Ein geliebter Mensch stirbt. Wochen später sitzt die Witwe in der Notaufnahme – mit Brustschmerzen, Atemnot und einem rasenden Herzen. Die Ärzte vermuten einen Herzinfarkt. Doch die Gefäße sind frei. Diagnose: Broken-Heart-Syndrom. Was wie ein poetischer Ausdruck klingt, ist eine echte Herzerkrankung – und sie kann lebensgefährlich sein.
Dr. med. Nana-Yaw Bimpong-Buta, Kardiologe und Bestsellerautor, vermittelt als „Herzensdoc Nana“ in einfachen Worten präventive Herzmedizin und gibt lebensnahe, medizinisch fundierte Tipps für ein gesundes Herz. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Das Herz ist kein reiner Muskel – es hört auf unsere Gefühle
Viele Menschen kennen das Gefühl: Herzrasen bei Angst, Enge in der Brust bei Trauer, ein schweres Herz nach Verlust. Doch kaum jemand weiß, wie sehr das Herz tatsächlich auf seelische Belastung reagiert – im Extremfall mit einem echten Herzversagen.
Das sogenannte Broken-Heart-Syndrom – medizinisch Takotsubo-Kardiomyopathie – ist eine akute Funktionsstörung des Herzens. Es tritt meist plötzlich auf, oft nach einem emotionalen Schock: dem Tod eines Angehörigen, einer Trennung, einem Unfall oder sogar positiven Stress wie einer Hochzeit oder ein Lotto-Gewinn von 250 Mio. €. Die Betroffenen erleben typische Herzinfarkt-Symptome: starke Brustschmerzen, Atemnot, Todesangst.
Im EKG sieht alles nach einem Infarkt aus – doch im Herzkatheter zeigt sich: Die Herzkranzgefäße sind durchgängig offen, oft ohne jedwede Veränderung. Stattdessen zeigt sich eine ballonartige Verformung der linken Herzkammer – sie erinnert an eine japanische Tintenfischfalle, die Takotsubo heißt. Daher der Name.
Die gute Nachricht: Meist normalisiert sich die Herzfunktion wieder. Doch das Syndrom ist nicht harmlos – in seltenen Fällen kann es sogar tödlich verlaufen.
Es trifft nicht nur ältere Frauen – insbesondere auch junge Menschen sind gefährdet
Lange galt das Broken-Heart-Syndrom als „Witwenkrankheit“ – eine seltene Reaktion bei älteren Frauen nach dem Tod des Partners. Doch aktuelle Forschung zeigt: Auch Jüngere können betroffen sein. Besonders dann, wenn starker Stress, emotionale Krisen oder traumatische Erfahrungen zusammenkommen: und genau das sehen wir Kardiologen in den aktuellen Zeiten immer wieder.
Was dabei im Körper passiert, ist eine biologische Stressreaktion: Der Körper wird von Adrenalin und Cortisol überflutet. Blutdruck und Puls steigen, die Gefäße verengen sich, Zucker wird mobilisiert – der Körper schaltet in den Überlebensmodus. Kurzfristig schützt uns das. Aber in akut zu hoher Dosis – oder wenn der Stress chronisch wird – überfordert er das Herz.
Eine viel beachtete Studie der Harvard School of Public Health untersuchte über 30.000 ältere Menschen. Das Ergebnis: In den ersten 30 Tagen nach dem Tod eines Partners stieg das Risiko für einen Herzinfarkt oder plötzlichen Herztod um 21 Prozent. Die Wissenschaft nennt das Phänomen Witwensterblichkeit.
Und auch Einsamkeit kann das Herz krank machen. In der bekanntesten Studien hierzu wurden über 7.000 Menschen neun Jahre lang begleitet. Wer wenig soziale Kontakte hatte, hatte ein deutlich höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einsamkeit ist nicht nur ein Gefühl – sie wirkt biologisch wie ein Gift, gerade auf das Herz.
Was wir tun können – und wie wir unser Herz schützen
Die wichtigste Botschaft: Ein gebrochenes Herz ist heilbar. Und wir können viel dafür tun, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen.
1. Gefühle ernst nehmen: Wer sich emotional erschöpft, überfordert oder innerlich leer fühlt, sollte das nicht wegschieben. Körper und Seele gehören zusammen – und das Herz reagiert empfindlich auf seelische Schieflagen.
2. Stress erkennen – und gegensteuern: Atemübungen, Achtsamkeit, regelmäßige Pausen, Gespräche, Spaziergänge – oft sind es kleine Dinge, die große Wirkung haben.
3. Beziehungen pflegen: Nähe schützt. Gespräche heilen. Studien zeigen klar: Ein stabiles soziales Netz ist einer der wichtigsten Schutzfaktoren für ein gesundes Herz.
4. Medizinische Hilfe suchen: Wer typische Symptome verspürt – Engegefühl in der Brust, Kurzatmigkeit, Herzstolpern – sollte nicht zögern. Auch wenn es „nur der Stress“ zu sein scheint. Das Herz verdient unsere Aufmerksamkeit – gerade dann. Es ist das wichtigste Organ unseres Körpers.
Herzenssache: Wir sind füreinander gemacht
Gesundheit ist mehr als ein Laborwert. Ein wirklich gesundes Herz ist nicht nur kräftig – es ist erfüllt.
Genau deshalb habe ich mich als Kardiologe nicht nur der medizinischen Versorgung, sondern auch der Herzensgesundheit verschrieben. Ich wünsche mir, dass wir den Mut haben, Emotionen nicht zu unterschätzen. Dass wir lernen, gut für uns selbst zu sorgen – körperlich und seelisch. Und dass wir erkennen:
Wir sind keine Einzelkämpfer. Wir brauchen einander. Und genau das ist das Schönste daran.
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Bildquelle: Nana-Yaw Bimpong-Buta
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