Die Manager im Klassenzimmer
Ambitionierte Elftklässler des Gymnasiums Kirchseeon organisieren eine „Gala Night“ in Ebersberg: Sie sagen von sich, dass sie „hart“ und „strukturiert“ arbeiten. Müssen sie auch: Schließlich geht es um 350 zahlende Gäste.
Kirchseeon –Jonas Berendt verbindet sein Tablet mit dem Beamer, an der Tafel im Klassenzimmer des Gymnasiums Kirchseeon erscheint sein Bildschirm. „Aktuell haben wir 5386 Euro zur Verfügung. Das ist noch nicht das Gesamtvermögen, ein Fünftel der Forderungen sind noch offen.“ Der Elftklässler, wie immer herausgeputzt im schwarzen Anzug, spricht wie ein Manager. Genau genommen ist er das auch. Er ist einer der Projektleiter des P-Seminars „Gala Night“. 18 Schülerinnen und Schüler stellen eine Tanzaufführung für 350 zahlende Gäste auf die Beine.
„Das Projekt-Seminar am neunjährigen Gymnasium dient der beruflichen Orientierung“, heißt es auf der Internetseite des Bayerischen Kultusministeriums. Die Schüler sollen weitgehend eigenverantwortlich arbeiten und „wertvolle Einblicke“ in den karrieretechnischen Alltag gewinnen. Insofern ist das P-Seminar „Gala Night“ so etwas wie ein Musterknabe. Wie in der freien Wirtschaft kümmern sich die jungen Leute um alle Bereiche eines Unternehmens – Finanzplanung, Produktentwicklung, Marketing, Management.
20 Stunden Arbeitszeit pro Woche neben der Schule
Zum Pressetermin sind nicht alle 18 Mitarbeiter erschienen, aber der organisatorische Kern. „In Hochzeiten investieren einige von uns bestimmt 20 Stunden pro Woche Arbeitszeit“, erklärt Jonas Berendt. Neben der Schule. Dass das Seminar kein Laissez-faire-Projekt sein würde, war allen von Anfang an klar. Zwar wurde es dann doch ein wenig aufwendiger als erwartet. Aber den Elftklässlern scheint das nichts auszumachen. „Wir bringen gerne Leistung“, sagt der „Chef“ der Truppe. Dabei fühle sich das alles gar nicht so richtig nach Schule an, betont Anna Hamele. „Eher wie ein Riesenprojekt in einem Hobby.“
Von der oft als faul und selbstbezogen kritisierten jungen Generation ist hier nichts zu spüren. In Steckbriefen beschreiben sich die angehenden Abiturienten als „hart arbeitend“, „strukturiert“ und „erfolgsorientiert“. Sie haben hohe Ziele und sind bereit, viel dafür zu geben. „Ich will mal mein eigenes Unternehmen gründen“, sagt Xavier Szczyrbak, „dafür lerne ich hier eine Menge“. Und Projektleiterin Anna Roth schätzt an den erlebten Konflikten im Team die Aussicht darauf, „dass wir die Fehler später im Beruf umgehen können“.
Wir bringen gerne Leistung.
Selbstverständlich läuft nicht alles glatt. Es gibt auch herbe Rückschläge. Komplikationen in Sachen Sicherheitsauflagen zum Beispiel, der nicht ganz gelungene Versuch, einen Flashmob als Werbeaktion zu starten, oder aktuell Schwierigkeiten, die Karten für den Abend mit 16 Tanztruppen und rund 200 Akteuren ans zahlende Publikum zu bekommen. Noch sind nicht einmal 40 Prozent der Tickets verkauft.
„Wenn wir das Geld verspielen, haften wir mit Privatvermögen“
Nach der wichtigsten Lernerfahrung fürs Berufsleben gefragt, antworten alle unisono: „Kommunikation.“ Sowohl innerhalb des Teams als auch nach außen, etwa im Kontakt mit Sponsoren oder in Diskussionen mit der Schulleitung. „Da wurden die Debattierskills ausgepackt“, sagt Anna Roth grinsend.
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Ein Scheitern kommt nicht infrage. Für die Schulnoten spielt es zwar keine Rolle, ob die „Gala Night“ am Ende umgesetzt wird. Aber Noten sind hier Nebensache. „Wenn wir das Geld verspielen, haften wir mit unserem Privatvermögen“, erklärt Jonas Berendt. Doch das ist kaum vorstellbar bei diesem Haufen zielgerichteter junger Leute. „Wenn's darauf ankommt, dann sind wir da“, sagt Anna Hamele.
Die „Gala Night“ in festlicher Abendgarderobe mit Aufführungen von 16 Tanztruppen unter dem Motto „Die Magie der vier Jahreszeiten“ findet am Samstag, 3. Mai, ab 19 Uhr (Einlass 18 Uhr) im Alten Speicher Ebersberg statt. Tickets und Infos hier.