Rechtsruck unter Jung-Wählern: So reagieren Nachwuchsparteien im Landkreis auf die Entwicklung
Immer mehr Junge wählen die AfD. So will der Nachwuchs der politischen Mitte dagegenhalten.
Landkreis – Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen haben gezeigt: Die Zahl der Jungwähler, die ihr Kreuzchen bei der rechtspopulistischen AfD macht, ist deutlich gestiegen. In Bayern haben 16 Prozent der 18- bis 24-Jährigen AfD gewählt, in Hessen sogar 18 Prozent. Grund genug, im Landkreis bei Nachwuchsparteien der politischen Mitte nachzufragen, wie man auf diese Entwicklung reagiert – auch angesichts der bevorstehenden Europawahl am 9. Juni.
In einem sind sich die Jungpolitiker einig: Die Entwicklung gefährdet die Demokratie. „Sie ist deutlich angreifbarer, als viele für möglich halten“, sagt der Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen, Vincent Roszik aus Neubiberg. Er verweist wie der Unterschleißheimer Jan Kämmerer, seines Zeichens Kreischef der Jungen Union (JU), auf die politische Entwicklung in Polen der letzten Jahre. Dort hätten sich „die Rechtsextremen an den öffentlich-rechtlichen Medien vergriffen und die Justiz zu ihren Gunsten geprägt“, erinnert Kämmerer.
Michael Aumer, Vorsitzender der Jungen Freien Wähler im Landkreis sorgt sich vor einer weiteren Radikalisierung der Gesellschaft. „Der soziale Frieden in Deutschland wäre immer mehr gefährdet“, warnt er. Schon jetzt bekomme man die Gefahren des Rechtsrucks zu spüren, betont Felicia Kocher, Vorstandsmitglied im Kreisvorstand der Grünen. „Das Ausmaß an Hass und Hetze gegen unsere Partei hat noch nie gesehene Qualitäten angenommen“, sagt die Garchingerin.
Kritik an der Ampel
Ein Aufstieg rechtspopulistischer Parteien wie der AfD habe auch wirtschaftliche Folgen, warnt der Juso-Kreisvorsitzende Kevin Mayer aus Neuried: „Kein Handel, raus aus dem Euro – das sind Konzepte, die uns ruinieren würden.“
Doch was sind die Gründe, warum imm mehr junge Menschen AfD wählen? Kämmerer schiebt der Ampel-Koalition den schwarzen Peter zu: Die AfD könne gerade in den sozialen Netzwerken, also dort wo viele junge Menschen ihre Nachrichten beziehen, „den desaströsen Auftritt der Ampel-Parteien für sich nutzen“. Ähnlich sieht es Aumer: „Viele haben durch das Verhalten der aktuellen Bundesregierung das Vertrauen in die Politik verloren.“
Auch die Nachwuchsvertreter der Ampel-Parteien zeigen sich selbstkritisch. „Der offene Ampel-Streit“ ist ein großer Unruhefaktor“, gibt Juso-Chef Meyer unumwunden zu. Auch wenn die Ergebnisse der Koalition viel besser als ihr Ruf seien. So sieht es auch Grünen-Kreisvorstandsmitglied Leon Matella aus Ottobrunn. „Die inhaltliche Bilanz unserer Bundesregierung muss sich absolut nicht verstecken.“ Die Erfolge kämen in der Öffentlichkeit aber nicht an, der ständige Koalitionsstreit dagegen schon.
Krisen als Grund
Die AfD profitiere aber auch von den vielen aufeinanderfolgenden Krisen der vergangenen Jahre, findet Roszik. Das sieht auch Aumer so und zählt auf: „Corona-Pandemie, Energiekrise oder der Ukraine-Krieg.“ Da hätten viele junge Menschen einfach Zukunftsängste.
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Hier sieht Roszik aber auch die Chance, den Rechtspopulisten das Wasser abzugraben. Den derzeitigen Krisen müsse konsequent durch notwendige Reformen begegnet werden. So könne man das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen: „Dänemark ist hierfür ein gutes Beispiel. Dort wurde den Rechtspopulisten sehr schnell das Wasser abgegraben.“
Aumer mahnt an, Probleme und Sorgen junger Menschen ernst zunehmen und diese bei Entscheidungen aktiv einzubinden. So hätten sich seine Jungen Freien Wähler mit Erfolg für den Erhalt der Geburtsstation im Klinikum Neuperlach eingesetzt: „Das Thema hat viele junge Menschen im Landkreis bewegt.“
„Endlich ernst gemeinte Jugendbeteiligung“
Neben einer „endlich ernst gemeinten Jugendbeteiligung“ in der Politik fordert Matella eine „umfangreiche Demokratiebildung junger Menschen auf allen Ebenen“. Dazu müssen aus Sicht Kämmerers auch die weiterführenden Schulen beitragen. Sie sollten mutig sein die Europawahl dazu nutzen, Vertreter der Jugendorganisationen oder Parteien zu Diskussionsrunden einzuladen: „Dann sehen die Jungwähler, die dieses Mal auch unter 18 Jahren wählen dürfen, die einzelnen Positionen im direkten Vergleich.“ Immerhin sei die JU mit zwei Kandidaten auf der CSU-Liste zur Europawahl vertreten: „Sie kämpfen für eine moderne Europäische Union.“
Die Jusos wollen mit eigenen Angeboten bei den Jungwählern punkten. Meyer: „Wir haben ein echt gutes Europawahl-Programm, fordern ein kostenloses Interrail-Ticket und den Schutz des Wassers als öffentliches Gut.“
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