"Wie man mit seinem Ableben umgeht, sollte jeder selbst entscheiden!"

Sollen Alter und Gesundheitskosten bei der medizinischen Versorgung eine Rolle spielen? Während einige Leser strikt gegen eine Altersrationierung und für das Recht auf Behandlung plädieren, fordern andere differenzierte Richtlinien für Übertherapie und sehen die ökonomische Seite des Gesundheitssystems im Fokus. Besonders intensiv wird über den Schutz der Menschenwürde, gerechte Kostenverteilung und den Ausbau der Palliativmedizin gestritten. Die Debatte offenbart einen tiefen Konflikt zwischen solidarischer Ethik und gesellschaftlicher Ressourcendebatte.

Verteilung der Meinung zu "Leserdebatte: Zwischen Menschenwürde, Kosten und Gesundheitsethik"
In den Kommentaren prallen so Fragen nach Menschenwürde, Systemkritik und Kostenverteilung aufeinander. FOCUS Online

Diskussion zu altersbezogener Therapieentscheidung

Die Mehrheit der Kommentare lehnt eine Koppelung medizinischer Therapieentscheidungen an das Alter ab und verweist auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Viele betonen, dass Übertherapien ein Problem sind, jedoch in allen Altersklassen auftreten können und Differenzierung wichtig bleibt. Viele warnen vor einer toxischen, gesellschaftsspaltenden Diskussion, die Ängste bei Älteren schüre. Gleichzeitig fordern einige Stimmen sinnvolle Leitlinien und kritisieren ökonomische Fehlanreize im Gesundheitssystem, ohne Altersgrenzen als alleiniges Kriterium zu sehen.

"Wie jemand mit seinem Ableben umgeht, sollte jeder selbst entscheiden! Kein Außenstehender sollte ein Mitspracherecht haben. Das ist Menschenwürde."  Zum Originalkommentar

"Ich bin da auf der Seite von Herrn Streeck und auch der Meinung, dass man nicht mehr jedem jede mögliche Therapie ermöglichen sollte, nur weil man es könnte. Vielmehr sollte das rational anhand von Erfolgschancen unter Berücksichtigung des Alters erfolgen. Zu oft werden irgendwelche Therapien verordnet und durchgeführt, um dann am Ende damit ein paar Wochen mehr rauszuholen. Das steht einfach in keinem Verhältnis. Ich habe das selbst mehrfach in der Familie erlebt, dass die Ärzte ältere Personen bzw. die Angehörigen überredet haben, um am Ende sinnlose Operationen und Therapien durchzuführen, die nur dem Krankenhaus genutzt haben. Unter anderem wurde meine betagte Großmutter zu so einem Eingriff überredet, sie hat sich davon nie erholt und ist ein paar Wochen danach gestorben."  Zum Originalkommentar

Kritik an Gesundheitssystem Kostenverteilung

Die Debatte dreht sich um die Kostenverteilung im Gesundheitssystem, insbesondere bei älteren Patienten oder Personen, die nie Beiträge geleistet haben. Kritische Stimmen hinterfragen die faire Finanzierung, monieren Unterschiede zwischen Privat- und Kassenpatienten und fordern eine Grundsicherung für Leistungsberechtigte. Es wird auf strukturelle Wirtschaftlichkeitsprobleme und den Einfluss von Pharmaindustrie und Kliniklobby hingewiesen. Viele Kommentatoren plädieren für gerechte Beitragsmodelle und betonen den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs über Prioritäten angesichts begrenzter Mittel.

"Was soll das Jammern? Es ist doch nicht neu, dass ein Mensch, je älter er wird, mehr gesundheitliche Probleme hat und die Ausgaben für Gesundheit steigen. Das ist aber in den Beiträgen der Kassen eingepreist, oder war es zumindest. Nicht eingepreist sind die Leistungen, die erbracht werden für Menschen, die nie eingezahlt haben. Da sollte man zunächst den Hebel ansetzen."  Zum Originalkommentar

"Solche Vorschläge kommen immer von Leuten, die es selber nie betrifft. Denn es geht hier mal wieder nur um die nicht privilegierten Menschen, sprich, Kassenpatienten. Bei Privatpatienten, reichen Leuten und Politikern wird selbstverständlich weiterhin alles verabreicht, was gut und teuer ist, wetten?"  Zum Originalkommentar

