Vor dem Classix-Festival Kempten: Gespräch über Pauken, Pasta und die Suche nach Schönheit

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Silvia Tröger, Vorsitzende des Freundeskreis Classix-Konzerte und Andreas Fleck, der künstlerische Leiter des Festivals ­. © Lüderitz, Patrik Gutenberg

Classix Kempten startet am 20. September. Die Festivalmacher im Kreisbote-Gespräch über die Atmosphäre und die Neuerungen beim Kammermusikfestival.

Kempten – Noch ist die Bühne leer, aber hinter den Kulissen haben die Macher des Classix-Festivals alle Hände voll zu tun. Denn in einer Woche, am 20. September, erklingen die ersten Streicher- und Klavierklänge der Konzertwoche – dieses Jahr unter dem Motto „Dolce Vita“. Silvia Tröger, Vorsitzende des Freundeskreis Classix-Konzerte e.V., und Andreas Fleck, der Künstlerische Leiter des Kammermusikfestivals, berichten im Interview von ihrer Vorfreude, von den noch fehlenden Pauken und warum es bei ­„Dolce Vita“ um mehr geht als um einen Sehnsuchtsort mit Gelato und Oper.

Nun ist es nicht mehr lange hin bis zum Festivalstart 2025. Wie sieht gerade ihr Alltag aus?

Silvia Tröger: Recht chaotisch. Es geht jetzt schon zur Sache. Ich überprüfe zum Beispiel, ob alle Zimmer für Künstlerinnen und Künstler gebucht sind. Gerade war ich beim Klavierstimmer. Dann brauchen wir ein Cembalo, das muss transportiert werden. Zwei Pauken hoffe ich ebenfalls bei der Musikschule zu bekommen: Noch sind aber Ferien, weshalb ich erst am Montag Bescheid bekomme. Was vor Ort passiert, organisiere ich.

Andreas Fleck: Ja, die Zeit so kurz vor dem Festival ist immer aufregend. Alles ist geplant, die Werbung läuft. Die Leute bekommen ein Gefühl dafür, dass es wirklich losgeht. Ein paar Details sind noch zu klären, zum Beispiel, wo die Künstler nach dem Konzert essen. Die letzten Noten treffen ein für Arrangements, die für den Filmmusikabend am 28. September geschrieben wurden. Spannend, was der Arrangeur aus den bekannten Stücken gemacht hat. Und dann ist da die instrumentale Vorbereitung bei mir selbst.

Sie werden unterstützt von den Mitgliedern des Freundeskreises. Welche Rolle spielt der Verein beim Stemmen der Konzerte?

Tröger: Der Freundeskreis ist ein kleiner Verein. Die Mitglieder besetzen zum Beispiel die Abendkasse, organisieren Getränke, das Catering oder unternehmen etwas mit Künstlern, falls sie etwas unternehmen möchten. Auf diese Menschen kann ich mich verlassen; sie wissen, wie es geht und bringen die nötige Lockerheit mit. Bei uns soll alles leger bleiben.

Apropos leger: Mit den beiden Wundertüte-Konzerten am Eröffnungstag möchten Sie Klassik-Neulinge ansprechen und neugierig machen auf die Konzertreihe …

Tröger: Ja auch. Aber jeder kann kommen, es ist wirklich frei. Die Künstler spielen ein Potpourri aus den Konzerten der Woche. Letztes Jahr hatte dieses Format Premiere bei der Kunstnacht. Ich war zunächst sehr skeptisch, ob überhaupt jemand vorbeischaut. Aber die Wundertüte kam total gut an. Die Atmosphäre war sehr locker. Die Leute saßen sogar auf den Treppenstufen des Theaterfoyers.

Und wie lauten die Regeln bei den regulären Konzerten der Festivalwoche? Manche Menschen hegen ja Bedenken, dass sie zur falschen Zeit klatschen oder Blicke wegen unangemessener Kleidung auf sich ziehen könnten.

Tröger: (Lacht) Nein. Da haben wir keine Konventionen. Diese Regeln gelten eigentlich nicht mehr. Natürlich schätzen es viele, sich schick zu machen für den Konzertabend. Aber Gott sei Dank ist das keine Pflicht mehr.

Das Festival steht heuer unter dem Motto „Dolce Vita“. Warum gerade das süße Leben Italiens? Lautet so ihre Antwort auf den Hype des Italo-Schlagers? Oder möchten Sie den Festivalbesucherinnen und -besuchern die Flucht aus der rauen Wirklichkeit und den derzeitigen Krisen ermöglichen?

Fleck: Ja schon. Musik bringt uns auf andere Gedanken. Und Ende September man kann ziemlich günstig Italien-Urlaub in Kempten machen, da ist sehr viel Italianità drin, ganz ohne zuzunehmen.

Wer sucht es nicht, das „Süße Leben“, aber es steckt etwas mehr dahinter: die große Faszination eines hoch erfinderischen und stets nach Schönheit strebenden Landes. Essen, Architektur, Autos der 60er, Mode, Film – diese Ästhetik von Eleganz, Leidenschaft und Ausdruck zieht sich durch das ganze Festival.

Für uns Musiker ist Italien wirklich ein Sehnsuchtsort, denn aus keinem Land kommen bessere Geigen, Violen und Celli, sie klingen beseelt und sehen wunderschön aus. Italien erfand uns die Oper, das Violinkonzert (Vivaldi) und exportierte schon im 18. Jahrhundert die besten Musiker nach Europa.

Italien als Urlaubsland ist viel zu schade, man sollte sich die Charaktereigenschaften zu eigen machen und Stil und Schwung ins Leben bringen.

Gibt es in diesem Jahr Neuerungen bei Classix?

Tröger: Heuer steht ein Konzert mehr auf dem Programm: Insgesamt sind es sechs normale Konzerte plus der Wundertüte-Abend. Außerdem spielen die Festivalmusikerinnen und -musiker zwei Schülerkonzerte am Vormittag des 25. September. Erwachsene können die Aufführungen ebenfalls besuchen und auf den bekannten Wegen buchen.

Auf was freuen Sie sich am meisten beim diesjährigen Festival?

Tröger: Ich liebe alles, was mit Lesungen zu tun hat. Dieses Jahr rezitiert Schauspieler Wolfram Berger aus ­„Casanova“ – eine echte True-Crime-Story! Die musikalische Kulisse kommt vom weltberühmten Flötisten Maurice Steger. Nicht so klassisch, aber unterhaltsam wird der Filmmusikabend mit Ethel Merhaut. Und dann wäre da noch das Hammerklavier, das Els Biesemans am 21. September spielt, eine Rarität.

Was ist denn ein Hammerklavier?

Tröger: Das Instrument sieht aus wie ein Klavier, hat aber andere Anschläge und klingt anders.

Und auf was freuen Sie sich, Herr Fleck?

Fleck: Auf das Kemptener Pub­likum, denn ich habe es als ungemein aufmerksam und begeisterungsfähig erlebt. Dieser Enthusiasmus, der sich von Anfang an eingestellt hat, auf den freue ich mich; und natürlich auf die Kollegen, genauso wie auf jedes einzelne Programm. Jeder Abend wird ein Höhepunkt, auch wenn das ein Widerspruch ist. Aber so ist die Vorfreude.

Vielen Dank für das Gespräch!

Infos und Tickets

unter www.classix-­kempten.de oder bei der Berchtold Reiselounge, Residenzplatz 25, Tel. 0831/522 260

Feste, Konzerte, Ausstellungen: Was man in Kempten und Umgebung unternehmen kann, lesen Sie im Veranstaltungskalender.

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