Neuer Wohnraum für Geflüchtete in Schongau geplant: Platz für 120 Asylbewerber an Wilhelm-Köhler-Straße
An der Wilhelm-Köhler-Straße in Schongau entsteht Wohnraum für bis zu 120 Asylbewerber und Geflüchtete. Auch ein neuer Kindergarten ist geplant.
Schongau – Weg von Gemeinschaftsunterkünften, hin zu Mischbelegung in abgeschlossenen Wohneinheiten will das Landratsamt. So erklärte es Bernhard Pössinger vom Sachgebiet Asyl und Integration am Montag im Pressegespräch sowie danach bei der Infoveranstaltung für geladene Anwohner. Heißt: Einzelpersonen, Familien und Frauen mit Kindern sollen ihren eigenen kleinen privaten Bereich bekommen. „Thermohallen entsprechen nicht unseren Ansprüchen, ein Projekt wie hier in Schongau schon.“
Neuer Wohnraum für Geflüchtete in Schongau geplant: Platz für 120 Asylbewerber und Kindergarten an Wilhelm-Köhler-Straße
Deshalb schloss das Landratsamt einen Pachtvertrag bis 2038 für die rund 2.000 Quadratmeter große Fläche mit deren privatem Eigentümer ab. „Zu einem ortsüblichen Betrag“, so Pössinger. Ob es bei diesen 15 Jahren bleibt? So sei es zumindest geplant.
Zweistöckig und in Vollholzbauweise sollen die vier Gebäude errichtet werden, die sich um einen Innenhof gruppieren. Platz für 120 Personen verschiedener Nationen wird geschaffen – „Maximalbelegung erreichen wir aber eigentlich nie“, sagte Pössinger.
Dass die Räumlichkeiten in der neuen Unterkunft für zwei bis acht Personen flexibel angepasst werden können – jeweils mit eigener Küche und Bad – sei eine der Stärken des Entwurfs vom Architekturbüro Stephan Jocher aus Penzberg. Die Planung lege Wert auf Aufenthaltsqualität und Geborgenheit, schilderte dieser.
Das sei auch in Hinblick auf eine Nutzung nach Ablauf des Pachtvertrags nachhaltig, befand Pössinger. Denkbar seien Sozialwohnungen – „dann hat die Stadt auch was davon“. Zu den Baukosten sei noch nichts bekannt.
Auf die Stadt komme diesbezüglich nichts zu. „Folgekosten gibt es aber durchaus“, stellte Bürgermeister Falk Sluyterman dar. Beispielsweise für die Kinderbetreuung. Diese war dann auch bei der Fragerunde der Anwohner ein großes Thema.
Kinderbetreuung in Schongau: Lage ohnehin angespannt
Als „wichtigen Schritt“ bewertete das Stadtoberhaupt, dass im Erdgeschoss des östlichen neuen Gebäudes ein Kindergarten mit zwei Gruppen entsteht – für Kinder geflüchteter Familien ebenso wie für einheimische. Dass das in unmittelbarer Nähe einer Unterkunft bestens klappt, sehe man in Burggen und Peißenberg, berichtete Pössinger.
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Allerdings, stellte Sluyterman klar: Personal fehle ja schon jetzt. Derzeit lebe eine Anzahl an Kindern geflüchteter Familien in der Stadt, die rechnerisch zwei Kindergartengruppen füllt. Die Stadt tue viel für die Betreuung, könne sich aber „keine Erzieherinnen schnitzen“. „60 Prozent der Grundschüler haben Migrationshintergrund.“ Sluytermans Appell an Landratsamt und Regierung von Oberbayern: „Schickt uns nicht zu viele Kinder, wir wissen nicht, wohin mit ihnen“.
Insgesamt begleite man die Entwicklung im Rathaus „konstruktiv und kritisch“. Denn inklusive Ukrainern leben bereits jetzt 361 Geflüchtete in Schongau. „Uns trifft eine Mitwirkungspflicht“; die Stadt sehe Probleme, sei aber willens anzupacken. Was die Gesellschaft an Integrationsfähigkeit und Bereitschaft zu leisten vermag, gelte es allerdings nicht überzustrapazieren.
