EU-Kommission ändert Spielregeln bei Verbrenner-Aus: „Bestraft Hersteller, die sich daran halten“
Anstatt strenger CO₂-Grenzwerte ab 2025 dürfen Autohersteller ihre Emissionen über drei Jahre mitteln. Die Industrie jubelt – Umweltorganisationen warnen vor negativen Folgen.
Brüssel/München – Die EU-Kommission hat die Absicht, den Autoherstellern mehr Spielraum bei der Einhaltung der CO₂-Emissionsnormen zu gewähren. Anstatt die aktuell gültigen Flottenziele für 2025 strikt einzuhalten, sollen Volkswagen, Stellantis und Co. über einen Dreijahreszeitraum bis 2027 im Durchschnitt erfüllt werden können.
Während die Industrie aufatmet, sehen Umweltorganisationen einen Rückschritt im Kampf gegen den Klimawandel – der zudem gar nicht nötig wäre.
Verbrenner-Aus und die Lockerung der CO₂-Regeln: Was die EU-Kommission plant
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Automobilhersteller ihre CO₂-Werte nicht mehr Jahr für Jahr einhalten müssen. Stattdessen wird erst 2027 Bilanz gezogen. Wer dann im Mittel die CO₂-Ziele erreicht, bleibt von Strafzahlungen verschont – selbst wenn einzelne Jahre über den Grenzwerten lagen. Zusätzlich bleibt das CO₂-Pooling mit anderen Herstellern bis Ende 2027 möglich.
Die Autobranche ist diesbezüglich erleichtert: Hohe Strafzahlungen ab 2025 wären für die Autobauer eine finanzielle Herausforderung gewesen. Durch die auf EU-Ebene geplante Anpassung können Hersteller flexibler planen – zum Beispiel mit einem höheren Anteil an Verbrennern in einem Jahr, wenn die Nachfrage nach Elektroautos schwächelt, und einem höheren Elektroanteil in einem anderen.

Aufgeweichte CO2-Werte: „Übertriebene Forderungen der Autoindustrie“
Klimaschützer sehen den Vorschlag der EU-Kommission kritisch. Die Umweltorganisation Transport and Environment (T&E) argumentiert, dass die Flexibilitätsregelung nicht nötig sei. „Die Verkaufszahlen von E-Autos in diesem Jahr belegen: das CO₂-Ziel für 2025 greift“, sagt Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland. Die Branche hätte sich längst auf die Vorgaben eingestellt.
Auch der International Council on Clean Transportation (ICCT) befürchtet negative Folgen: „Die Mittelwertbildung führt zu einer Verzögerung des CO₂-Ziels für 2025“, warnt Dr. Peter Mock, Geschäftsführer des ICCT in Berlin. Hersteller könnten es sich leisten, ihre Grenzwerte zunächst zu überschreiten und erst später auszugleichen – mit der Folge, dass weniger Elektroautos verkauft und mehr CO₂-intensive Fahrzeuge auf die Straße gebracht werden.
Dr. Mock kritisiert zudem gegenüber Electrive.net: „Mit der Änderung gibt die Europäische Kommission übertriebenen Forderungen seitens Teilen der Automobilindustrie nach, ohne dass dies notwendig wäre.“
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Langfristige Auswirkungen: Mehr Verbrenner, mehr Emissionen
Der ICCT weist darauf hin, dass Neuwagen in Europa im Schnitt 250.000 Kilometer gefahren werden, bevor sie ersetzt werden. Werden 2025 mehr Verbrenner zugelassen, bedeutet das höhere CO₂-Emissionen über Jahrzehnte hinweg.
T&E kritisiert zudem, dass die EU-Kommission „nicht repräsentative Verkaufsdaten aus dem Jahr 2024“ herangezogen habe, um die Änderungen zu begründen. Dabei sei die Zahl der verkauften Elektroautos in Europa allein in den ersten beiden Monaten des Jahres um 28 Prozent gestiegen.
Der Weg zum Verbrenner-Aus in Europa: Was passiert als Nächstes?
„Wer frühzeitig in Panik verfällt und mitten im Spiel die Regeln ändert, bestraft die Hersteller, die sich daran halten und rechtzeitig Milliarden investiert haben“, führt Bock aus. Noch ist der Vorschlag der EU-Kommission nicht rechtskräftig: Das Anliegen von Ursula von der Leyen und Co. muss vom Europäischen Parlament und dem EU-Rat genehmigt werden.
Während die Automobilindustrie für die Regelung lobbyiert, fordern Umweltorganisationen und Klimaschützer eine strikte Einhaltung der ursprünglichen CO₂-Ziele. Die Debatte über das Verbrenner-Aus geht also in die nächste Runde. (PF)