- Im Video oben: Wadephul-Satz über Abschiebungen sorgt für Wirbel
Nach der Aussprache mit Johann Wadephul vor der Bundestagsfraktion von CDU und CSU am Dienstag ebbt die Debatte in der Union nicht ab. Auch aus Regierungskreisen erfuhr FOCUS online, dass der Ärger um Wadephuls Syrien-Äußerungen unverändert groß sei.
Wadephul und Syrien-Debatte: „Hat sich um Kopf und Kragen geredet“
Der Unmut in der Fraktion sei erheblich – auch, weil der Minister "nicht den Hauch von Selbstkritik erkennen ließ.“ Aus Regierungskreisen ist zu hören: "Es wird auf jeden Fall eng, wenn er so weitermacht.“
Selbst Abgeordnete, die "Jo“, wie Johann Wadephul von langjährigen Weggefährten im Bundestag genannt wird, gut kennen, sind ratlos, was er sich bei seinen Aussagen gedacht habe, in Syrien sei es "schlimmer als in Deutschland 1945“.
Wadephul habe sich damit "um Kopf und Kragen geredet“, sagt ein Abgeordneter, der nicht genannt werden möchte. Bei seiner Syrien-Reise hatte sich Wadephul vor Ort geäußert. Kurzfristig könnten Syrer nicht zurückkehren, denn, so der Minister: "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“
Mit seiner Äußerung konterkarierte er in der Öffentlichkeit die Absicht der Union, arbeitslose und straffällige Syrer wieder in ihre Heimat zu überführen. Am Dienstag nach der Reise sollte er sich nun vor den Abgeordneten der Unionsfraktion erklären.
Informationen von FOCUS online zufolge war die Erwartung der Fraktionskollegen, dass Wadephul seine Aussagen gegen die Rückführung von Syrern zurücknehme oder wenigstens relativiere.
Der Außenminister habe sich dagegen völlig uneinsichtig gezeigt und mit der Äußerung über 1945 alles schlimmer gemacht. Von einem "desolaten“ Auftritt spricht ein weiterer Teilnehmer. Andere Medien hatten zuvor bereits ähnlich über diesen Auftritt berichtet.
Vor allem, so die Einschätzung eines Abgeordneten, habe Wadephul mit seinem Verhalten das Gegenteil von dem erreicht, was er womöglich bezweckte. Mittlerweile stünden die Reihen in der Fraktion noch geschlossener hinter der Rückführung der Syrer als zuvor.
Wadephuls Berufung auf das Christentum ist Munition für politische Gegner
Am Ende seiner Ausführungen hat sich Wadephul FOCUS-online-Informationen zufolge auf das christliche Fundament der Union bezogen. Für die Union ist diese Aussage katastrophal, weil er damit die Gegner der Migrationswende von SPD, Grünen und Linken 1:1 moralisch munitioniert.
Vor allem seien Wadephuls Aussagen über das Ausmaß der Zerstörungen in Syrien sachlich falsch, sagen Fachpolitiker. So sprach am Ende der Bundeskanzler höchstpersönlich ein Machtwort: Es bleibe bei den Rückführungsplänen. Zur Begrenzung des politischen Schadens dürfte das kaum genügen.
Ein Außenminister, der der eigenen Partei indirekt das Christentum abspricht und die Glaubwürdigkeit der Kanzlerpolitik beschädigt, ist in den Augen vieler fehl am Platze. Potenzielle Nachfolger hätte die Union zur Genüge.
Die Riege potenzieller Nachfolger kommt vor allem aus NRW
Der Niedersachse David McAllister hatte Merz den Posten allerdings schon einmal abgesagt, weil er die Europapolitik nicht verlassen wollte. Aber da wären dann noch die Außenpolitiker Armin Laschet, Norbert Röttgen, Jürgen Hardt oder Wadephuls Staatsministerin Serap Güler – allesamt wären sie die ersten Merz-Bundesminister aus dessen NRW-Landesverband.
Gleiches gälte für Jens Spahn, über den laut „Bild“ bereits als Nachfolger Wadephuls spekuliert werde. FOCUS online gegenüber hat allerdings niemand aus Fraktion oder Partei diese Spekulation bestätigt.