Am Abend des 20. Dezember 2024 nahm das Leben zahlreicher Menschen eine tragische Wendung. Der 50 Jahre alte, aus Saudi-Arabien stammende Arzt und Psychiater Taleb A. raste mit einem Mietwagen über den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Sechs Menschen - darunter ein neunjähriges Kind - starben, mehr als 300 wurden verletzt.
Inzwischen hat der Prozess gegen Taleb A. begonnen. Zeitgleich laufen die Vorbereitungen für den Magdeburger Weihnachtsmarkt, der auch dieses Jahr wieder seine Pforten öffnen soll.
Wie der "Spiegel" berichtet, sind die Menschen in der sachsen-anhaltischen Hauptstadt verunsichert. "Ich habe Angst, einfach nur Angst", sagte eine Passantin im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin. Ein anderer erklärte: "Ein bisschen mulmig ist einem schon, wenn man hier geht."
Weihnachtsmärkte: Viele Menschen besorgt wegen Anschlägen
Dabei wird der Weihnachtsmarkt unter verschärften Sicherheitsbedingungen stattfinden, wie aus verschiedenen Medienberichten hervorgeht. Die Stadt hat sich umfassend beraten lassen und unter anderem neue Poller angeschafft. Wenn alles klappt, kann es am 20. November losgehen.
Vorher wollen Polizei und Behörden das Weihnachtsmarkt-Gelände noch ablaufen. Es soll überprüft werden, ob alle Sicherheitsmaßnahmen den Anforderungen entsprechen.
Grundsätzlich sind Absperrungen an Zufahrtsstraßen üblich, um Weihnachtsmärkte zu schützen, genauso wie Polizeistreifen und Wachdienste. Seit dem 31. Oktober 2024 gilt bei öffentlichen Veranstaltungen außerdem ein striktes Waffenverbot.
Absperrungen gehören zum Bild
Trotzdem: Die Angst können solche Vorkehrungen vielen Menschen offenbar nicht nehmen. Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Demnach fürchten sich rund zwei Drittel (62 Prozent) der Menschen in Deutschland vor Weihnachtsmarkt-Anschlägen. Auf die Frage: "In der Vergangenheit gab es Anschläge in Berlin und Magdeburg – macht Ihnen das Sorgen in Bezug auf einen Weihnachtsmarktbesuch?" antworteten 22 Prozent mit: "ja, sehr" und weitere 40 Prozent mit: "ja, etwas".
Die beschriebenen Sicherheitsvorkehrungen hielten 41 Prozent der Befragten für ausreichend. 37 Prozent der Umfrageteilnehmer antworteten auf eine entsprechende Frage mit Nein. Die übrigen Befragten hatten dazu keine Meinung.
"Ebenso hohe Gefahr für Weihnachtsmärkte" wie 2024
Klar ist: Auch wenn die Sicherheitsmaßnahmen angezogen werden, bleibt ein Restrisiko. Peter Neumann, Professor für Sicherheitsstudien am King's College in London, sagte zu "t-online", dass in diesem Jahr "eine ebenso hohe Gefahr für Weihnachtsmärkte" wie im vergangenen Jahr besteht.
Die Sicherheitskonzepte vieler Städte hält er zwar für funktional und glaubt auch, dass Anschläge mit Autos - wie in Magdeburg - aktuell nur schwer möglich sein werden. Messerangriffe bleiben laut Neumann aber eine Gefahr.
Im Interview mit "t-online" sprach er von "einzelnen Typen, die auf den Weihnachtsmarkt gehen und versuchen, Menschen abzustechen". Schließlich gibt es immer wieder Personen, die sich über entsprechende Verbote hinwegsetzen.
Weihnachtsmärkte: Auch Drohnenabwehr ein Thema
Neumann erklärte auch, das Ambiente übe "eine magische Anziehungskraft" auf Islamisten aus, da Weihnachtsmärkte das westliche Christentum verkörpern würden und sich nicht lückenlos schützen ließen.
Auf einen anderen Punkt machte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jochen Kopelke aufmerksam. In einem Statement wies er darauf hin, wie wichtig eine "effektive Drohnenabwehr" auch im Hinblick auf Weihnachtsmärkte sei.
Das Thema hat einen aktuellen Bezug. Denn in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Berichte über Drohnensichtungen im Nato-Luftraum. Auch Deutschland war betroffen. Der Münchner Flughafen musste im Oktober sogar zeitweise gesperrt werden.
"Wir haben erschreckt feststellen müssen, dass die Polizei und die Bundeswehr darauf überhaupt nicht vorbereitet sind", sagte Terrorexperte Neumann. Er hält es für nahezu unmöglich, alle Weihnachtsmärkte gegen Drohnenangriffe zu schützen.
Sicherheit ist teuer
Am Ende ist Sicherheit auch eine Kostenfrage. Normalerweise kommen dafür die Veranstalter und die Kommunen auf. Magdeburg gab Berichten zufolge 250.000 Euro für neue mobile Sperren aus, Halle an der Saale sogar rund 600.000 Euro.
Nicht jede Kommune kann das stemmen. Manche Weihnachtsmärkte fallen wegen der hohen Sicherheitskosten in diesem Jahr aus. So auch in der 26.000-Einwohner-Gemeinde Overath im Rheinisch-Bergischen Kreis.
"Die Sicherheitskosten von 17.500 Euro für vier Veranstaltungen, unter anderem für Stadtfest und Weihnachtsmarkt, die wir im Jahr durchführen, waren für uns zu viel", sagte Andreas Koschmann vom Heimatverein Overath der "Bild"-Zeitung.
"Wir sind verpflichtet, den Markt abzusichern. So wurden von uns ein mit Wasser gefüllter IBC-Container an der Einfahrt zum Weihnachtsmarkt aufgestellt und eine Betonleitplanke. Dann mussten Personalkosten bezahlt werden. Das alles konnten wir nicht mehr stemmen und die Stadt wollte diese Kosten nicht übernehmen."
mit Material der dpa