Mord von 1981: Neue Spuren im Fall Sonja Hurler

  1. Startseite
  2. Bayern
  3. Augsburg & Schwaben
  4. Kreisbote Allgäu

Kommentare

Kripo ermittelt wieder im Mordfall Sonja Hurler. Dazu klärten am Freitag Oberstaatsanwältin Katrin Eger und Norbert Bernhard von der Kripo Kempten auf.
Die Kripo ermittelt wieder im Mordfall Sonja Hurler. Dazu klärten am Freitag Oberstaatsanwältin Katrin Eger und Norbert Bernhard von der Kripo Kempten auf. © Schöwe

Kempten – Vor 42 Jahren wurde die Schülerin Sonja Hurler in Kempten getötet, der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Ein Täter konnte nie identifiziert werden. Nun ist es gelungen, mutmaßlich tatrelevante DNA-Spuren zu sichern.

Es ist ein Verbrechen, das die Kemptener Polizei und die Einwohner der Stadt bis heute nicht loslässt: Der ungelöste Mord an der 13-jährigen Sonja Hurler im Jahr 1981. Die Gymnasiastin besuchte am 4. Juli mit ihrer Mutter das Stadtfest, doch im Verlauf des Abends geriet sie mit ihr in einer Gaststätte in einen Streit. Allein machte sich das Mädchen gegen 1.30 Uhr nachts auf den Weg zum Haus der Großmutter, das etwa eine Stunde Fußweg entfernt lag – doch dort kam sie nie an.

Zunächst wurde der Fall Sonja Hurler als Vermisstenfall behandelt. Erst drei Monate später fand ein Landwirtssohn ihre Leiche unter einem Heustadel im Kemptener Stadtteil Heiligkreuz.

Anwohner hörten Schreie

Die Ermittlungen der Beamten zeigten, dass die Schülerin in jener warmen Sommernacht vom 4. auf den 5. Juli starb und mutmaßlich Opfer eines Sexualverbrechens wurde. Eine genaue Todesursache konnte nicht festgestellt werden, das ließ der Zustand des Leichnams nicht zu. Ebenso ist bis heute ungeklärt, wer für den Tod des Mädchens verantwortlich ist.

Allerdings gibt es mehrere Zeugenaussagen, die teilweise kurz nach der Tat zu Protokoll gegeben wurden, stellenweise aber auch erst Jahrzehnte später. So hörte ein Anwohner, der am Rand des Stadtteil Thingers wohnte, in der Nacht Hilfeschreie und sah, wie ein Mädchen von einer vier- bis sechsköpfigen Gruppe Jugendlicher durch die Straßen gezogen wurde. Auch andere Zeugen vernahmen die Schreie – ihre Aussagen lassen darauf schließen, dass das Mädchen (die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Sonja Hurler gehandelt hat) durch den ganzen Ortsteil gezogen wurde.

Am Ende von Thingers sah eine weitere Augenzeugin die Gruppe der 14- bis 18-Jährigen, die ein Mädchen gegen ihren Willen mit sich führten. Sie verlor allerdings den Blickkontakt, als die Jugendlichen hinter einem Gebäudekomplex beim damaligen „Thingerstreff“, unmittelbar am Schwabelsberger Weiher, verschwanden. Laut Norbert Bernhard von der Kripo Kempten hörte die Zeugin „einen letzten markerschütternden Schrei, bevor es totenstill war“.

Führen DNA-Spuren zum Täter?

Im Laufe der letzten Jahrzehnte untersuchten die Kripo Kempten und die Staatsanwaltschaft immer wieder den „Cold Case“ von Sonja Hurler. Zuletzt gab es intensive Ermittlungen in den Jahren 2002/03, allerdings ohne einem Täter auf die Spur zu kommen. Das Blatt wendete sich im vergangenen Jahr: Dank neuester Untersuchungsmethoden gelang es den Ermittlern tatrelevante DNA-Spuren sicherzustellen.

Per Gerichtsbeschluss wird nun eine Reihentestung durchgeführt. Im Rahmen derer werden 200 bis 300 männliche Personen, die zum Tatzeitpunkt im jugendlichen Alter und im Stadtteil Thingers wohnhaft waren, angeschrieben und zur Abgabe einer Speichelprobe gebeten, wie Oberstaatsanwältin Katrin Eger auf der eigens angesetzten Pressekonferenz gab.

Mauer des Schweigens durchbrechen

Aber die Ermittlungsbeamten wollen sich nicht nur darauf verlassen. Wie Eger und Bernhard im Pressegespräch betonten, gehen sie davon aus, dass es auch heute noch Menschen geben muss, die etwas wissen und Angaben zu der Tatnacht machen können. „Wir möchten, dass diese Menschen sich einen Ruck geben und ihre Erkenntnisse mit uns teilen“, so Eger und ergänzt: „Mord verjährt nicht. Wir werden weiter jeden Stein umdrehen, um das Schicksal von Sonja Hurler aufzuklären.“

Bernhard erklärte weiterhin, dass die Ermittelnden davon ausgehen, dass der oder die Täter einen lokalen Bezug hatten und über Ortskenntnis verfügten, denn der Fundort der Leiche liegt sehr abgelegen, rund 500 Meter Luftlinie vom „Thingers Treff“ entfernt und war vermutlich nur Einheimischen bekannt. Zudem gab er an: „Wir können auch nicht ausschließen, ob nicht noch mehr Menschen an der Tat beteiligt waren als die vier bis sechs Jugendlichen, die die Augenzeugen gesehen haben.“ Und Eger ergänzte, dass heutzutage keiner Angst haben müsse, strafrechtlich verfolgt zu werden, weil er damals keine Angaben gemacht hat, denn der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung sei verjährt.

Deswegen bitten die Kripo Kempten und Staatsanwaltschaft die Bevölkerung um Hilfe. Wer mögliche Hinweise auf den oder die Täter hat oder Angaben zur Tatnacht machen kann, der soll sich bei der Polizei Kempten unter Tel. 0831/9909-1991 melden.

Auch interessant

Kommentare