Vor der Abstimmung zum Rentenpaket am Freitag im Bundestag spitzt sich der Streit zwischen der Unions-Parteispitze und der Jungen Gruppe bedrohlich zu. Die offene Probeabstimmung ist am Dienstagnachmittag um 16 Uhr angesetzt. Der Druck und die Nervosität in der Fraktion sind immens, heißt es gegenüber FOCUS online.
Wer wie abstimmen wird, ist sogar der Parteispitze unklar. Die einen sagen: "Das wird massiv Ärger geben und eine sehr lange Fraktionssitzung". Andere wiederum sind optimistisch im Sinne von Partei- und Fraktionsführung: "Die werden die schon einfangen."
Den ersten offiziellen Abweichler gibt es nun bereits: Im Interview mit FOCUS online bestätigte Daniel Kölbl, dass er dem Rentenpaket zustimmen werde, obwohl er inhaltlich noch immer dagegen sei. Es gehe darum, eine Regierungskrise zu verhindern. Der "Spiegel" hatte zuerst berichtet.
CDU-Bundestagsabgeordneter kritisiert Bas für "linkspopulistische Parolen"
Ausgerechnet Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) könnte nun die Zustimmung der Unions-Abgeordneten zu ihrem eigenen Rentenpaket erschweren. Denn sie hatte auf dem Kongress der Jusos in einer Rede den deutschen Arbeitgebern den Kampf angesagt.
"Solche linkspopulistischen Parolen sind sicherlich nicht förderlich, um hier eine Mehrheit für das Rentenpaket zustande zubekommen", sagt Daniel Kölbl gegenüber FOCUS online.
Auch kritisierte Kölbl scharf das Verhalten der SPD. Man selbst habe beim Bürgergeld mit der SPD nachverhandelt. Er verstehe nicht, dass sich die SPD jeglicher Verhandlungen des Rentenpakets verweigert: "Das kann in Zukunft kein Stil sein für die Koalition."
Er setze jedenfalls darauf, dass Bundeskanzler Merz zu seinem Wort stehe, mit Hilfe der Rentenkommission eine "generationengerechte" Lösung der Rentenfrage zu erarbeiten. Deshalb stimme er nun zu, so Kölbl.
Am Morgen traf sich die Junge Gruppe von 8 Uhr bis 9 Uhr. Das sind die 18 Abgeordneten, die das Rentengesetz blockieren wollen und sich damit den Spitznamen "Rentenrebellen" verdient haben. Aus der morgendlichen Sitzung dringt wenig nach draußen.
Die Koalition hat nur eine Mehrheit von 12 Stimmen, daher steht das Vorhaben auf der Kippe. Kommt das Rentenpaket vor Weihnachten nicht zustande, droht Schwarz-Rot und Kanzler Friedrich Merz (CDU) eine Regierungskrise.
Zentral ist die Frage: Bleiben alle Mitglieder der Jungen Gruppe bei ihrer Blockade-Haltung oder nicht? Am Montag hieß es dazu in einer offiziellen Erklärung: Ja, aber alle Abgeordneten sind frei. Jeder kann abstimmen, wie er möchte.
Stimmen auch Amthor und Santos-Wintz dem Rentenpaket zu?
Darüber hinaus rechnen Fraktionsmitglieder damit, dass Philipp Amthor und Catarina dos Santos-Wintz aus der Jungen Gruppe ihre Blockadehaltung aufgeben könnten. Beide haben Sprecher-Posten. Amthor ist zudem Staatssekretär für Digitales Staatsmodernisierung und damit Teil der Bundesregierung, die das Rentenpaket beschloss. Wer aber wie abstimmen wird, ist noch offen.
Auf Anfrage von FOCUS online konnte man im Büro von Amthor weder bestätigen noch dementieren, dass er dem Rentenpaket zustimmt.
"Einer ist eingeknickt, das bringt enormen Druck auf den Kessel"
Selbstverständlich habe die Ansage des Bundestagsabgeordneten Daniel Kölbl, nun doch für das Rentenpaket zu stimmen, den Druck auf den Rest weiter erhöht, sagt eine Person, die nicht zitiert werden möchte: "Der Druck ist riesig, einer ist eingeknickt, das bringt enormen Druck auf den Kessel", sagt eine Person, die nicht genannt werden möchte. Und weiter: "Für die Mitglieder der Jungen Gruppe werden es heute sehr lange Stunden".
Die Parteispitze übt unterdessen weiterhin Druck auf die Junge Gruppe aus. Und das sind nicht nur Kanzleramtschef Frei und Kanzler Merz. Fraktionschef Jens Spahn hat sich Hilfe von seinen Stellvertretern gesucht. Sepp Müller verbringt die Stunden vor der Fraktionssitzung damit, die jungen Rebellen einzufangen. Er führt Einzelgespräch um Einzelgespräch. "Die Fraktion wird mit großer Mehrheit dem Rentenpaket zustimmen, davon bin ich überzeugt", sagte Müller FOCUS online.
"Überraschungen sind da immer möglich, weil ja Abgeordnete auch ihrem Gewissen verpflichtet sind", sagt ein Fraktionsmitglied gegenüber FOCUS online.