Nach Bidens Zoll-Hammer: Abhängigkeit von China schon jetzt „gewaltig“

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Die Ankündigung von US-Präsident Biden über die Erhöhung der Zölle auf chinesische Importe hat auch Folgen für Europa. Neben der Autobranche ist auch die Solarwirtschaft besorgt.

Washington/Brüssel – Der Handelskonflikt zwischen dem Westen und China spitzt sich zu. Nachdem US-Präsident Joe Biden am Dienstag (14. Mai) eine drastische Erhöhung der Importzölle auf bestimmte chinesische Güter angekündigt hat, werden Forderungen nach einem Nachziehen der EU laut. Die USA wollen die Zölle insbesondere auf E-Autos von 25 auf 100 Prozent erhöhen. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), warnte am Dienstag vor „Kollateralschäden, insbesondere für Europa“. Er fürchtet, durch die US-Strafzölle könnten noch mehr chinesische Elektroautos in die EU kommen.

USA erhöhen Zölle auf chinesische E-Autos auf 100 Prozent

Das US-Präsidialamt begründete die Maßnahmen mit inakzeptablen Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit, die durch unfaire Handelspraktiken Chinas entstünden. Mit ihnen werde die Welt mit billigen Gütern überflutet. „China verwendet dieselbe Strategie wie schon zuvor, um sein eigenes Wachstum auf Kosten anderer anzukurbeln, indem es trotz heimischer Überkapazitäten weiter investiert und die globalen Märkte mit Exporten überschwemmt, die aufgrund unfairer Praktiken unterbewertet sind“, begründete die Wirtschaftsberaterin des Weißen Hauses, Lael Brainard, die Maßnahmen.

In Europa prüft die EU-Kommission Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Elektroautos. Bundeskanzler Olaf Scholz und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson äußerten sich ablehnend. Er könne sich noch nicht abschließend zu der Untersuchung der EU-Kommission äußern, sagte Scholz in Stockholm. „Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass gegenwärtig jedenfalls 50 Prozent der Importe von Elektrofahrzeugen aus China von westlichen Marken kommen, die selbst dort produzieren und nach Europa importieren“, sagte er. „Das ist vielleicht auch ein Unterschied zu anderen Ländern und Nordamerika in dieser Frage.“

Solarenergie soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers für die Breite der Gesellschaft nutzbar werden
Solarenergie soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers für die Breite der Gesellschaft nutzbar werden © Robert Michael/dpa

Dazukomme, dass viele europäische Hersteller ihre Fahrzeuge auf dem chinesischen Markt erfolgreich verkauften. „Strafzölle als Patentlösung sind keine gute Idee für große Import- und Exportländer wie Deutschland und Schweden“, sagte Kristersson. BMW-Chef Oliver Zipse warnte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor Gegenmaßnahmen der Regierung in Peking, etwa, wenn wichtige Rohstoffe für E-Autos verknappt würden. „Hier wird viel zu kurz gedacht.“ Der europäische Markt werde keinesfalls von billigen chinesischen Fahrzeugen überschwemmt.

Solarbranche in Sorge – China überflutet den europäischen Markt

Neben der Autobranche sind auch andere Sektoren von den neuen US-Zöllen betroffen. Für Solarzellen wird der Satz auf 50 Prozent verdoppelt, ebenso für Halbleiter. Für bestimmte Mineralien werden die Zölle auf 25 Prozent gesetzt. Dazu kommen Medizinprodukte wie Schutzausrüstung, für die künftig 25 Prozent Abgaben fällig werden sowie Spritzen und die dazugehörigen Nadeln mit einem Satz von 50 Prozent.

Entsprechend besorgt reagiert auch die Solarbranche auf die US-Ankündigung, schließlich steht der Markt schon jetzt massiv unter Druck aufgrund chinesischer Importe. Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA schreibt Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands der Solarwirtschaft (BSW): „Der Wettbewerbsdruck für europäische Hersteller von Solarmodulen und ihren Vorprodukten ist bereits heute sehr hoch. Inwieweit die Erhöhung der Zölle auf Solarmodule in den USA Wechselwirkungen auf den europäischen Solarmarkt und hiesige Preisbildungsprozesse haben wird, ist nicht wirklich absehbar.“ Er gehe aber davon aus, dass sich die Auswirkungen „in Grenzen“ halten könnten.

Europa und Deutschland schon jetzt von China in der Solarwirtschaft abhängig

Allerdings rät er dringend von ähnlichen Maßnahmen der EU ab: „Von Übersprungshandlungen wie Importzöllen oder vergleichbaren Handelsbarrieren ist aber dringend abzuraten. Eine Protektionismus-Spirale können wir nicht gewinnen.“ Diese hätten in der Vergangenheit schon nichts gebracht – außerdem sei es dafür in Europa schon zu spät. „Infolge der politischen Versäumnisse der vergangenen 15 Jahre ist die Abhängigkeit in Europa von asiatischen Solarimporten zudem derzeit bereits so gewaltig, dass Zölle die Energiewende und den Klimaschutz in Europa deutlich verteuern und ausbremsen würden“, so der BSW-Geschäftsführer.

Von viel entscheidenderer Bedeutung wird es laut Körnig jetzt sein, wie schnell die EU-Staaten den „Net-Zero-Industry-Act“ umsetzen. Dieser sieht spezielle Abschreibungen für heimische Produzenten von erneuerbaren Energien vor. Die Mitgliedsstaaten haben noch anderthalb Jahre Zeit, um das EU-Gesetz in nationales Recht umzusetzen. „Entscheidend bleibt es vielmehr, den Skalierungsvorsprung asiatischer Solarproduzenten zu überwinden und mit Hilfe von Zukunftsinvestitionen der öffentlichen Hand den Aufbau international wettbewerbsfähiger Solarfabriken im Multi-Gigawattmaßstab auf unserem Kontinent zu ermöglichen.“

Mit Material von Reuters

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