Von Ruine zu Schmuckstück: Jungunternehmer (26) rettet ein Stück Ortsgeschichte

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So sah das Stafflerhaisl in Großberghofen noch bis zum Jahr 2020 aus. ©  Lorenz Reischl

Viele Jahre stand das verfallene Stafflerhaisl an der Hauptstraße in Großberghofen leer. Der Jungunternehmer Lorenz Reischl sanierte das denkmalgeschützte Gebäude. Seit Dezember ist es wieder bewohnt.

Großberghofen – Zerbrochene Fensterscheiben, Spinnweben überall, morsche Balken, feuchte Wände. Wer das Stafflerhaisl vom Vorbeifahren kannte, wird sich jetzt die Augen reiben. Weiß und schmuck steht es wieder da – dank viel Herzblut, das Lorenz Reischl (26) zusammen mit 17 engagierten Handwerksbetrieben zumeist aus der Region in die Sanierung gesteckt hat.

Jungunternehmer Lorenz Reischl nahm sich dem verfallenen Haus an.
Jungunternehmer Lorenz Reischl nahm sich dem verfallenen Haus an. © Lorenz Reischl

Der junge Pellheimer hatte beim Kauf im Jahr 2020 nicht nur verwandtschaftliche Bande zur Familie Rothenfußer entdeckt, der das rund 240 Quadratmeter große Grundstück einst gehörte (wir berichteten), sondern auch kleine Schätze, die nur einem Kenner auffallen: Teile eines feinen Fliesenbodens etwa und ein historisch wertvoller Dachstuhl. Und weil Reischl, wie er zugibt, „einen Tick für denkmalgeschützte Haisl“ und als ursprünglich gelernter Landwirt obendrein ein Faible für alte Bauernhäuser hat, war der Ehrgeiz geweckt.

Vom verfallenen Haus zum Schmuckstück des Ortes

Das Austragshäusl aus dem Jahr 1843 der nachfolgenden Besitzerfamilie Burgmair, später durch Heirat als Staffler bekannt, ist rund 75 Quadratmeter groß. Bis zirka 1980 war das Haus tatsächlich bewohnt. Es gab einen Garten mit einem Hühnerstall und Brunnen sowie angrenzend einen Stadl, der aber etwa im Jahr 2000 abgerissen wurde. Der Abriss des Stafflerhaisl an sich wurde zum Glück für Reischl nie vollzogen.

Im März 2022 fingen die ersten Arbeiten an: Hochgewachsenes Gestrüpp war bereits entfernt, Analysen zur Statik und Bausubstanz durchgeführt und der Kontakt zum Denkmalamt hergestellt. Es gab zwar hohe Anforderungen, aber die Abstimmung mit den zuständigen Denkmalbehörden verlief reibungslos, betont der 26-Jährige.

Aufwändige Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes

Schmuck steht das Haus seit einiger Zeit da, hier ein Foto von Anfang Dezember.
Schmuck steht das Haus seit einiger Zeit da, hier ein Foto von Anfang Dezember. © Lorenz Reischl

Das gesamte Gebäude wurde aufwändig mit Beton unterfangen, gleichzeitig wurde eine Sockelheizung installiert, die rund um die Uhr das Mauerwerk beheizt. Sie soll auch langfristig das über Jahre durchfeuchtete Mauerwerk trocknen. Außer einem Tonnengewölbe, das als Kartoffelkeller genutzt wurde und wo jetzt alle Hausanschlüsse zu finden sind, gibt es schließlich keinen Keller.

Die teilweise sogar historischen Fenster mit Winterfenster wurden ausgebaut ,restauriert und innen durch Kastenfenster zur energetischen Optimierung ergänzt. Alle sind zweifach verglast und wärme- sowie schallisoliert. Bei den drei Räumen im Erdgeschoss, ließ das Denkmalamt aber nicht mit sich handeln: Es musste eine Fußbodenheizung eingebaut werden, da es früher auch keine Heizkörper gab.

Diese gibt es nur im wunderschönen Dachgeschoss, dem nun großzügigen Wohnzimmer mit Dielenboden. Dafür wurden die alten Dielen, die unten nicht mehr gebraucht wurden, zusammengesammelt, wegen möglichen Schädlingsbefalls in Hochdruckkammern behandelt und vom Schreiner oben eingesetzt – „einer der wichtigsten Männer im ganzen Haus“, so Reischl. Denn im ganzen Haus gibt es so gut wie keinen rechten Winkel. Alles musste angepasst werden. Das galt auch für Türstöcke, die zum Teil restauriert und nachkonstruiert wurden. Die Haustür wurde nach einer alten schwarz-weiß Postkarte nachgebaut – alles so detailgetreu wie möglich.

Im Grunde aber sei jeder Handwerker Gold wert gewesen, vor allem Zimmermann und Maurer, die dafür sorgten, dass das Gebäude wieder ein schönes Dach über dem Kopf hat und auf sicheren Beinen steht. „Auf den Original-Dachstuhl wurde ein neuer darübergesetzt“, erklärt Reischl. „Alt und Neu wurde zusammengeführt. Das macht den Raum aus“, schwärmt der Denkmalliebhaber.

Vieles sei jedoch sehr mühselig gewesen. Der Fliesenboden im Eingangsbereich wurde beispielsweise in Handarbeit herausgelöst, gereinigt und wieder eingesetzt. Nach Türklinken, die zu den Originalen passen, hat der Bauherr im Internet gestöbert, ebenso wie nach alten Scharnieren. „Es war ein einziges Zusammensuchen von Teilen“, sagt Lorenz Reischl. Ein Münchner Kirchenmaler untersuchte zudem den Putz und die Malereien, die vereinzelt im Haus zu finden waren. Im Laufe der Jahre habe es mehr als elf unterschiedliche Anstriche und Tapeten gegeben, die freigelegt und erneuert wurden.

Stafflerhaisl in Großberghofen ist wieder bewohnt

Neu ist im Grunde nur das Bad, das es vorher gar nicht gab, und die Küche, die die Mieterin aus dem Landkreis einbauen lässt. Über 280 Mietbewerbungen habe es gegeben, über 350 Interessenten, die sich beim Tag des offenen Denkmals das ortsbildprägende Haus mit der Haustafel, die die Madonna von Taxa und das Baujahr 1843 zeigt, anschauen wollten. Im Frühjahr sollen noch der Garten und ein Stellplatz angelegt werden. Es habe lange gedauert, in diesem Fall die richtige Bewerberin zu finden, die zum Haus passt. „Die ganze Familie hat mit ausgesucht“, so Lorenz Reischl.

Über Geld möchte der junge Mann nicht sprechen. Nur so viel: Es ist ein Liebhaberobjekt. Reischl: „Mit Wirtschaftlichkeit hat das Ganze nichts zu tun, das ist ein reines Schmuckkasterl – mein Herzensprojekt.“

Sabine Schäfer

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