"Frau Bas, ich bin kein Mann im bequemen Sessel": Chefin keilt gegen Ministerin

Als Arbeitsministerin Bärbel Bas beim Juso-Kongress über „Männer in ihren bequemen Sesseln“ und „Maßanzüge“ spottete und sogar ankündigte, einen „Kampf gegen Arbeitgeber“ aufzunehmen, musste ich schlucken. Nicht, weil ich zu empfindlich bin. Sondern weil ich mich ernsthaft frage, wie eine deutsche Arbeitsministerin so über die Menschen reden kann, die tagtäglich dieses Land am Laufen halten. 

"Klischee vom reichen Herren im Ledersessel hat mit Realität nichts zu tun" 

Das ist kein flotter Spruch. Das ist ein politisches Signal. Und es ist eine bodenlose Frechheit. Dieses Klischee vom reichen Herren im Ledersessel ist bequem. Aber es hat mit der Realität nichts zu tun. Denn Deutschland ist Mittelstands-Land. 99,3 Prozent aller Unternehmen hier sind kleine und mittlere Unternehmen. Und ein riesiger Teil davon sind Betriebe mit unter 25 Mitarbeitern. 

Dort sitzen Chefs nicht in Sesseln. Sie stehen an der Werkbank, im Laden, im Lager, in der Küche, im Büro. Sie springen ein, wenn jemand krank ist. Sie arbeiten nach Feierabend weiter, nicht aus Lust am Machtspiel, sondern weil sonst morgen der Laden nicht aufmacht. Diese Unternehmer haben keine „bequeme Position“. Sie haben Verantwortung. Jeden Tag. 

Viele Unternehmer erleben ihre Firma wie eine Familie

In kleinen Betrieben stecken Chefs oft selbst zurück, damit ihre Mitarbeiter gute, sichere Jobs haben. Da fließt Herzblut fürs Unternehmen und für die Menschen darin. Viele Unternehmer erleben ihre Firma wie eine Familie. Wie ein eigenes Baby. Eins, das man schützt, auch wenn man dafür private Wünsche oder sogar die Bedürfnisse der eigenen Familie hinten anstellt. 

Meine Mutter hat mit 23 Jahren gegründet, meine Oma hat mit 56 in der Firma meiner Mutter angefangen. Diese Woche, mit 84, stand sie wieder in der Tür, um Weihnachtsgeschenke für Kunden und Mitarbeitende persönlich zusammenzustellen und einzupacken. Mit Herz und Liebe, wie immer. Meine Mutter ist auch so: die Erste morgens, die Letzte abends. Wenn jemand krank war, hat sie ihre Pläne – und oft auch uns Kinder – verschoben, um im Betrieb zu sein. Hat es uns geschadet? Nein. Im Gegenteil: Es hat in mir den Wunsch geweckt, selbst ins Unternehmen zu gehen. 

Über die Gastautorin:

Clara Hunnenberg (31 Jahre alt) führt in dritter Generation in Düsseldorf einen Handwerksbetrieb für Bodenbeläge, Kettelei und Parkett. Ihr Unternehmen ist seit über 70 Jahren ein Profi-Partner des Handwerks und steht für besten Service, großes Engagement und Nachhaltigkeit.

Ich war als Kind stolz, dass meine Eltern selbstständig waren. Ich habe gesehen, wie Mitarbeitende wie erweiterte Familie behandelt wurden und dass man als Unternehmer dafür zurücksteckt. Dass die Mitarbeiter, das Unternehmen zuerst kommt. Genau deshalb trifft mich diese Aussage von Frau Bas so hart: 

Was ich von einer Arbeitsministerin erwarte

Sie beleidigt nicht „ein paar Verbandsfunktionäre“. Sie beleidigt die Realität von Millionen Familien in Deutschland und jeden jungen Menschen, der hier gründen will. Von einer Arbeitsministerin erwarte ich Sätze wie: 

  • Leistung wird sich lohnen.
  • Verantwortung wird wertgeschätzt.
  • Aufstieg ist möglich – egal, wo du startest.
  • Vom Tellerwäscher zum Millionär soll wieder ein Versprechen sein, nicht ein belächelter Spruch. 

Dieses „Alles ist möglich“ ist nicht naiv. Es ist der Treibstoff eines Landes, das von Mut, Arbeit und Unternehmergeist lebt. Doch wenn die politische Botschaft lautet „ihr da oben im Sessel seid das Problem“, dann stirbt genau dieser Treibstoff. 

Ein gedankliches Szenario: Vielleicht sollten Unternehmer wirklich mal streiken. Aber nur kurz. Nur damit sichtbar wird, was sonst still mitläuft: Wer sorgt für Ausbildungsplätze? Wer hält Läden, Werkstätten, Baustellen, Pflege- und Dienstleistungsangebote am Leben? Wer trägt das Risiko, damit andere Sicherheit haben? 

"Nach solchen Aussagen beschäftigt mich ein trauriger Gedanke"

Ein Unternehmerstreik für eine Woche würde reichen, um das Land an den Rand des Stillstands zu bringen. Nicht aus Rache. Sondern als Realitätscheck. Und vielleicht würde man dann wieder begreifen: Ohne Unternehmer gibt es keine Arbeitsplätze, die man schützen kann. Ohne Wertschöpfung keinen Sozialstaat. Ohne Respekt keine nächste Generation, die überhaupt noch Verantwortung übernehmen will. 

Und nach solchen Aussagen beschäftigt mich ein trauriger Gedanke: Ich bin 32 Jahre alt. Ich wollte mein Leben lang die Firma übernehmen. Unsere Kunden, unsere Mitarbeiter, dieses Unternehmen würde ich niemals eintauschen wollen. Aber bei dieser politischen Lage frage ich mich zum ersten Mal ernsthaft: Ist es noch klug, ein standortgebundenes Unternehmen in Deutschland weiterzuführen? Nicht, weil ich das nicht will. Sondern weil mir die Politik gerade zeigt, wie wenig sie bereit ist zu ändern, wie wenig die Unternehmer in diesem Land geschätzt werden. 

Wenn wir weiter Unternehmer öffentlich beschimpfen, statt sie zu ermutigen, dann werden wir irgendwann nicht mehr über Fachkräftemangel, Rentenlücken oder leere Innenstädte diskutieren müssen. Denn dann werden sie gehen…

Geschäftsführerin Clara Hunnenberg
clara_hunnenberg_porträt.jpg Privat