Nach einem Unfall mit mehreren Verletzten am Sylvensteinsee wurde zwei jungen Männern ein illegales Kfz-Rennen vorgeworfen. Nun fiel am Amtsgericht das Urteil.
Lenggries/Wolfratshausen – Mit einem Freispruch und einer Verurteilung zu Sozialstunden endete am Freitag (25. Juli) am Amtsgericht Wolfratshausen der Prozess gegen zwei junge Männer, denen ein illegales Fahrzeugrennen am Sylvensteinsee vorgeworfen wurde.
Am Sylvensteinsee: Mehrere Menschen in Lebensgefahr
Als die damals 21 und 19 Jahre alten Burschen vor einem Jahr über die B307 zwischen Vorderriß und Fall rasten, gerieten bei einem Unfall mehrere Menschen in Lebensgefahr. Den jüngeren Fahrer sprach Richterin Friederike Kirschstein-Freund eines „Kfz-Alleinrennens“ und der fahrlässigen Körperverletzung in sechs Fällen schuldig. Beim zweiten Fahrer beließ sie es bei mahnenden Worten.
Am zweiten Prozesstag schilderten weitere Zeugen ihre Erinnerungen an die Unfallnacht. Im Wesentlichen blieb es bei dem schon bekannten Bild: Mehrere junge Männer, die sich aus einer WhatsApp-Gruppe für Freunde japanischer Autos kannten, verabredeten sich am späten Abend des 26. Juli 2024 auf einem Parkplatz in Brunnthal und beschlossen, einen Ausflug an den Sylvensteinsee zu machen. Ein damals 22-jähriger Warngauer ließ sein Auto am Damm stehen und stieg zu einem Unterschleißheimer (19) ins Auto. Er sowie ein damals 21-jähriger Pullacher – mit einem Ottobrunner (21) als Beifahrer – fuhren dann hintereinander über die kurvige Strecke nach Vorderriß.
Anwalt: Keine Verabredung zu Rennen
Auf dem Rückweg fuhr der Unterschleißheimer voraus und verlor in einer Kurve die Kontrolle über seinen Honda. Der Wagen schleuderte unkontrolliert seitlich über die Gegenfahrbahn auf einen Parkplatz, wo er um Haaresbreite fünf junge Männer verfehlte, die dort auf Campingstühlen saßen und Karten spielten. Zum Schluss rammte der Honda einen geparkten VW, in dem sich ein 19-Jähriger schlafen gelegt hatte.
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Der Pullacher (21) mit seinem Mazda folgte dem Honda mit einigem Abstand. „Er hat gar nicht erst versucht, dem anderen Auto hinterherzukommen, sondern er ließ es schnell außer Reichweite davonfahren“, sagte dessen Anwalt. Eine Verabredung zu einem Rennen habe es weder explizit noch implizit gegeben.
Wegen Alleinrennen am Sylvenstein verurteilt
Auch wenn sich ein Freispruch abzeichnete, sei das Leben für seinen Mandanten „nicht so wie vorher“. Die lange Verfahrensdauer habe den heute 22-Jährigen stark belastet. Und weil seit dem Unfall sein Führerschein eingezogen war, sei ihm die Chance auf ein Motorsportpraktikum in Japan durch die Lappen gegangen. Die Richterin sprach ihm eine Entschädigung für die Zeit ohne Führerschein zu. Gleichzeitig ermahnte sie ihn. Vor Gericht habe er sein Können als Fahrer „protzig“ dargestellt, als er auf mehrere Siege bei Go-Kart-Rennen verwies. „Gerade wer sich so überzeugt von seinen Fahrkünsten zeigt, birgt die größte Gefahr im Straßenverkehr.“
Bei dem jüngeren Angeklagten sah es die Richterin als erwiesen an, dass es ihm vorsätzlich darum ging, auf der Strecke eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Auf einem Handyvideo, das sein Beifahrer gemacht hatte, war zu hören, wie Letzterer anerkennend „Boah, 160!“ rief, und der Fahrer triumphierte: „Wir hängen den Andi (Name geändert) ab, Oida!“
Richterin wendet Jugendstrafrecht an
Den Unfall führte die Richterin eindeutig auf das gefahrene Tempo von mindestens 150 km/h zurück. „Sie sind rücksichtslos gefahren und haben sich über Ihre Pflichten im Straßenverkehr keine Gedanken gemacht“, stellte sie fest. „Sie wollten Ihrem Beifahrer imponieren“, hielt die Staatsanwältin dem heute 20-Jährigen vor. Zu seinen Gunsten wertete sie, dass er sich geständig und reuig zeigte. Der Unterschleißheimer entschuldigte sich im Gerichtssaal bei allen Beteiligten und sagte: „Ich möchte, dass so etwas nie wieder passiert.“ Sein Anwalt sagte, der Unfall sei dem jungen Mann eine „lebenslange Lehre“.
„Mit Bauchschmerzen“ entschied Kirschstein-Freund, Jugendstrafrecht anzuwenden, was bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren möglich ist. Während Erwachsene in so einem Fall mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren rechnen müssen, bleibt es für den Unterschleißheimer, der aktuell eine Ausbildung macht, bei sechs Monaten Führerscheinentzug, 48 Sozialstunden und fünf Einzelgesprächen beim Verein für Jugend- und Familienhilfen. (ast)