Mediziner erklärt: Das sind die stillen Herzinfarkt-Symptome bei Frauen

Statistisch sterben Frauen häufiger an den Folgen eines Herzinfarkts als Männer. Einer der Gründe: Sie werden später diagnostiziert und behandelt. 

Warum sterben Frauen öfter an den Folgen des Herzinfarkts?

Noch immer gilt Herzinfarkt in vielen Köpfen als „Männerkrankheit“. Viele Frauen unterschätzen ihr eigenes Risiko, suchen seltener frühzeitig ärztliche Hilfe und interpretieren Warnsignale falsch.

Hinzu kommt: Nach den Wechseljahren sinkt der schützende Effekt der weiblichen Hormone. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt deutlich – insbesondere, wenn zusätzliche Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Rauchen oder chronischer Stress hinzukommen. Frauen reagieren zudem empfindlicher auf manche dieser Belastungen, etwa auf Rauchen oder erhöhte Blutzuckerwerte.

Welche Warnzeichen für einen Herzinfarkt sind bei Frauen besonders häufig und wie unterscheiden sie sich von denen bei Männern?

Ein Herzinfarkt äußert sich bei Frauen oft anders als bei Männern, was die Erkennung erschweren kann. Während Männer häufig den klassischen, starken Brustschmerz verspüren, treten bei Frauen vermehrt unspezifische Symptome auf. 

Dazu gehören Druck oder Brennen 

  • im Brustkorb,
  • Oberbauch oder
  • Rücken, was nicht immer mit Schmerzen verbunden sein muss.
  • Atemnot,
  • Schwindel oder
  • kalter Schweiß können ebenfalls auftreten und werden oft nicht sofort mit einem Herzinfarkt in Verbindung gebracht. 

Weitere Warnzeichen sind 

  • Übelkeit oder
  • Erbrechen sowie
  • eine plötzliche, starke Erschöpfung oder Schwäche, die als ungewöhnlich empfunden wird. 

Diese Symptome können subtiler sein und werden daher leicht übersehen oder falsch interpretiert. 

Besonders gefährlich ist dies, da jede Minute zählt: Treten solche Beschwerden plötzlich auf, sollte umgehend der Notruf 112 gewählt werden. Selbst wenn sich der Verdacht nicht bestätigt, ist es besser, auf Nummer sicher zu gehen. Die unterschiedlichen Anzeichen verdeutlichen die Notwendigkeit, auch vermeintlich harmlose Beschwerden ernst zu nehmen und schnell zu handeln.

Warum reagieren Frauen oft später auf Herzinfarkt-Symptome als Männer?

Frauen reagieren häufig später, weil ihre Herzinfarkt-Symptome weniger eindeutig sind als bei Männern. Statt des klassischen, starken Brustschmerzes treten oft die erwähnten diffusen Beschwerden auf – wie Druck oder Engegefühl, Rückenschmerzen, Atemnot, Übelkeit oder starke Erschöpfung. 

Diese Anzeichen werden leicht mit Stress, Magenproblemen oder Verspannungen verwechselt. Hinzu kommt: Viele Frauen unterschätzen ihr Risiko. Auch Sorge, „unnötig Aufsehen zu erregen“, spielt eine Rolle. Das führt dazu, dass sie zu spät ärztliche Hilfe suchen – und dadurch häufiger schwerere Verläufe haben.

Wie können Hausärzte dazu beitragen, dass Herzinfarkte bei Frauen frühzeitig erkannt werden?

Im hausärztlichen Alltag geht es darum, Risikofaktoren früh zu erkennen und gezielt gegenzusteuern. Regelmäßige Blutdruck-, Blutzucker- und Cholesterinkontrollen, Aufklärung über Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung sind entscheidend. Besonders Frauen sollten wissen: Auch diffuse Symptome können vom Herzen kommen.

Welche präventiven Maßnahmen können Frauen ergreifen, um ihr Risiko für einen Herzinfarkt zu senken?

Die Prävention von Herzinfarkten beginnt mit einem bewussten Lebensstil und regelmäßigen ärztlichen Kontrollen. Darüber hinaus gibt es noch ein paar ganz konkrete Tipps:

  1. Ein zentraler Schritt ist der Verzicht auf das Rauchen, da Nikotin die Blutgefäße schädigt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich erhöht.
  2. Ebenso spielt eine ausgewogene Ernährung eine entscheidende Rolle. Empfehlenswert sind vor allem Gemüse, Vollkornprodukte, Fisch und pflanzliche Öle, die das Herz schützen und den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen können.
  3. Regelmäßige körperliche Aktivität ist ebenfalls essenziell. Bereits 30 Minuten zügiges Gehen an mindestens fünf Tagen pro Woche fördern die Herzgesundheit, verbessern die Durchblutung und stärken das Herz-Kreislauf-System.
  4. Zusätzlich sollte Stress so weit wie möglich reduziert werden, da chronische Anspannung das Herz stark belasten kann. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation sowie bewusste Pausen im Alltag können dabei helfen.
  5. Auch ausreichend Schlaf ist ein wichtiger Faktor für ein gesundes Herz.
  6. Nach den Wechseljahren steigt das Risiko für Herzinfarkte bei Frauen deutlich an. Daher ist es ratsam, spätestens in dieser Lebensphase einen gezielten Herz-Check durchzuführen. Dennoch sollte Prävention bereits frühzeitig beginnen – durch einen gesunden Lebensstil und achtsamen Umgang mit der eigenen Gesundheit lässt sich das Risiko langfristig reduzieren.

Was sollten Frauen im Notfall tun, wenn sie den Verdacht auf einen Herzinfarkt haben?

Bei einem möglichen Herzinfarkt zählt jede Minute. Frauen sollten ihre Symptome ernst nehmen. Diese Anzeichen zu unterschätzen, kann lebensgefährlich sein. Bereits beim geringsten Verdacht sollte umgehend der Notruf 112 gewählt werden. 

Es ist wichtig, nicht selbst ins Krankenhaus zu fahren, da dies wertvolle Zeit kosten und die Situation verschlimmern könnte. 

Bis der Rettungsdienst eintrifft, ist es ratsam, ruhig zu bleiben und sich hinzusetzen. Enge Kleidung sollte gelockert und für frische Luft gesorgt werden, indem beispielsweise ein Fenster geöffnet wird. 

Falls verfügbar und ärztlich erlaubt, kann die Einnahme von Nitrospray oder einer Tablette Aspirin hilfreich sein. Das Wichtigste ist jedoch: Nicht zögern! Jede Minute zählt. Ein schnelles Handeln kann nicht nur bleibende Schäden verhindern, sondern auch Leben retten.

Dr. Christoph Nitsche ist Facharzt für Innere Medizin und Notfallmedizin. Seine Facharztausbildung absolvierte er am Marienhospital Euskirchen mit Schwerpunkt in der Kardiologie und Notfallmedizin. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.