UN-Klimakonferenz: Gelände gestürmt! Für Gastgeber Brasilien stellt sich eine pikante Frage

„Deutschland ist massiv für die Zerstörung im Regenwald verantwortlich“

12.47 Uhr: Warum der Frust der indigenen Bevölkerung in Brasilien so groß ist, welche Bedeutung die COP30 für sie hat und welche Rolle Deutschland bei der Zerstörung des Regenwalds spielt – dazu hat FOCUS-online-Earth-Kollege Frank Gerstenberg im Vorfeld der Klimakonferenz ein lesenswertes Interview geführt. Hier lesen!

Vertreter indigener Völker bei der Ausstellung Amazonia in Köln
Für Beto Marubo (li.), Olinda Silvana und Francisco Piyãko Asháninka ist der Regenwald Apotheke und Lebensgrundlage. Frank Gerstenberg

Weltklimakonferenz, Tag 3: Unangenehme Fragen für die Gastgeber

12.13 Uhr: Herzlich willkommen zum dritten Tag der Weltklimakonferenz! Unschöne Szenen ereigneten sich mitten in der Nacht: Zahlreiche indigene Aktivisten und ihre Unterstützer waren am Dienstagabend (Ortszeit) auf das hochgesicherte Gelände der Weltklimakonferenz eingedrungen. Videos südamerikanischer Medien zeigen, wie sie gewaltsam eine Tür aufbrachen und sich ein Gerangel mit Sicherheitskräften lieferten. Dem brasilianischen Nachrichtenportal „G1“ zufolge sollen zwei Wachleute verletzt worden sein, auf einem Video ist zu sehen, wie ein Wachmann an der Stirn blutet.

Auf Instagram-Videos mehrerer Aktivisten war zu sehen, wie eine große Menschentraube von Demonstranten auf den Fluren des Konferenzzentrums Fahnen schwenkte und protestierte. BBC-Reporter beobachteten nach eigenen Angaben, wie UN-Sicherheitspersonal noch anwesenden Delegierten zurief, sie sollten das Gelände verlassen. 

Die Frustration kocht langsam hoch in Belém. Bereits am Dienstag hatte die Gruppe der am wenigsten entwickelten Staaten die Schwerfälligkeit der jährlichen UN-Gipfel angeprangert: Die Ergebnisse seien einfach zu dünn, während auf der Welt bereits tausende Menschen durch den Klimawandel sterben. Solch ungewöhnliche Statements gibt es normalerweise erst später während einer Klimakonferenz zu hören, wenn die Verhandlungen ihren Höhepunkt erreichen. 

Die brasilianische COP-Präsidentschaft hatte sich öffentlich zum Ziel gesetzt, auf dem Klimagipfel konkrete Ergebnisse zu liefern statt weiterer bloßer Versprechungen. Zu groß war weltweit die Enttäuschung nach den dürftigen Ergebnissen der Klimakonferenz vom letzten Jahr in Baku. Bislang hatten die Brasilianer es geschafft, größere Streits aufzubrechen, doch unter der Oberfläche brodelt es weiterhin, sagen erfahrene Beobachter.

Hinzu kommt die spezielle brasilianische Situation: Auf dem Klimagipfel im Amazonasgebiet sind auch Tausende Vertreter indigener Gemeinschaften vertreten. Sie setzen sich gegen die Zerstörung ihrer angestammten Heimat ein, etwa durch die Abholzung des Regenwalds.

Eine lokale Journalistin, die das Geschehen auf dem Gelände verfolgte und aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, sagte einer dpa-Reporterin vor Ort, eine solche Eskalation habe sich schon lange angekündigt. In Brasilien würden immer wieder Umweltschützer getötet, „es gibt diesen Schmerz schon seit langer Zeit“. Mit dem Eindringen hätten die Indigenen ein Zeichen setzen wollen. 

Erstmals seit Jahren findet die UN-Klimakonferenz außerdem wieder in einem demokratischen Rechtsstaat statt, und nicht wie zuletzt in autoritär regierten Ländern wie Aserbaidschan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten. Deren repressive Sicherheitsbehörden hatten Demonstrationen und Kundgebungen von Klimaaktivisten rigoros untersagt und nur auf dem abgeschotteten COP-Gelände selbst geduldet. 

