Markus Lanz und CDU-Mann zeigen im ZDF, warum AfD so groß geworden ist
Deutschland hat einen neuen Bundestag. Deutschland behält sein altes Problem. Es hat die drei Buchstaben: A und f und D. Markus Lanz tut in seinem Nachttalk alles, um die Empörung darüber herbeizureden.
„Schrumpfgermane“, ist das Wort, das sich Markus Lanz für diese Nacht ausgesucht hat. „Schrumpfgermane“ zitiert er oft. „Schrumpfgermane“ ist der eine Begriff, den die erstarkte AfD in die erste Sitzung des frisch gewählten Bundestages eingebracht hat. „Kartell“ lautet das andere Wort. Markus Lanz schnauft tief. „Ich hab‘ da ein Störgefühl“, befindet er.
Alles Exoten? Lanz errechnet zehn Millionen AfD-Wähler
So richtig schafft es Markus Lanz nicht, die geplante Empörung im ZDF-Talk herbeizureden. Zu altbekannt sind die Themen. Zu ausgelutscht ist die Vorgehensweise. 152 Abgeordnete stellt die AfD inzwischen, das sind 32 mehr als bei der SPD. Und Moderator Markus Lanz tut tatsächlich so, als wäre diese zweitgrößte Partei im 21. Bundestag eine Ansammlung von Exoten.
Es dauert ziemlich lange, bis dem Moderator einfällt: „Über zehn Millionen waren es, die die AfD gewählt haben“, rechnet Markus Lanz vor. Auch wenn er sich da nicht so ganz sicher ist.
Wir brauchen Problemlöser, keine Problem-Herbeireder
Dieser ZDF-Talk funktioniert wie eine Zeitmaschine, die den Zuschauer zurückführt in die Anfangszeit der AfD. Da wird nicht mit der AfD geredet. Da wird über die AfD geredet. „Ich hab‘ da ein Störgefühl“, hören wir wieder von Markus Lanz.
Tatsächlich habe auch ich als Zuschauer ein Störgefühl an diesem Abend. Wer die zweitgrößte Partei im Bundestag kleinkriegen will, wird sie nicht so einfach kleinreden können. Er wird sich mit ihr beschäftigen müssen. Und er wird zeigen müssen, dass Deutschland im Jahr 2025 keine Problem-Dramatisierer braucht und keine Problem-Herbeireder. Deutschland im Jahr 2025 braucht Problem-Löser. Und die braucht es dringend.
„Ich will ganz ehrlich sein“: CDU-Mann Frei überzeugt nicht
Da allerdings tun sich der CDU-Vertreter an diesem Abend auch keinen Gefallen. Der CDU-Politiker Thorsten Frei, die rechte Hand von Parteichef Friedrich Merz, sitzt auf seinem ZDF-Stuhl. Moderator Lanz konfrontiert ihn mit CDU-Aussagen vor der Wahl, auch mit eigenen Behauptungen.
Da geht es um Zurückweisungen Geflüchteter an den Grenzen, die vollmundig versprochen waren. Wie das nach der Wahl klingt? „Wir wollen keine Politik, die unsere Nachbarn vor den Kopf stößt“, sagt Frei. Da geht es auch um die Finanzierung der Regierungspolitik. Vor der Wahl war da richtig viel Geld beim Bürgergeld zu holen und Schulden waren Teufelswerk. Nach der Wahl werden bis zu einer Billiarde Euro Schulden zusätzlich aufgenommen.
„Man hat gespürt, dass Sie nicht so ernsthaft überzeugt waren“, sagt Moderator Lanz zu seinem immer wieder gerne eingeladenen Talkgast Frei. Und wie darf der antworten? Frei sagt tatsächlich: „Ich will ganz ehrlich sein.“
Frei mogelt sich durch den ZDF-Talk
Ich will auch ganz ehrlich sein: Dieser ZDF-Talk an diesem Tag, an dem der neue Bundestag gestartet ist, zeigt nur eines – er zeigt, warum und wie die AfD so stark geworden ist. Und Thorsten Frei, immerhin seit 2013 Mitglied des Bundestages, seit 2021 Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, also ein wirklich erfahrener Bundespolitiker? Der tut alles, um sich windelweich durch diesen ZDF-Talk zu mogeln.
„Wird es Steuererhöhungen geben?“, fragt Moderator Lanz. „Wir sprechen über Entlastungen“, antwortet Politiker Frei. Es tut mir leid: Aber Schönfärberei ist keine Politik, die in diese Zeit passt. Es wird Härten, es wird Zumutungen geben müssen. Ich wünsche mir Politiker, die den Mut zur Wahrheit aufbringen. Von Heuchlern und „Ich will ganz ehrlich sein“-Lügnern habe ich genug. Das bleibt am Ende dieses ZDF-Talks „Markus Lanz“ mein Störgefühl.
Der TV-Moderator erzielt im ZDF mit seiner Show regelmäßig gute Einschaltquoten. Doch wenn die Talkshow von Markus Lanz zu Ende ist, wird eine Schwachstelle des Fernsehmoderators sichtbar.