Vorgehabt habe man im Rathaus auch mit dem Areal in der Wilhelm-Köhler-Straße eigentlich etwas anderes: Die Überlegungen seien in Richtung Erweiterung der Berufsschule oder des Gebäudes des Roten Kreuzes gegangen.
Wünschenswert, so Sluyterman, wäre es, wenn die neue Unterkunft die angemieteten dezentralen Wohnungen freimachen würde. Das nähme Druck vom Markt. Ferner sähe er es gerne, wenn die Gemeinschaftsunterkunft mit 40 Personen in der Birkländer Straße „vom Netz ginge“ – hier liegt die Zuständigkeit bei der Regierung von Oberbayern. Diese macht auf Nachfrage des Kreisboten aber wenig Hoffnung: „Pläne, die seit 1986 bestehende Unterkunft aufzugeben, gibt es derzeit nicht“, teilt ein Sprecher mit.
Wohnraum für Asylbewerber in Schongau: Alternativen zur Wilhelm-Köhler-Straße?
Ob es zum Standort Wilhelm-Köhler-Straße denn keine Alternative gebe, lautete eine Frage aus der Anwohnerschaf; genannt wurden Wohnungen Im Tal, das Obi-Gelände und das Krankenhaus. Die beiden letzteren habe man geprüft und verworfen, antwortete Pössinger. Grundsätzlich gelte: Zunächst mal müsse etwas angeboten werden.
Wer aus der Nachbarschaft eine Wertminderung seiner Immobilie befürchtet und auf einen Ausgleich hofft, wurde enttäuscht: „Dafür wird es nix geben“.
Fazit der Polizei zu Plänen für Wohnraum für Geflüchtete in Schongau: „unproblematisch“
Für Informationen rund um das Thema Sicherheit war Herbert Kieweg anwesend. Die Erfahrung zeige: „unproblematisch“. Außerhalb der Unterkünfte, so der Chef der Schongauer Polizeiinspektion, sei die „Arbeitsbelastung minimal“. Zu 95 Prozent der Straftaten, die Asylbewerber begehen, komme es innerhalb – insbesondere dort, wo Rückzugsmöglichkeiten fehlen. Konfliktort seien bisweilen Gemeinschaftsküchen. Das neue Konzept, wie es in Schongau umgesetzt wird, sei daher aus polizeilicher Sicht zu loben. Kieweg machte ebenfalls klar: „Wer an einem Standort nicht tragbar ist, wird verlegt“.
Als äußerst wertvoll bezeichnete er das Wirken der Sicherheitsdienste vor Ort. Deren Anwesenheit ist ab einer Kapazität von 50 Personen Standard, sagte Pössinger. So auch in Schongau und rund um die Uhr. Gebe es Anlass zu Ärger, sei er selbst gut erreichbar; daneben gibt es eine telefonische Rufbereitschaft.
„Die Leute kommen, egal ob wir wollen oder nicht“, verwies Pössinger darauf, dass sich die große Politik im Kleinen nicht verändern lasse. „Derzeit sind es zwei Busse pro Monat, zuletzt waren es drei.“ Dem Landratsamt obliege lediglich die Ausgestaltung vor Ort. Pössinger appellierte, den neuen Nachbarn nicht mit Ablehnung zu begegnen. Große Hilfe für ein gelingendes Miteinander sieht er bei den Helferkreisen, für die er um Mitwirkung bat.
„Das Konzept ist super, wir brauchen diese Leute in der Pflege und Kinderbetreuung“, meldete sich eine Anwohnerin zu Wort. Mit höflichen und fleißigen Menschen habe sie ihre Erfahrungen gemacht, schilderte eine andere.
„Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass es hier heute so sachlich zuging“, fasste Bürgermeister Sluyterman zusammen.
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