"Ich weiß, es geht darum, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Nur sollte man dabei nicht vergessen, dass auch Rentner immer noch Krankenversicherung bezahlen, also ein Anrecht auf Versorgung haben. Man könnte mehr einsparen, wenn man Menschen, die noch nie Beiträge gezahlt haben, zwar eine Grundversorgung bietet, nicht aber die teure Sanierung von z.B. Zähnen und Gelenken."  Zum Originalkommentar

Kritik an Politik und Gesellschaft

Die Kommentare in diesem Cluster nehmen die gesellschaftlichen und politischen Leitfragen der Debatte in den Blick: Sie kritisieren politische Akteure für moralisch zweifelhafte Richtungsdebatten und sehen die Gefahr, dass ältere Menschen oder schwache Gruppen instrumentalisiert werden. Einige Kommentatoren fühlen sich von der Gesellschaft im Stich gelassen und bemängeln fehlenden Respekt und Solidarität. Immer wieder wird die gesellschaftliche Prioritätensetzung hinterfragt und nach echter Verantwortung sowie offener Diskussion verlangt.

"Es ist typisch für diese Gesellschaft, dass solche Themen aufkommen. Kreative würden die Menschen in Nutzen-Wert-Statistiken erfassen wollen und dann entscheiden, wer es denn wert ist, medizinisch versorgt zu werden und wer nicht. Es wird immer vergessen, dass solche Statistiken "leben" und die Zeiten kommen, wo man selbst, auch als Entscheider, in diverse Tabellenplätze rutscht! Solche Diskussionen dürfen ruhig hochkommen, damit eine funktionierende Gesellschaft ihnen widersprechen kann. Die jeweilige Politik sollte nur immer eins beachten: An erster Stelle stehen die Bürgerinnen, die Bürger und deren Kinder. Danach ...."  Zum Originalkommentar

"Die Menschenwürde wird auch verletzt, weil der Hochbetagte nicht selber entscheiden darf, wann er sterben möchte. Vom BVerfG bereits vor vielen Jahren festgestellt und als Regelungsforderung an den Bundestag weitergegeben."  Zum Originalkommentar

"Wenn es in die Argumentationskette passt, wird immer gerne der Verfassungsgrundsatz aus Art. 1 GG herangezogen. Aber wenn das BVerfG genau dies einfordert und eine gesetzliche Regelung zum selbstbestimmten Sterben verlangt, ziehen unsere Parlamentarier den Schwanz ein und verweigern hier eine menschenwürdige Regelung."  Zum Originalkommentar

Kritik an Übertherapie und medizinischer Praxis

Zahlreiche Kommentare hinterfragen den Nutzen vieler medizinischer Eingriffe am Lebensende. Leser schildern persönliche Erlebnisse mit Übertherapie und mahnen, dass Maßnahmen stets am tatsächlichen Therapieerfolg und nicht am Alter ausgerichtet werden sollten. Patientenverfügungen und offene Gespräche werden als Lösungswege genannt. Es geht auch um die ökonomischen Reize im System und die Notwendigkeit, Behandlungsentscheidungen ehrlicher zu treffen. Am Ende steht vielfach der Wunsch nach Selbstbestimmung und sinnvoller ärztlicher Beratung.

"Es werden viel zu viel Worte um das Thema gemacht, die Mediziner sind sich bewusst, dass dies immer ein schmaler Grat sein wird, und handeln insgeheim bedarfsgerecht. Ich persönlich habe das bei meinen Eltern mitbekommen und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass hier nicht im Sinne des Patienten verfahren wurde. Im Gegenteil, bin ich den Ärzten dankbar gewesen, dass sie das Leid nicht unsinnigerweise verlängert haben. Allerdings wurde im Vorfeld eine Patientenverfügung erstellt, die den Parteien die Last der Entscheidung zum Teil genommen hatte."  Zum Originalkommentar

"Ganz ehrlich? Das wird doch schon seit Jahren so gemacht! Ich arbeite im Gesundheitsbereich und es wird sehr oft überlegt, was in welchem Alter noch Sinn macht. Und ich finde das auch völlig in Ordnung. Dadurch werden auch Hochbetagte vor Überbehandlung geschützt! Was nutzt einem mit 85 6 Monate mehr Leben, wenn ich das dann mehr oder minder im Krankenhaus verbringe oder üblen Aufwand/Nebenwirkungen durch die Medikation/Maßnahmen habe. Das ist doch auch keine hohe Lebensqualität mehr! Viele wollen das auch nicht! Und dass zum Teil auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen - es muss ethisch vertretbar sein, das stimmt. Aber das überschneidet sich dann auch oft!"  Zum Originalkommentar

