Unrealistische Forderungen - Klima, Bürgergeld, Rente: Diese 5 Dinge passieren, egal, wer die Wahl gewinnt

Die einen wollen eine Reichensteuer, die anderen das Bürgergeld kürzen, manche aus der EU austreten, die Rente auf die eine oder andere Weise reformieren. Viele Ideen von vielen Parteien kursieren jetzt vor der Bundestagswahl. Doch wer immer die Wahl gewinnt, muss sich danach den Realitäten stellen. Manche Dinge lassen sich nicht ändern oder müssen angepackt werden, auch wenn die jeweiligen Spitzenkandidaten jetzt vielleicht das Gegenteil fordern. Damit Sie nicht auf leere Wahlversprechen hereinfallen, sagen wir jetzt schon, was nach der Wahl auf jeden Fall passiert.

1. Klimaschutz wird weitergehen

Ob Sie Windräder mögen, Photovoltaik doof finden oder kein Elektroauto fahren möchte, Deutschland muss seine Co2-Emissionen weiter reduzieren. Das Endziel ist die Klimaneutralität 2045, aber schon vorher müssen gewaltige Reduktionen passieren. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung 2021 in einem Urteil verdonnert. Klimaschutz darf demnach aus Gründen der Generationengerechtigkeit nicht auf den Zeitraum nach 2030 verschoben werden, sondern muss bereits jetzt passieren. Das ist also unvermeidbar. Deutschland hat sich dazu auch als EU-Mitglied und Unterzeichner des Pariser Klimaschutzabkommens verpflichtet, wobei man draus theoretisch wieder aussteigen könnte, wie die USA unter Donald Trump vormachen.

Der vorgeschriebene Klimaschutz bedeutet, dass eine neue Bundesregierung an vielen im Internet oft kontrovers diskutierten Entwicklungen nichts ändern kann. Der Wandel vom Verbrenner hin zum Elektroauto wird passieren, auch wenn Deutschland ihn nicht aktiv unterstützt. Das EU-Verbrenneraus ab 2035 steht. Das Gebäudeenergiegesetz der Ampel könnte eine neue Regierung zwar kippen, sie müsste dann aber einen neuen Fahrplan aufstellen, mit dem bis 2045 Klimaneutralität in allen Gebäuden erreicht wird. Dass in Zukunft noch Öl- und Erdgasheizungen verbaut werden, ist so gut wie ausgeschlossen. Auch der Kohleausstieg ist bereits beschlossen und angelaufen und nur sehr schwer wieder umkehrbar. In diesem Sinne müssen also neue Energiequellen gefunden werden – und da setzt die Welt mittlerweile überwiegend auf Wind und Solar. 2025 werden die beiden Quellen erstmals mehr Strom auf der Welt produzieren als Kohle, sagt die Internationale Energie-Agentur IEA, 2026 werden sie dann Atomkraft überholen.

2. Atomkraft kommt nicht zurück

Die letzten Atommeiler wurden 2023 in Deutschland abgeschaltet und nicht nur viele Bürger, auch einige Parteien hätten sie gerne zurück. Egal, was Ihnen Politiker über die Vorteile von Kernenergie erzählen, das wird nicht passieren. Keiner der Betreiber von Atomkraftwerken in Deutschland hat ein Interesse daran. „Eine Diskussion über die weitere Nutzung der Kernkraft hat sich für uns erledigt“, sagt EnBW-Sprecher Lutz Schildmann gegenüber den VDI Nachrichten. „Ein Weiterbetrieb unserer Kernkraftwerke ist für uns kein Thema“, sagt auch PreussenElektra-Sprecherin Almut Zyweck. Bisher hat auch kein möglicher Betreiber ein Interesse am Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland geäußert und selbst wenn, würde der Bau mehr als zehn Jahre dauern. Kleinere Reaktoren, SMRs genannt, wären zwar schneller baubar, es gibt sie bisher aber nur als Konzept. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat 136 solcher Konzepte untersucht und keines für gut befunden.

3. Das Bürgergeld wird nicht gekürzt werden

Seit der Einführung des Bürgergeldes und speziell seit seiner Erhöhung um 12 Prozent im vergangenen Jahr wettern einige Parteien dagegen. Sie argumentieren, Arbeitslose bekämen damit zu wenig Geld fürs Faulenzen, während Arbeit sich nicht signifikant mehr lohnen würde. Ergo müsse das Bürgergeld gekürzt werden. Abgesehen davon, dass die Behauptung, Arbeit lohne sich nicht mehr, in fast allen Fällen nicht stimmt, wird das nicht passieren.

