheidungsreif sei. „Hierzu hätten zuvor die Ärzte angehört werden müssen, die an den Tagen, an denen die Klägerin geimpft wurde, für die mündlichen Aufklärungen zuständig waren. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein unterschriebener Aufklärungsbogen zunächst nur ein Beweis dafür, dass eine Aufklärung stattgefunden hat, jedoch nicht dafür, ob die Aufklärung auch mündlich und inhaltlich ausreichend stattfand“, erklärt der Rechtsanwalt, der weitere Mandantinnen und Mandanten in Impfschadensangelegenheiten vertritt.

Diese Frage sei durch „Einvernahme der aufklärenden Ärzte“ als Zeugen zu beantworten. Gehe das Gericht „allein aufgrund des Vorliegens eines unterschriebenen Aufklärungsbogens“ von einer ordnungsgemäßen Aufklärung aus und erlasse daraufhin ein klageabweisendes Urteil, „leidet das Urteil an einem Verfahrensfehler und ist deshalb aufzuheben“, verdeutlicht Hamann.

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses war noch kein Urteil bekannt. Mit einer Bekanntgabe wird noch diese Woche gerechnet.

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