"Kubicki hat recht. Übertherapien haben nichts mit dem Alter zu tun, sondern oftmals nur mit Geldmacherei. Ich will keine OP, wenn ich sie nicht brauche. Ich will auch keine Chemo, wenn sie mir nachgewiesenerweise nichts bringt, außer Leiden. Und ich will selbstbestimmte Sterbehilfe."  Zum Originalkommentar

"Ich finde es sinnvoll, dass der Nutzen und die Kosten von Medikamenten und Maßnahmen an den Therapieerfolg geknüpft werden. Egal in welchem Alter und in welcher Situation. So steht in meiner eigenen Patientenverfügung z. B. der sinngemäße Abschnitt, dass Maßnahmen zur Verringerung von Leid zugelassen sind, lebensverlängernde Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen aber nicht. Das ist mMn eine Ausweitung der Forderung einer gesetzlichen Regelung zur Triage, wie sie vom BVerfG gefordert, aber kürzlich abgewiesen wurde, weil das Gesetz von einer falschen politischen Ebene kam, nämlich vom Bund und nicht von den Ländern. In diesem Rahmen ist es auch sinnvoll, über eine aktive Sterbehilfe zu diskutieren, die bei uns ebenso überfällig ist."  Zum Originalkommentar

Zustimmung zu Palliativmedizin Stärkung

In diesem Cluster wird die Palliativmedizin deutlich als Weg zu würdevollerem Sterben bevorzugt. Leser loben diese Form der Begleitung, die Schmerzen nimmt und überflüssige medizinische Eingriffe vermeidet. Viele berichten von positiven Erfahrungen oder wünschen sich für sich selbst einen humanen, begleitenden Ansatz am Lebensende. Während Übertherapie kritisch gesehen wird, steht der individuelle Wille, offene Gespräche und frühzeitige Beratung im Mittelpunkt. Die ökonomische Vorteilhaftigkeit von Palliativmedizin wird ebenso wie ihr menschlicher Wert betont.

"Ich bin auch für eine Verbesserung und Intensivierung der Palliativmedizin. Für mich würde ich mir am unausweichlichen Ende lieber genug Morphin und Fentanyl wünschen als teure Wundermittel."  Zum Originalkommentar

"Nicht das Alter. Die Lösung ist: Palliativmedizin massiv stärken. Dafür kämpfe ich seit 20 Jahren. Wir behandeln Sterben oft wie ein technisches Problem, nicht wie eine zutiefst menschliche Phase. Die letzten Wochen eines Menschen dürfen nicht im Krankenhaus vergeudet werden, wenn es keinen Nutzen bringt. Ich habe mit einem Freund vor seinem Tod Rotwein getrunken. Ein Arzt hat den Prozess begleitet. Er konnte friedlich zu Hause sterben."  Zum Originalkommentar

"Spannende Debatte. Ich war gestern auf dem Palliativsymposium in Augsburg. Dort hieß es, dass frühzeitige Palliativbehandlung sowohl den Patienten in der Summe seiner Symptome behandelt und ihm damit eine bessere Lebenszeit ermöglicht und erstaunlicherweise auch kostengünstiger für das Gesundheitssystem ist. WIN-WIN Ich kann nur bestätigen: Mediziner mit Palliativerfahrung zeigen mir, dass wir menschlich und finanziell uns eine gute Behandlung leisten können. Das heißt aber auch, sich frühzeitig, unabhängig vom Alter, aber besonders auch im Alter mit Lebensqualität und nicht mit endloser und oft nur quälender Lebensverlängerung auseinanderzusetzen. Vorschlag gestern, schon ganz früh im Studium die palliative Medizin behandeln, statt ausschließlich das Ziel der Heilung."  Zum Originalkommentar

Kritik an Versorgung und Pflegequalität

Weit verbreitet sind Klagen über Pflegequalität und Patientenversorgung. Kommentare fordern mehr Aufmerksamkeit für strukturelle und personelle Defizite in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Missachtung individueller Patientenwünsche und Kommunikationsprobleme zwischen Fachdisziplinen werden als Hauptgründe für unwürdige Behandlung genannt. Es besteht der Eindruck, dass ethische Prinzipien in der Praxis häufig nicht umgesetzt werden.

