Mädchen per Handy sexuell belästigt– Gericht lässt für Angeklagten Milde walten

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Ein junger Mann aus dem Landkreis musste sich vor dem Amtsgericht Weilheim verantworten. © Arne Dedert

Weil er drei Mädchen unter 14 Jahren per WhatsApp sexuell belästigt hat, stand ein junger Mann aus dem Landkreis in Weilheim vor Gericht. Das ließ für den angeklagten Heranwachsenden Milde walten und entschied sich für Hilfe statt Strafe.

Landkreis – Wegen des Paragraphen 176a des Strafgesetzbuches „Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind“ hatte die Staatsanwaltschaft den jungen Mann angeklagt. Ein Erwachsener kann dafür mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft werden.

Der Angeklagte war über 18 Jahre alt, als er die drei Mädchen im Februar vergangenen Jahres über sein Handy anschrieb. Er galt damit zum Zeitpunkt der Straftaten als Heranwachsender (bis 21 Jahre) und kann deshalb sowohl nach Jugend- als auch Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, je nach den Umständen des Einzelfalls. Doch im speziellen Fall gab es gar kein Urteil.

Alle Prozessbeteiligten kamen nämlich zu der Überzeugung, dass der Jugendliche aus dem Landkreis, der in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, sich nicht bewusst war, Straftaten zu begehen. Er war und ist, so sagte er vor Gericht auf Fragen von Amtsrichterin Claudia von Hirschfeld, auf der Suche nach einer Freundin. Nur: Das klappt nicht. Auch Freunde hat er nicht. Ob ihm das Kummer bereite, wollte die Richterin wissen. Die Antwort kam zögerlich: „Ja.“

Der junge Mann lebt mit seinen Geschwistern und der Mutter in einer kleinen Wohnung. Der Vater ist vor 17 Jahren gestorben. Die Familie hat, so die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, nur „wenig finanzielle Ressourcen“ und wird vom Sozialdienst unterstützt.

Eindeutige Fotos verschickt

Bei seiner Suche nach einer Freundin schrieb der Angeklagte – das Alter der Mädchen war ihm bekannt – erst eine Zehnjährige per WhatsApp an, dann eine Zwölfjährige und danach eine 13-Jährige. Und er war in seinen Chats deutlich: Unter anderem schickte er Fotos von seinem Penis, er fragte, ob er ihn reinstecken dürfe, und bat um Nacktbilder.

Der Staatsanwalt machte bei der Aufzählung weiterer Zitate immer wieder deutlich, dass den jungen Mann sein Tun erregt habe. Die Mädchen reagierten unterschiedlich: Eine fragte, ob es was ausmache, dass sie erst zwölf sei. Eine andere etwa machte ihn auf die Rechtslage aufmerksam.

Vollumfängliches Geständnis

Plötzlich stand die Polizei vor der Tür. Denn der Absender der Chat-Nachrichten war leicht zu ermitteln. „Und dann“, so hatte der Verteidiger des Heranwachsenden bereits zu Beginn der Verhandlung gesagt, „wurde ihm die Tragweite seiner Handlungen erst bewusst.“ Der Anwalt verlas im Namen seines Mandanten auch, dass dieser die angeführten Taten „vollumfänglich zugibt“. Ein „klares Geständnis“, wie der Verteidiger betonte.

Amtsrichterin von Hirschfeld redete dem Angeklagten nach der Vernehmung ins Gewissen und machte ihm deutlich, dass ein Chat zwischen ihm und Mädchen unter 14 Jahren kein Gespräch auf Augenhöhe sei: „Das sind Kinder, die besonders schutzwürdig sind.“

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In Anbetracht der geistigen Verfassung des Angeklagten, seiner Lebensumstände und seiner bisher strafrechtlichen Unbescholtenheit schlug sie vor, den jungen Mann jetzt nicht zu bestrafen, sondern ihm zu helfen: „Ich habe hier keinen grundsätzlich kriminellen Menschen vor mir.“ 

Mit Zustimmung aller Beteiligten stellte sie das Verfahren vorläufig ein mit der Auflage, dass der Angeklagte innerhalb von sechs Monaten bei der Brücke Oberland an einer „individuellen Tataufarbeitung“ teilnimmt: „Machen Sie das, sonst sehen wir uns wieder.“

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