Nawalny-Trauermarsch in Moskau? Putin-Opposition versucht Profit aus Stimmung zu schlagen

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Nach dem Tod von Kremlkritiker Alexej Nawalny sind Trauerbekundungen in Russland untersagt. Eine Partei nutzt die Umstände für einen politischen Schachzug.

Moskau - Die russische Partei „Bürgerinitiative“ will nach eigenen Angaben einen Trauermarsch für die verstorbenen Oppositionsführer Alexej Nawalny und Boris Nemzow veranstalten. Der Parteichef und Ex-Wirtschaftsminister Andrej Netschajew veröffentlichte am Montag einen Scan des Antrags auf seinem Telegram-Kanal. Demnach beantragte er bei der Moskauer Stadtverwaltung die Genehmigung eines Marsches im Zentrum Moskaus mit bis zu 50.000 Teilnehmern. Die Veranstaltung soll am 2. März stattfinden.

Russische Oppositionspartei beantragt Trauermarsch für Nawalny: Was hinter dem Versuch steckt

Es ist unwahrscheinlich, dass die russischen Behörden den Trauermarsch durchwinken. Bereits in den letzten Tagen wurden jegliche Trauerkundgebungen für Alexej Nawalny unterbunden. Seit der Bekanntgabe seines Todes wurde mehr als 400 Menschen bei Veranstaltungen dieser Art festgenommen. Teils wurden sie zu Geldstrafen verurteilt, teils zu Haftstrafen.

Auch wenn der Antrag der russischen Partei nicht genehmigt wird, demonstriert sie damit einen stillen Protest. „Bürgerinitiative“ ist nicht im Parlament vertreten und gilt als gemäßigt oppositionell. Für die Präsidentenwahl Mitte März hatte die „Bürgerinitiative“ den Kriegsgegner Boris Nadeschdin nominiert. Dieser sorgte bei der Sammlung von Unterstützerunterschriften für Furore und bekam eigenen Angaben zufolge statt der nötigen 100.000 Unterschriften die doppelte Anzahl zusammen. Auf Bildern war zu sehen, dass tatsächlich Menschen Schlange standen, um für Nadeschdin zu unterschreiben. Die Wahlkommission untersagte trotzdem seine Zulassung. Als offiziellen Grund nannte sie angeblich fehlerhafte Unterschriften.

Anhänger von Alexej Nawalny hinterlassen nach dem Tod des Oppositionsführers im Gefängnis in Russland weiterhin Blumen und Ehrungen an der provisorischen Gedenkstätte gegenüber der russischen Botschaft in London.
Anhänger von Alexej Nawalny hinterlassen nach dem Tod des Oppositionsführers im Gefängnis in Russland weiterhin Blumen und Ehrungen an der provisorischen Gedenkstätte gegenüber der russischen Botschaft in London. © IMAGO/Vuk Valcic/Zuma Wire

Demonstrationen der Opposition werden in Russland seit Jahren unter verschiedenen Vorwänden untersagt. Häufigstes Argument ist immer noch die angeblich große Gefahr einer Verbreitung der Corona-Pandemie. Bei Großveranstaltungen des Kremls spielt das keine Rolle.

Alexej Nawalny und Boris Nemzow: Das waren Russlands berühmteste Oppositionellen

Der Tod des russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny sorgte international für Aufregung und Kritik. Der 47-Jährige ist am Freitag in einem russischen Straflager im Norden Sibiriens ums Leben gekommen. Seine Ehefrau warf Putin öffentlich den Mord an Nawalny vor. Auch Menschenrechtler beschuldigen den Kremlchef, den Tod veranlasst zu haben. Offiziellen Angaben zufolge hat er einen Schwächeanfall während eines Hofgangs erlitten.

Der ebenfalls oppositionelle Politiker Boris Nemzwo verstarb bereits im Jahr 2015, als er vor dem Kreml in Moskau erschossen wurde. Mehrere Tschetschenen wurden wegen Mordes verurteilt. Bürgerrechtler gehen jedoch davon aus, dass die wahren Hintermänner des Mordes bis heute nicht belangt wurden. (nz/dpa)

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