Planungen im Allgäu: Wo sollen neue Windräder stehen?

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Der Regionale Planungsverband hat zuletzt mehrere Vorranggebiete für Windräder im Allgäu identifiziert. (Symbolfoto) © Hartleitner

Seit dem Inkrafttreten des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) am 1. Juli 2023 ist Bayern verpflichtet, bis Ende 2027 mindestens 1,1 Prozent und bis Ende 2032 mindestens 1,8 Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung auszuweisen. Für die Landkreise Lindau, Oberallgäu und Ostallgäu sowie die kreisfreien Städte Kaufbeuren und Kempten setzt der Regionale Planungsverband (RPV) Allgäu diese gesetzlichen Vorgaben um. Kürzlich legte er einen neuen Entwurf mit möglichen Vorranggebieten vor.

Allgäu – Zur Identifikation geeigneter Flächen wurden ausschließlich Gebiete mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von mindestens 4,5 Metern pro Sekunde in 160 Meter Höhe berücksichtigt, die Standortgüte muss zudem mindestens 50 Prozent betragen. Letztere gibt an, wie ertragreich eine Windkraftanlage hinsichtlich der Stromgewinnung im Vergleich mit einer Referenzanlage ist. An Küstenstandorten in Norddeutschland liegt diese größtenteils bei über 90 Prozent. Im Energie-Atlas Bayern sind sowohl Windhöffigkeit als auch Standortgüte für die Region einsehbar.

Auswahlkriterien

Darüber hinaus gibt es aber auch andere Kriterien, die den Planungen zugrunde liegen. Irene Marquart, Geschäftsführerin des RPV Allgäu, erklärt einige davon gegenüber unserer Zeitung und verweist auf den umfangreichen Kriterienkatalog. Dieser unterscheidet siedlungsstrukturelle und infrastrukturelle Kriterien, Kriterien des Wasserschutzes, Bodenschätze sowie Natur- und landschaftsschutzfachliche Kriterien.

Diese Kriterien regeln unter anderem den Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohngebieten (800 Meter) sowie zu Weilern und Höfen (600 Meter). Diese Abstände gelten als schalltechnisch unproblematisch. Der Mindestabstand wird aber in jedem Einzelfall im Genehmigungsverfahren nochmals geprüft. Keine Windräder dürfen in Wasserschutzgebieten und in der unmittelbaren Nähe von Autobahnen, Bundesstraßen und Bahntrassen gebaut werden. Diese Kriterien wurden auch im Austausch mit rund 250 Interessenvertretern entwickelt, etwa aus dem Tourismus, der Land- und Forstwirtschaft sowie von Kiesabbauunternehmen.

Dass die identifizierten Flächen „sogar insgesamt 2,3 Prozent unserer Region ausmachen“, kritisierte zuletzt die Initiative Landschaftsschutz Kempter Wald & Allgäu e. V. (ILKA). Marquart betont aber, dass sich die Planungen noch im Entwurfsstadium befänden. Um die Zielvorgaben erfüllen zu können, habe man erst einmal alle infrage kommenden Gebiete miteinbezogen und nur solche ausgeschlossen, die definitiv ungeeignet sind, wie etwa Naturschutzgebiete. Im laufenden Verfahren sollen nach einer abschließenden Bewertung noch weitere Flächen ausgeschlossen werden. Dort aber, wo aktuell keine Vorranggebiete im Entwurf vorgesehen sind, werde es voraussichtlich keine weiteren Vorranggebiete geben, so Marquart.

Die bisher identifizierten Flächen haben eine Größe von mindestens acht bis zehn Hektar. Kleinere Flächen könnten die Gemeinden noch über die Bauleitplanung festlegen. Dies sei unabhängig von der Regionalplanung möglich.

So hoch kann ein Windrad werden

Die aktuellen Planungen sehen Windkraftanlagen mit einer Höhe von 200 Metern vor. Nach Erfahrungen des RPV Allgäu, bemerkt Marquart, könnten aber auch Anlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 250 Metern beantragt werden.

60 Prozent der geplanten Windräder sollen in Waldgebieten entstehen. Die ILKA kritisiert deshalb, dass pro Windrad 0,89 Hektar Wald gerodet werden müssten. Dies sei nur zum Teil richtig, sagt Marquart. Dauerhaft gerodet würden nur rund 0,5 Hektar (zum Vergleich: Ein Fußballfeld misst rund 0,7 Hektar). Die zusätzlich benötigte Fläche während der Bauphase würde im Anschluss wieder aufgeforstet.

Hotspot nördliches Ostallgäu

Die Übersichtskarte für ganze Allgäu zeigt, dass im Großraum Kaufbeuren und Marktoberdorf das Gros möglicher Vorrangflächen identifiziert wurde. An diesen Standorten herrschen die vergleichsweise besten Bedingungen im Planungsgebiet. Das südliche Ostallgäu, das Oberallgäu sowie die Region um Kempten weisen dagegen weniger geeignete Flächen auf. Ästhetische Aspekte wie etwa das Landschaftsbild spielten bei der Auswahl bisher eine untergeordnete Rolle, betont die RPV-Geschäftsführerin.

Bürgerinnen und Bürger haben bis 22. März Gelegenheit, zu den möglichen Vorranggebieten Stellung zu nehmen. Dem RPV Allgäu gehe es darum, möglichst konkrete Stellungnahmen zu den Gebieten zu bekommen, so Marquart. So könne beispielsweise darauf hingewiesen werden, dass bei den Planungen ein Gehöft übersehen wurde. Der bloße Vorbehalt gegen Windkraft im Allgemeinen genüge dagegen nicht.

Stellungnahmen sind zu richten an: Regionaler Planungsverband, Geschäftsstelle, Kaiser-Max-Straße 1, 87600 Kaufbeuren, oder per E-Mail an beteiligung.rpv.allgaeu@kaufbeuren.de. Der neue Planungsentwurf zur Windenergienutzung ist in den Landratsämtern Lindau, Oberallgäu und Ostallgäu sowie in Kaufbeuren und Kempten oder auch online öffentlich einsehbar.

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