"Im hohen Alter ist die Würde des Menschen in deutschen Krankenhäusern genauso wenig unantastbar wie in den Pflegeheimen. Wer sich selbst nicht mehr gegen die Unbehandlung wehren kann, ist auf Angehörige angewiesen oder hat Pech gehabt. Ist ein alter Mensch im Krankenhaus beim Essen auf Hilfe angewiesen, kann er genauso gut verhungern, wenn er keine barmherzige Schwester findet, die ihn bei all dem Arbeitsstress noch unterstützen kann. Kein Politiker sollte heucheln, als sei das der absolute Ausnahmezustand, es ist schlicht die Regel, aber natürlich nicht, wenn man mit Streeck oder Kubicki verwandt ist, das sind dann tatsächlich Ausnahmefälle."  Zum Originalkommentar

"Es gibt schon sinnvolle Empfehlungen, wie z.B. die Priscusliste, um im hohen Alter nicht zu übertherapieren. Das bedeutet max. 5 Medikamente für jeden Pflegeheimbewohner, weil alles noch einmal durch den Hausarzt auf den Prüfstand gestellt wird. Dann erlebt man nicht selten, dass es den Patienten besser geht, weil z.B. Statine abgesetzt worden sind und deren Nebenwirkungen nicht mehr die Beweglichkeit beeinflussen. Sobald dieser Patient allerdings ins Krankenhaus kommt, werden alle Medikamente wieder angesetzt und das aufwändige Absetzen geht von vorne los… So hat heute jeder zweite Greis einen Blutverdünner und muss nach jedem Sturz im Krankenhaus durchgecheckt werden, weil er ja z.B. im Gehirn bluten könnte. Und die Leitlinien werden zu Leidlinien für die Patienten!"  Zum Originalkommentar

"Ein Punkt bei dieser Diskussion ist noch gar nicht zur Sprache gekommen: Ärzte begeben sich bei einer Behandlungsreduzierung auf dünnes Eis. Wenn Angehörige klagen, dass zu wenig oder zu ineffizient behandelt wird, entscheiden Gerichte fast immer pro Angehörige. Ausnahme, es besteht eine notariell beglaubigte Patientenverfügung. Solange keine bindende juristische Klärung dieses Problems besteht, sind alle Diskussionen im Nebel."  Zum Originalkommentar

Sonstige Stimmen

Diese Beiträge spiegeln eine Mischung aus persönlichen Auffassungen, Alltagserlebnissen und unspezifischen Anmerkungen. Manche Leser plädieren für individuelle Entscheidungsfreiheit im Alter, andere beobachten Probleme auf anderen Ebenen – etwa bei jüngeren Kranken oder ineffizientem Arztsystem. Einig ist man sich darin, dass die Debatte komplex bleibt.

"Ich bin seit Jahrzehnten in der Pharmazie tätig und stehe auch mit 77 Jahren noch regelmäßig in der Apotheke. Ich sehe keine Hundertjährigen mit teuren Medikamenten! Was ich sehe, sind rauchende, übergewichtige Diabetiker im Alter von 50 Jahren, die dauerhaft 8 Medikamente bekommen, und nicht nur billige Generika! Sollte Herr Streeck wirklich Arzt sein - was ich nicht hoffe - möchte ich nicht in seine Hände fallen. Herrn Lauterbach schätze ich nicht besonders, aber hier bin ich ausnahmsweise mal seiner Meinung."  Zum Originalkommentar

"Ich bin 75 und möchte keine 100 werden. Schwiegermutter mit über 90 bekommt eine neue Kauleiste, hat nie in die Pflegekasse eingezahlt. Ihre Tochter erhält gutes Pflegegeld. Ist nicht fair!"  Zum Originalkommentar

"Man sollte es den alten Menschen überlassen, ob sie noch eine Therapie möchten. Wenn sie niemand an ihrer Seite haben, trauen sie sich nicht, nein zu einer OP oder Ähnlichem zu sagen. Eine Schmerztherapie würde da völlig reichen. Mitunter werden sie nur noch als Versuchskaninchen missbraucht."  Zum Originalkommentar

Welche Kompromisse sind im Gesundheitssystem am Lebensende vertretbar, und wo beginnt die gesellschaftliche Verantwortung für Menschenwürde und solidarische Finanzierung? Gehört das letzte Wort über Behandlung und Sterben dem einzelnen Menschen – oder muss die Politik klare Grenzen setzen? Wie stehen Sie zur Debatte um Altersgrenzen, Palliativversorgung und Kostenpriorisierung? Ihre Erfahrung und Meinung bereichern diese wichtige Diskussion!

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.
"Die lassen mich sterben, weil ich zu teuer werde": Kubicki warnt und hat brisante Idee
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