1,5 Milliarden Euro fließen monatlich nach Russland – bis zu diesem Datum ist Schluss

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Die EU will komplett auf russisches Gas verzichten und Putin den Geldhahn für seinen Krieg gegen die Ukraine zudrehen. Der Kreml gibt sich unbeeindruckt.

Moskau – Der Ukraine-Krieg dauert seit mehr als 1.300 Tagen. Mittlerweile läuft das 19. Sanktionspaket der EU gegen Russland. Dennoch fließt noch immer Geld aus Europa in die Staatskassen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Jeden Monat sind es 1,5 Milliarden Euro aus Ländern wie Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland, Belgien, der Slowakei oder Ungarn. Damit soll jetzt Schluss sein. Die EU will spätestens ab dem 1. November 2027 kein russisches Erdgas mehr über Pipelines importieren. Das haben Vertreter der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments beschlossen, wie es in einer Pressemitteilung heißt.

Europas Gaswende nimmt Fahrt auf: Ein historischer Beschluss soll Putins Einnahmen austrocknen – doch einige Staaten kämpfen weiter mit ihrer Abhängigkeit.
Europas Gaswende nimmt Fahrt auf: Ein historischer Beschluss soll Putins Einnahmen austrocknen – doch einige Staaten kämpfen weiter mit ihrer Abhängigkeit. ©  IMAGO / ITAR-TASS/Vasily Fedosenko

Doch keine Regel ohne Ausnahme: Für Länder ohne direkten Zugang zum Meer gibt es eine kurze Übergangsfrist von zwei Monaten. Auch der Import von russischem Flüssigerdgas (LNG) soll im Rahmen des 19. EU-Sanktionspakets ab Januar 2027 verboten sein. „Dies ist der Beginn einer neuen Ära, der Ära der vollständigen Energieunabhängigkeit Europas von Russland“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag (8. Dezember). Die EU habe die schlimmste Energiekrise seit Jahrzehnten überwunden.

13-Prozent-Marke zeigt Wandel, doch Ungarn und Slowakei klammern sich weiter an russisches Gas

Zu Beginn des russischen Angriffskriegs bezog Europa 45 Prozent seines Gases aus Russland. Im ersten Halbjahr dieses Jahres lag der Anteil nur noch bei 13 Prozent. Grund dafür ist vor allem der gestiegene Import von Flüssiggas aus den USA, Kanada, Australien und Qatar, erklärte Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur, am Mittwoch in Brüssel. Allerdings beziehen Ungarn und die Slowakei weiterhin Rohöl aus Russland und sind in hohem Maße von russischen Erdgaslieferungen abhängig. Wie der Plan für einen Ausstieg aus russischer Energie für diese beiden Länder aussehen soll, will die EU-Kommission im kommenden Jahr bekannt geben.

Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó kündigte bereits an, Ungarn und die Slowakei würden dagegen beim Europäischen Gerichtshof (EGH) klagen, sobald der finale Beschluss vorläge. Besonders der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán pflegt seit Jahren enge Beziehungen zu Kremlchef Putin und trat zuletzt innerhalb der EU immer wieder als Bremser auf. Bei einem Treffen mit Putin im November in Moskau machte Orbán deutlich, weiter auf günstige und stabile Öl- und Gaslieferungen aus Russland zu hoffen. 

Ausstieg aus Gas: Kreml warnt Europa vor schrumpfender Wirtschaftskraft

In Russland gibt man sich von der EU-Entscheidung indes unbeeindruckt. Aus Sicht des Kreml schneidet sich Europa lediglich ins eigene Fleisch. „Das wird nur den seit einigen Jahren bemerkbaren Prozess beschleunigen, dass die europäische Wirtschaft ihre führende Rolle verliert“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass Kremlsprecher Dimitri Peskow. Tatsächlich dürfte den Unterschied aber in seiner Kriegskasse merken. Vor Beginn der russischen Invasion in die Ukraine flossen laut von der Leyen monatlich noch 12 Milliarden Euro für russisches Gas nach Moskau und damit 10,5 Milliarden mehr als aktuell. Die EU-Kommissionspräsidentin versprach: „Wir werden den Betrag auf null bringen.“ Der Staatskonzern Gazprom verzeichnete zuletzt Milliardenverluste.

Die Energiemärkte reagierten indes kaum auf die neuen EU-Regeln – offenbar war der Ausstieg bereits erwartet worden und damit eingepreist. „Die europäischen Gasmarktpreise haben sich in den letzten Monaten bemerkenswert stabil entwickelt und liegen unter dem Vorjahreswert“, heißt es in einer Analyse des Preis-Informationsdienstes Argus Media. Der Großhandelspreis fiel seit Februar von über 58 Euro auf derzeit 28 Euro je Megawattstunde, wie Daten von Trading Economics zeigen. Einer der Gründe laut Argus Media: Europa ist seit Jahren der bevorzugte Markt für US-amerikanische LNG-Exporteure. Bei der Abkehr vom russischen Erdgas wollte Griechenland eigentlich eine Schlüsselrolle spielen, doch der Bau von LNG-Terminals lag zuletzt auf Eis. (Quellen: Bundesregierung, dpa, AFP, Tass, Trading Economics, Argus Media, EU-Pressemitteilung) (bme)