Wer 2025 auf einen Einbruch des deutschen Immobilienmarktes gehofft hat, hat verloren. Der Markt hat eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit bewiesen. Trotz unterjährig gestiegener Bauzinsen, die mittlerweile wieder an der Vier-Prozent-Marke kratzen, ist das Finanzierungsvolumen um satte 20 Prozent gestiegen – von 200 Milliarden Euro auf 240 Milliarden Euro.
Die Käufer sind zurück, aber sie agieren anders: mit mehr Eigenkapital, konservativeren Finanzierungsstrukturen und einem klaren Blick für die Realität. Diese Realität heißt Stabilität. Und genau das ist auch die Überschrift für das Jahr 2026.
Die Zinswende fällt aus – gewöhnen Sie sich an die „neue Normalität“
Die wichtigste Frage, die mir Kunden stellen, lautet: „Soll ich noch warten, bis die Zinsen wieder fallen?“ Meine ehrliche Antwort für 2026 ist: Nein. Warten ist aktuell keine Strategie, sondern eine Wette gegen die Wahrscheinlichkeit.
Die erste Jahreshälfte 2026 wird kaum Entlastung bringen. Vieles spricht für eine Seitwärtsbewegung der Bauzinsen im Korridor von 3,5 bis 4,0 Prozent. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu den paradiesischen Zuständen der Niedrigzinsphase ist unbegründet.
Warum ist das so? Die Zinspause der Europäischen Zentralbank (EZB) und die jüngsten Inflationsdaten deuten auf eine längere „Stabilitätsphase“ hin. Das bringt so manchen Haushalt der EU-Mitglieder unter Druck. Entsprechend sehen wir bei der zehnjährigen Bundesanleihe – dem wichtigsten Taktgeber für deutsche Hypothekenzinsen – aufgrund der steigenden Staatsverschuldung eher Aufwärtsdruck. Wer jetzt auf fallende Zinsen spekuliert, riskiert, am Ende noch teurer zu finanzieren.
Der Miet-Schock treibt die Käufer
Dass trotz dieses Zinsniveaus wieder mehr finanziert wird, hat einen simplen, aber schmerzhaften Grund: die Mieten. Die Schere zwischen monatlicher Mietbelastung und der Rate für das Eigenheim schließt sich mehr und mehr. Da Miete ein natürliches Substitut zum Wohneigentum ist, treiben die steigenden Mietkosten die Menschen zurück in den Kaufmarkt.
Gleichzeitig ziehen die Immobilienpreise wieder an. Das mangelnde Angebot an Neubauten deckt die Nachfrage bei Weitem nicht. Bereits im dritten Quartal 2025 verteuerten sich Neubauwohnungen um durchschnittlich 3,4 Prozent, in den Metropolen teils noch stärker. Wer jetzt zögert, zahlt 2026 vermutlich nicht weniger Zinsen, aber einen höheren Kaufpreis.
Die neuen Spielregeln für die Finanzierung
Der Weg ins Eigenheim führt 2026 nicht mehr über „billiges Geld“, sondern über smarte Planung. Wer heute Top-Konditionen will, muss der Bank Sicherheit bieten. Eigenkapital ist dabei Trumpf. Je mehr eigenes Geld fließt, desto geringer das Risiko für die Bank. Wer kein pralles Sparkonto hat, muss kreativ werden und kann Konditionen durch Zusatzsicherheiten optimieren – etwa durch eine lastenfreie Immobilie der Eltern. Auch lohnt sich immer ein Vergleich: Die Angebote der Banken klaffen häufig weit auseinander. Zinsunterschiede von 0,50 Prozentpunkten sind keine Seltenheit. Bei einer typischen Finanzierung spart der Vergleich schnell einen fünfstelligen Betrag über die Laufzeit des Darlehens.
Eine Empfehlung aus der Praxis: wir sehen immer häufiger, dass Finanzierungen an unvollständigen Unterlagen scheitern oder sich verzögern. Banken schauen heute genauer hin, besonders bei der Energieeffizienz und der Herkunft des Eigenkapitals. Wer hier seine Hausaufgaben nicht macht, verliert im Wettlauf um die Traumimmobilie gegen besser vorbereitete Käufer. Ein Finanzierungszertifikat, das man über seinen Baufinanzierungsvermittler bekommt, kann hilfreich sein.
Die Politik muss den „Bauturbo“ zünden
So sehr sich der Markt stabilisiert, so sehr ist die Politik gefordert. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, kein Luxusgut. Damit der Traum vom Eigenheim auch für jüngere Erstkäufer 2026 nicht platzt, brauchen wir mehr als Lippenbekenntnisse.
Notwendig ist die konsequente Umsetzung der im „Bauturbo“ angedachten Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren. Wir brauchen staatliche Bürgschaften für die Finanzierung von Bauträgern, damit wieder gebaut wird, und einen massiven Ausbau der KfW-Neubauförderung.
Fazit: Agieren statt Abwarten
2026 wird kein Jahr für Zocker, sondern für Realisten. Die Marktrealität hat sich geändert, aber sie ist robust. Wer solide plant, Eigenkapital mobilisiert und Konditionen vergleicht, findet auch in diesem Umfeld seinen Weg in die eigenen vier Wände. Auf bessere Zeiten zu warten, könnte sich 2026 als teurer Fehler erweisen.
Oliver Kohnen ist Geschäftsführer und Head of Franchise beim Baufinanzierungsvermittler Baufi24. Zuvor war er bereits über 17 Jahre in leitenden Positionen in der Immobilienfinanzierungsbrache tätig.