Das Bürgergeld hat keine willkürlich festgelegte Höhe. Die Regelsätze folgen einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010. Das hatte vorgeschrieben, dass die Bundesregierung das Existenzminimum garantieren müsse und transparent vorlegen muss, wie sich dieses aus den Grundbedarfen von Erwachsenen und Kindern berechnet. Entsprechend werden auch die jährlichen Erhöhungen berechnet. Wer also eine Kürzung des Bürgergeldes fordert, der fordert, dass Menschen unter dem Existenzminimum leben sollen. Das ist nicht nur moralisch fragwürdig, sondern würde auch vom Bundesverfassungsgericht sofort wieder kassiert werden. Die Regelsätze werden also auch unter einer neuen Regierung nicht sinken.

4. Die Beiträge zur Rentenversicherung werden steigen

Es gibt viele, was im deutschen Rentensystem im Argen liegt. Man könnte Beamte und Selbstständige in die Versicherung integrieren, man könnte versicherungsfremde Leistungen ausgliedern oder streichen. Für all dies gibt es Parteien, die entsprechende Vorschläge machen. Es würde aber alles nichts am Grundproblem des Systems ändern: Die deutsche Gesellschaft überaltert immer weiter, weil die geburtenstarken Babyboomer jetzt in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen und zu wenig junge Menschen existieren, die deren Renten schultern können. „Es gibt hier eine erhebliche Kostendynamik, die zu stark steigenden Beiträgen führen wird“, sagt Hubertus Bardt, Geschäftsführer beim Institut der Deutschen Wirtschaft. Die lässt sich zwar mit Reformen begrenzen, aber Ökonomen aller Institute und etwa auch der Wirtschaftsweisen gehen davon aus, dass steigende Beiträge unvermeidbar sind. Abgewendet werden könnten sie nur mit sehr radikalen Änderungen wie einem stark steigenden Renteneintrittsalter oder stark sinkenden Renten – beides schlägt bisher keine ernstzunehmende Partei vor.

5. Die Verteidigungsausgaben müssen steigen

100 Milliarden Euro hat die Ampel-Koalition zusammen mit der CDU/CSU in einem Sondervermögen für die Bundeswehr bereitgestellt. Das gilt allerdings nur für fünf Jahre und läuft entsprechend 208 aus – also noch innerhalb der kommenden Legislaturperiode. „Ab dann werden jährlich rund 25 Milliarden Euro fehlen, um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erfüllen“, sagt Bardt. Das gibt vor, dass jedes Nato-Mitglied zwei Prozent seines Bruttoinlandproduktes für die Verteidigung ausgibt. Deutschland hatte dieses Ziel jahrelang willentlich verfehlt und erreicht es jetzt nur dank des Sondervermögens. Der deutsche Nato-General Christian Badia sagte im Oktober in einem ZDF-Interview, das Deutschland eigentlich sogar Richtung drei Prozent gehen müsse. Das wäre laut Bardt dann ein Finanzierungsloch von 75 Milliarden Euro pro Jahr.

6. Es wird mehr Zuwanderung geben

Dem deutschen Arbeitsmarkt fehlen jetzt schon hunderttausende Fachkräfte, durch den oben angesprochenen demografischen Wandel werden es jedes Jahr mehr. Diese Lücke lässt sich zwar zum Teil durch interne Reformen wie ein höheres Renteneintrittsalter oder eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen verkleinern, doch geschlossen werden kann sie nur durch Zuwanderung. Verschiedene Institute schätzen die Zahl der dafür benötigen Zuwanderer auf 250.000 bis 400.000 Personen pro Jahr. Soll die deutsche Wirtschaft also auf dem heutigen Niveau bleiben, müssen diese Menschen angelockt werden. Da sich Deutschland dabei in einem Wettbewerb mit anderen Industrienationen befindet und auf Grund der schwierig zu erlernenden Sprache nicht das bevorzugte Ziel hochqualifizierter Arbeiter ist, muss sich eine neue Bundesregierung etwas einfallen lassen, um diese Menge an Zuwanderern von unserem Land zu überzeugen.