Neue Österreich-Chats: Strache soll Putins Beamten Treffen ermöglicht haben
Der ehemalige FPÖ-Vizekanzler HC Strache soll auf Zuruf aus Russland gehandelt haben. Befürchtungen, die Partei könnte Putins langer Arm sein, sind nicht neu. Im Herbst wird gewählt.
Wien – Unter dem ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache pflegte die rechtsautoritäre FPÖ ein besonders enges Verhältnis zur Partei von Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Aus Chats, die nun in einem Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments ans Licht kamen, soll hervorgehen, dass Strache 2019 auf Ersuchen Russlands ein Treffen zwischen jungen Beamten der beiden Staaten organisieren wollte. Das berichtete die Austria Presse-Agentur (APA) am Donnerstag (29. Februar).
Die FPÖ und Putins „Einiges Russland“-Partei unterschrieben demnach im Jahr 2016 einen Freundschaftsvertrag, der auch unverbindlichen Informationsaustausch und gemeinsame Beratungen beinhaltete. Die FPÖ wollte die konkreten Chats auf Anfrage der Nachrichtenagentur jedoch „nicht kommentieren“.

„Ibiza-Affäre“: Strache stolperte 2019 über vermeintliche Oligarchennichte
Strache, Protagonist des Ibiza-Videos, fiel zuletzt fast nur noch durch Meldungen in der bunten Boulevard-Medienlandschaft der Alpenrepublik auf. 2019 scheiterte die Regierungskoalition unter dem konservativen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgrund der von besagten Video ausgelösten Ibiza-Korruptionsaffäre. Strache glaubte damals auf Ibiza, dass er mit einer russischen Oligarchin darüber verhandelte, wie mit deren Geld Einfluss auf die größte Boulevardzeitung des Landes genommen werden könnte. Das Ziel: ihn ins Kanzleramt zu hieven.
Der Aufschrei der österreichischen Öffentlichkeit war groß. Die FPÖ flog aus der Regierung, beinahe vier Jahre später steht sie dem APA-Umfragetrend zur Nationalratswahl zufolge wieder bei etwa 27 Prozent und schickt sich an, stärkste Kraft zu werden. Ihr Parteichef ist der Innenminister aus der ÖVP-FPÖ-Koalition, Herbert Kickl. Gewählt wird im Herbst dieses Jahres.
„Russland“ soll Strache um Austausch zwischen Beamten gebeten haben
Die nun veröffentlichten Chats stammen aus Straches Zeit als Vizekanzler. Damals schrieb er, laut APA, an den höchsten politischen Beamten in seinem Ministerium, „Russland“ habe um einen Gedankenaustausch zwischen jungen Beamten aus Österreich gebeten. „Über die Verwaltungsakademie muss hier ja etwas möglich sein“, schrieb Strache. Gemeint dürfte die Verwaltungsakademie des Bundes sein, die ihm damals unterstand. Der Beamte antwortete nach einem „Anruf“: „Wird vorbereitet. Wir werden uns treffen.“
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Ob das Treffen stattgefunden hat, und wenn dem so war, wer daran teilgenommen hat, blieb am Donnerstag (29. Februar) noch unklar. Meri Disoki, Fraktionschefin der Grünen in besagtem U-Ausschuss, kündigte auf X, vormals Twitter, an, „alle Akten aus der Regierungs-Ära Kurz-Strache-Kickl mit Russland- und FPÖ-Bezug“ anzufordern. Die FPÖ teilte der APA mit, es habe damals nur die „üblichen Beziehungen“ zu Russland gegeben.

Ist die FPÖ unter Herbert Kickl ein verlängerter Arm Putins in Österreich?
Der Verdacht, dass die FPÖ auch im Interesse Putins handeln könnte, ist nicht neu. Im Vorfeld einer Geheimdienstaffäre äußerte sogar die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Sorgen darüber. FPÖ-Chef Kickl war in der ersten Regierung von Sebastian Kurz von 2017 bis 2019 Innenminister. In diese Zeit fällt die besagte BVT-Affäre.
Beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, dem damaligen österreichischen Geheimdienst, kam es im März 2018 zu einer Hausdurchsuchung, begründet mit letztlich haltlosen anonymen Korruptionsvorwürfen gegen Führungspersonal des Dienstes, berichtete das Nachrichtenmagazin Profil. Verantwortlich für die Durchsuchungen waren Ermittler, die eigentlich für Straßenkriminalität zuständig sind. Chef der Einheit war ein FPÖ-Mann, gegen den wegen verjährter Vorwürfe rassistischer und rechtsextremistischer „Verhetzung“ ermittelt wurde.
FPÖ-Polizist beschlagnahmte Geheimdienst-Akten zu Rechtsextremisten – Österreich flog aus „Berner Club“
In einem Untersuchungsausschuss kam heraus, dass die Ermittler bei der Razzia vor allem Akten aus dem Rechtsextremismus-Referat sichergestellt haben sollen. Bei den „Angaben zum Transport“ der Akten, hätte es „Diskrepanzen“ gegeben. Die Opposition befürchtete damals, dass Informationen in die rechtsextreme Szene, der die FPÖ freundlich gegenüber steht, abflossen. Bis heute ist nicht völlig klar, ob und welche Informationen, damals an wen gelangten.
Sicher ist allerdings, dass die BVT-Affäre dem Ruf des Dienstes nachhaltig geschadet hat. Bereits im Januar 2018 habe Merkel im Gespräch mit ihrem Amtskollegen Sebastian Kurz befürchtet, dass Geheimdienstinformationen westlicher Nachrichtendienste aus Wien nach Moskau fließen könnten. Sie begründete das mit dem Verhältnis zwischen der FPÖ und „Einiges Russland“. Das berichtete damals die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ).
Kurz darauf zog sich das BVT aus dem sogenannten „Berner Club“ zurück. Letzterer ist ein informeller Zusammenschluss europäischer Nachrichten- und Geheimdienste. Die Partner befürchteten, wie Merkel, den Abfluss von Informationen nach Russland, schrieb der Spiegel.

In den nächsten Monaten wird ein Untersuchungsausschuss des Nationalrats wohl auch klären, wie eng das Verhältnis zwischen FPÖ-Ministern und Russland war. Die FPÖ behauptet, gegenüber der APA, der Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei bestünde nicht mehr, aber weigert sich beständig diesen öffentlich zu machen. (KiBec mit dpa-Material)