Weilheim entnimmt 12,8 Millionen Euro aus den Rücklagen
Eltern müssen mehr für die Betreuung ihrer Kinder zahlen, damit die Stadt Weilheim ihre Pflichtaufgaben erfüllen kann. Auch Gewerbetreibende und Hundebesitzer trifft es in diesem Jahr mehr als bisher (wir berichteten). Das Volumen des geschnürten Haushaltspakets ist in zehn Jahren um 80 Prozent auf knapp 77 Millionen Euro angewachsen. Nächstes Jahr sollen neue Schulden gemacht werden. Der Stadtrat entschied nun, anstehende Investitionen mit einer hohen Rücklagen-Entnahme zu finanzieren.
Weilheim – „Es bleibt jedes Jahr weniger übrig von den Einnahmen“, erklärte Kämmerer Christoph Scharf. „Gewaltige Veränderungen“ hätten sich im Vergleich zum Vorjahr ergeben. Allein bei den fünf größten Einnahmeposten im Verwaltungshaushalt – Steuern, Kinderbetreuungs- und anderen Gebühren, Mieten sowie Konzessionen/Zinsen -, würden die Einnahmen gegenüber 2023 wahrscheinlich lediglich um 10,4 Prozent steigen, die Ausgaben im Vergleichszeitraum jedoch um 26 Prozent. Die Kreisumlage fällt bei den Mehrkosten am stärksten ins Gewicht, aber auch Kinderbetreuungs-, Personal und Gebäudekosten sowie Zahlungen an die Stadtwerke, etwa für den Ortsbus. Durch die steigenden Kosten fehlt Geld für wichtige Maßnahmen. So muss die Sanierung des Stadtmuseums weiterhin warten. Lediglich die Planung dafür ist im aktuellen Haushalt berücksichtigt.
5,3 Millionen Euro für die Sanierung der Hardtschule
Geplante Hochbaumaßnahmen verschlingen mit 10,8 Millionen Euro und einem Anteil von 58,8 Prozent den Löwenanteil des Vermögenshaushalts. An erster Stelle steht dabei die Erweiterung der Hardtschule, die dieses Jahr voraussichtlich mit 5,3 Millionen Euro zu Buche schlägt, die Sanierung der Stadthalle mit 2,5 Millionen Euro (plus 260.000 Euro für eine Netzersatzanlage) und die Erweiterung der Ammerschule mit 2,3 Millionen Euro. Auch die Sanierungsplanung des Stadtmuseums (455.000 Euro) soll fortgeführt und die Dachsanierung der Kita Nepomuk (280.000 Euro) in Angriff genommen werden. Sanierungsmaßnahmen am Kinderhaus Pfiffikus sind mit 260.000 Euro berücksichtigt. Im Tiefbau ist ein Investitionsvolumen von 3,2 Millionen Euro angedacht: Baumaßnahmen an Bahnhofsgasse, Adlhochstraße, der Haltestelle Waldorfschule und am Busbahnhof am Bahnhofsvorplatz (800.000 Euro) sind angedacht, zudem die Planung des Urberlwegs (875.000 Euro). Straßenentwässerung kostet voraussichtlich 230.000 Euro, Maßnahmen am Innenhof und Parkhaus der Feuerwehr 370.000 Euro und 310.000 Euro die Sanierung ehemaliger Hausmülldeponien.
Hochwasserschutz verschlingt voraussichtlich 420.000 Euro
Hochwasserschutzmaßnahmen an Angerbach und Waitzackerbach sind mit 420.000 Euro veranschlagt. Auch der Radwegausbau an Fischergasse, Johann-Baur-Straße und Achalaich soll vorangetrieben werden. Geplant ist Straßengrunderwerb für die Adlhochstraße, Bahnhofsgasse und Am Betberg (271.000 Euro) und Vermögenserwerb, etwa durch Anschaffungen für die Feuerwehr (360.000 Euro) und Kita-Ausstattung in der Einrichtung in der Kanalstraße (325.000 Euro). Darlehen sollen in diesem Jahr in Höhe von über einer Million Euro getilgt werden.
12,8 Millionen Euro Rücklagen-Entnahme geplant
18, 4 Millionen beträgt das Volumen des Vermögenshaushalts, aus dem Investitionen getätigt werden. 12,8 Millionen des Betrags werden laut Beschluss über eine Rücklagenentnahme gegenfinanziert, so dass sich diese voraussichtlich auf 3,9 Millionen reduzieren. Lediglich 5,6 Millionen Euro stammen aus eigenen Einnahmen (Grundstücksverkäufe 2,8 Millionen Euro, Zuweisungen vom Land 1,5 Millionen Euro, Kredit zur Umschuldung 720.000 Euro). Im laufenden Jahr und teils auch 2025 reichen die Rücklagen aus, um Defizite abzudecken, nächstes Jahr müssen sie laut Kämmerer Christoph Scharf mit einer zusätzlichen Kreditaufnahme von voraussichtlich 6,4 Millionen Euro ausgeglichen werden.