Das ist nun in Brasilien anders: Proteste sind auch im Stadtgebiet möglich. Auch zur Halbzeit der Konferenz am Wochenende sind Proteste geplant, flankiert von weiteren „Klimastreiks“ rund um den Globus. Ebenfalls am Dienstag hatte es auch einen friedlichen Marsch durch die Stadt zu den gesundheitlichen Gefahren des Klimawandels mit rund 3000 Teilnehmenden gegeben. 

Für den Gastgeber Brasilien und die Vereinten Nationen stellen sich mit dem Zwischenfall wenige Tage, bevor aus aller Welt Ministerinnen und Minister für die finale Phase der Verhandlungen anreisen, unangenehme Fragen: Wie konnten die Aktivisten eindringen? Weshalb hatten sie überhaupt das Gefühl, sich auf diesem Wege Gehör verschaffen zu müssen? Dies dürfte die Konferenz weiter beschäftigen.

Trump-Ansage, Geldsorgen, Standort-Streit: Das passierte am 2. Tag des Klimagipfels

Mittwoch, 12. November, 06.50 Uhr: Der zweite Tag der Weltklimakonferenz in Belém ist vorüber - viele Verhandlungen haben hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Apropos: Mit 56.000 Delegierten ist die Konferenz die zweitgrößte der Geschichte. Gastgeber Brasilien stellt die größte Delegation, Deutschland liegt mit 162 Teilnehmern auf Platz 32.

Was alles am 2. COP-Tag passiert ist:

  • Newsom contra Trump: Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom sorgt im deutschen Pavillon für Aufsehen: Er nennt die US-Klimapolitik „dumm“ und betont, Kalifornien werde „kein Teil dieser Rückwärtsbewegung“ sein. Er wirbt für die enge Klima-Partnerschaft mit Baden-Württemberg: „An neun von zehn Tagen läuft unsere Wirtschaft mit 100 Prozent grüner Energie.“
  • Klimastreit um Austragungsort: Australien und die Türkei konkurrieren weiterhin um die COP31 2026 - dabei steht der Austragungsort für die COP32 jetzt informell schon fest: Äthiopien. Fällt für die nächste COP keine Entscheidung, droht Bonn als Notlösung – sehr zum Missfallen der Bundesregierung.
  • US-Abwesenheit: Christiana Figueres, die Architektin des Pariser Klimaabkommens, kommentiert die US-Abwesenheit positiv: Ohne Delegation könne die Trump-Administration die Verhandlungen nicht direkt beeinflussen. Sie betont: „Die Dekarbonisierung der globalen Wirtschaft ist unumkehrbar – mit oder ohne die USA.“ Allerdings könnte Trump auch aus dem weißen Haus heraus für mächtig Unruhe Sorgen.
  • Kleine Inselstaaten fordern 1,5‑Grad-Ziel: „1,5 Grad sind keine Parole, sondern unsere Lebenslinie“, mahnt Toiata Apelu-Uili von der Allianz der kleinen Inselstaaten. Nach dem zerstörerischen Hurrikan Melissa in Jamaika fordern sie, dass die Welt das Pariser Ziel endlich ernst nimmt.
  • Entwicklungsländer fordern mehr Klimafinanzierung: Vertreter aus Malawi und Indien kritisieren die schleppende Hilfe: Industriestaaten müssten ihre Klimahilfen auf mindestens 120 Milliarden Dollar pro Jahr verdreifachen. Ein UN-Bericht zeigt: Bis 2035 werden jährlich mindestens 310 Milliarden Dollar benötigt – zwölfmal mehr als derzeit fließt.
  • China zeigt Fortschritte: Die CO2-Emissionen Chinas bleiben stabil oder sinken leicht, trotz steigender Stromnachfrage. Solar- und Windkraft wachsen rasant: 240 GW Solar und 61 GW Wind wurden in den ersten neun Monaten 2025 installiert. Präsident Xi Jinping fehlt, die Delegation ist aber vor Ort.

mit Agenturmaterial
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