Gerade jetzt, wo die Union wieder auf Kurs kommen könnte, wo Macht und Gestaltung greifbar scheinen, stolpert Merz über die eigene Personalpolitik. Im Zentrum dieser neuen Selbstsabotage steht: Außenminister Johann Wadephul.
Merz' Kalkül mit Wadephul ging nicht auf
Man muss es so deutlich sagen: Wadephul war vor seiner Ernennung ein politischer Niemand. Er war in Schleswig Holstein in irgendwelchen CDU Hinterzimmern aktiv, aber das war’s auch schon. Kein außenpolitisches Profil, keine internationale Erfahrung, keine erkennbare Vision. Warum wird so einer Außenminister? Und das gerade jetzt, wo die CDU seit Jahrzehnten zum ersten Mal das Außenministerium innehat? Warum also wählt Merz ausgerechnet ihn?
In der Union vermuten viele, Merz habe bewusst einen schwachen Außenminister installiert – um selbst die Rolle des außenpolitischen Staatsmanns zu übernehmen. Doch das Kalkül geht nicht auf. Statt Rückendeckung produziert Wadephul Schlagzeilen – und das meist im falschen Kontext.
Wadephul erinnert an Baerbock
Gleich seine erste große Auslandsreise wird zum diplomatischen Fehlstart. Oberlehrerhaft von Japan aus und nicht einmal „face to face“ belehrt Wadephul die Chinesen über Menschenrechte, Taiwan und Demokratie. Die Folge ist, dass Wadephul gar nicht erst nach China reisen kann, da alle Termine abgesagt wurde.
Und das zu einem Zeitpunkt, an dem Deutschland auf gute Beziehungen zu Peking dringend angewiesen ist. Die Chipindustrie, seltene Erden, Exportmärkte – all das ignoriert der neue Außenminister mit einem moralischen Zeigefinger, der an Baerbock erinnert, wobei man Frau Baerbock zugute halten muss, dass sie deutlich charismatischer daherkam, immerhin mal im Ausland (England) studiert hat und auch besser Englisch spricht.
Das Kabinett Merz wirkt wie ein Hühnerhaufen
Doch damit nicht genug. Kaum von seiner Asienreise zurück, sorgt Wadephul für die nächste Irritation – diesmal in der Syrienpolitik. Während Innenminister Dobrindt gerade die Asylwende vorbereitet und einer der wenigen, wenn nicht der einzige Minister ist, der Erfolg vorweisen kann, erklärt Wadephul Syrien kurzerhand für „unbewohnbar“.
Ein Satz, der politisch Sprengkraft hat. Denn er spielt jenen in die Hände, die jede Rückführung von Syrern nach Jahren des Bürgerkriegs blockieren wollen. Wieder einmal wirkt das Kabinett Merz wie ein Hühnerhaufen, in dem jeder etwas anderes ruft – und am Ende keiner führt.
Dabei ist die Lehre aus der Geschichte eindeutig: Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die Deutschen selbst, die ihr zerstörtes Land wieder aufbauten. Mit internationaler Hilfe, ja – aber der Wiederaufbau kam aus eigener Kraft. Warum also sollte das Prinzip plötzlich nicht mehr gelten? Dass Merz diese historische Parallele offenbar übersieht oder zumindest nicht politisch rahmt, zeigt, wie wenig strategisch die Union derzeit agiert.
Führungsschwäche als Prinzip
Die zentrale Frage lautet: Ist Wadephul das Problem – oder Merz? Die Antwort liegt auf der Hand. Ein Außenminister, der ohne außenpolitische Erfahrung in diplomatische Fettnäpfchen tritt, ist weniger Täter als Symptom. Die Verantwortung trägt derjenige, der ihn ernannt hat. Eine gute Führungskraft erkennt man nicht an den Sonntagsreden, sondern an der Qualität der Menschen, die unter ihr erfolgreich arbeiten. Und genau daran scheitert Merz immer wieder.
Mal verteufelt er Schulden – um sie dann in Rekordhöhe zu genehmigen. Mal gibt er den starken Anti-Asyl-Mann – um kurz darauf wieder einzuknicken. Und jetzt will er die deutsche Außenpolitik neu erfinden, wählt dafür aber jemanden, der mit der globalen Bühne überfordert ist.
So kann man kein Land führen – und keine Partei an die Macht zurückbringen. Jens Spahn sagte so treffend, dass sowohl CDU und SPD jetzt die letzte Chance haben, noch Volksparteien zu bleiben. Merz hingegen tut alles dafür, dass diese Zeit möglichst schnell vorübergeht.
Wer Erfolg will, muss die Besten an seine Seite holen
Merz’ Beispiel zeigt, was in Politik wie Wirtschaft gleichermaßen gilt: Führung bedeutet Verantwortung für die eigenen Leute. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her. Oder wie es Machiavelli sagte: Man erkennt die Qualität eines Fürsten an der Qualität der Leute, die für ihn arbeiten.
Wer sich mit loyalen, aber schwachen Figuren umgibt, gefährdet am Ende das ganze Projekt. In Unternehmen wie in Parteien zählen nicht große Ankündigungen, sondern die Fähigkeit, Menschen zu finden, die stark genug sind, eigene Kompetenz einzubringen – ohne dass der Chef sich bedroht fühlt. Und die dem Chef auch mal widersprechen.
Denn wer Erfolg will, muss die Besten an seine Seite holen, nicht die Harmlosesten. Um beim Thema China zu bleiben: Vielleicht sollte Merz, der intelektuell durchaus stark ist, sich einmal an den den schönen Satz von Konfuzius erinnern: Wenn du der Schlauste im Raum bist, bist du im falschen Raum.
Prof. Dr. Veit Etzold ist ein anerkannter Redner, CEO-Coach und Strategieberater mit über 20 Jahren Erfahrung in verschiedenen Branchen. Er lehrt Marketing und Neuromarketing an der Hochschule Aalen. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.