45,4 Millionen Steuereinnahmen und 18,6 Millionen Kreisumlage
Die höchsten Einnahmen im Verwaltungshaushalt verbucht die Kommune dieses Jahr voraussichtlich mit Steuern in Höhe von 45,4 Millionen Euro. Auf der Ausgaben-Seite steht die mächtige Kreisumlage mit geplanten 18,6 Millionen Euro auf Platz eins. Sie steigt dieses Jahr um über 850.000 Euro, um 1,1 Millionen Euro erhöhen sich die Ausgaben für die Kinderbetreuung und um über eine Million Euro die Personalkosten (ohne Kinderbetreuung), durch den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst. Mit 24:4 Stimmen votierte das Ratsgremium für den vorgelegten Haushalt. Die ÖDP ließ im Protokoll die Forderung der Prüfung alternativer Hochwasser-Schutzmaßnahmen durch Humus-Aufbau aufnehmen.
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Schulden steigen in den Folgejahren
In den kommenden Jahren stehen weitere Investitionen für die städtischen Großprojekte wie Hochwasserschutz und Schulerweiterungen an. Die Stadt schreibt rote Zahlen. Bei einer Schuldentilgung von etwa einer Million jährlich beträgt der Schuldenstand dieses Jahr voraussichtlich 13,6 Millionen Euro, 2025 dann sogar 19 Millionen Euro, bevor er in den Folgejahren wieder etwas fällt. Das Gremium stimmte der Finanzplanung bis 2027 mit 22:6 Stimmen zu. Verglichen mit anderen kreisangehörigen Städten seiner Größenordnung lag Weilheim Ende 2023 mit 637 Euro Schulden pro Einwohner einen Euro über im Landesdurchschnitt von 2022, so die Stadt. Der Durchschnitt in der Planungsregion 17 (Oberland) liege mit 746 Euro je Einwohner höher als in Weilheim
Stimmen aus dem Stadtrat
Bürgermeister Markus Loth (BfW) beklagte in seiner Haushaltsrede die von staatlicher Seite aufgebürdeten Aufgaben. Verbunden mit dem Rechtsanspruch auf Mittagsbetreuung ab 2026 gebe es beispielsweise lediglich eine Förderung der Baukosten, für die Kommunen sei die Umsetzung jedoch in bautechnischer, organisatorischer und finanzieller Hinsicht eine „enorme Herausforderung“. Den aktuellen Haushalt mit höherer Gewerbe- und Hundesteuer bezeichnet Loth angesichts der eingeschränkten Möglichkeiten zur Generierung von Einnahmen als „Solidarfinanzierung der Weilheimer für die Weilheimer“. Bei der Gewerbesteuer setzt die Kommune mit einer Erhöhung des Hebesatzes von 380 auf 400 Prozentpunkte den größtmöglichen Hebel an.
Kritik am defizitären Elektro-Stadtbus-Konzept äußerte Romana Asam (FW), sie verteidigte jedoch die im Haushalt enthaltenen Steuer- und Gebührenerhöhungen.
Manuel Neulinger (Grüne) bedauert, dass durch fehlende Gelder nicht so intensiv an Fahrradwege-, Klima-, Kultur- und Bauprojekten gearbeitet werden kann. Er lobt jedoch die im Haushalt enthaltenen Investitionen für Kinderbetreuung und Schulen.
Marion Lunz-Schmieder (CSU), aus deren Fraktion zwei Vertreter gegen den Haushalt stimmten, bekräftigte, dass die Stadt dem Rechtsanspruch auf Mittagsbetreuung gerecht werden wolle und forderte die Kommune auf, die Einnahmenseite strukturell zu verbessern und Ausgaben zu verringern, etwa durch eine „attraktivere Wirtschaftspolitik“ und durch ein neues Stadtbus-Konzept.
Die essenziellen freiwilligen Aufgaben seien weiterhin im Haushalt enthalten, so Bernhard Kerscher (SPD), der Gelder für Theater, Vhs, Asyltreffpunkt und Museumsplanung ansprach.
Gerd Ratter (ÖDP) forderte, das geplante Hochwasserschutzprojekt auf den Prüfstand zu stellen und „mit der Natur und nicht rein technisch“ umzusetzen. Es blockiere andere Projekte wie die Aufwertung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt.
Dass Weilheim „vor mageren Jahren“ steht, glaubt Rüdiger Imgart (AfD), der den Haushalt wegen der Steuererhöhungen ablehnte.
Auch Ullrich Klinkicht (WM Miteinander) votierte dagegen. Als Gründe nannte er die hohen Ausgaben für den Stadtbus und das „Monsterprojekt Angerbach“.
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