DIHK-Präsident fordert „Zeitenwende“ in der Wirtschaft und Wachstumssignal bis 2030
Insolvenzen und Abwanderung prägen aktuell das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland. Die Verbände erwarten Antworten aus der Politik. Weil die auf sich warten lassen, fordert der DIHK-Präsident eine „Zeitenwende“.
Berlin – Den Prognosen zufolge wird sich die deutsche Wirtschaft 2024 nicht nennenswert bessern. Ein Wachstum von 0,2 Prozent steht bevor, im letzten Jahr hatte es gar eine Rezession gegeben. Hinzu kam im Dezember der Haushaltsstreit, der wochenlang für Finanzengpässe bei den verschiedenen Vorhaben der Regierung gesorgt hatte. Dazu hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) nun eine „Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik“ gefordert.
„Agenda 2010“-Nachfolger – DIHK verlangt ein Wachstumssignal für 2030
Und zwar so schnell wie möglich. „Die Wochen bis Ostern sind für die weitere Entwicklung der deutschen Wirtschaft von großer Bedeutung. Denn alles, was jetzt an Belastungen oder im Gegenzug an Entlastungen in Berlin und Brüssel entschieden wird, wirkt sich direkt auf die Investitionspläne der Betriebe aus“, zitierte die Rheinische Post den DIHK-Präsidenten Peter Adrian.

Alle politisch Verantwortlichen – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene – müssten nun die Chance nutzen, eine „Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik“ einzuläuten. Adrian forderte neue Reformen: „Jetzt brauchen wir ein Wachstumssignal für die Zeit bis 2030“. Das Wachstumschancengesetz biete dafür einige gute Ansätze. Aktuell (nachdem sich Vertreter von Bund und Ländern auf einen Kompromiss geeinigt hatten) sieht es Entlastungen für Unternehmen in Höhe von drei Milliarden Euro pro Jahr vor, im Bundesrat läuft außerdem gerade ein Vermittlungsverfahren zu dem Gesetz.
Kanzler ist mit Kompromiss zum Wachstumschancengesetz unzufrieden
Eigentlich waren jährliche Investitionen von sieben Milliarden Euro pro Jahr vorgesehen. Mit dem so erreichten Kompromiss zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits unzufrieden. Weil die CDU-geführten Länder das entsprechende Gesetz derzeit im Bundesrat blockieren, ist unklar, wann die geplanten Erleichterungen überhaupt in der Wirtschaft ankommen. Eine Einigung dazu steht noch aus.
Was zum zweiten Kritikpunkt des DIHK-Präsidenten führt. Seiner Meinung nach müsste die Regierung massiv die Blockaden in Planungs- und Genehmigungsprozessen bekämpfen. Ein Bürokratieabbau müsse her. Eine aktuelle Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass auch die Unternehmen selbst ein verstärktes Eingreifen der Politik fordern. „Die Grundausrichtung der Wirtschaftspolitik stellt über alle Branchen hinweg für knapp zwei von drei Unternehmen ein Risiko bei ihren Investitionsentscheidungen in Deutschland dar“, schrieb das IW in der entsprechenden Studie. Diese Grundausrichtung stehe „weit oben auf der Liste der Investitionshemmnisse“.
„Zarte Lichtblicke“ im internationalen Handel
Einen ähnlichen Ton schlug auch DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben an, der am 15. Februar die Ergebnisse der aktuellsten Konjunkturumfrage vorstellte. Im internationalen Geschäft sieht er „zarte Lichtblicke“: Es laufe „weniger schlecht als befürchtet“. Die nach wie vor eher gedämpfte Stimmung in Deutschland ist auch für Wansleben ein Grund zur Besorgnis. Mittlerweile sollen fast drei von fünf Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als ein Geschäftsrisiko ausgemacht haben. „Das ist ein besorgniserregender Höchstwert“.
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Wansleben bestärkte dabei, dass auf EU-Ebene eine „grundlegende Überarbeitung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes“ erfolgen müsste. Es brauche weniger Bürokratie und mehr Rechtssicherheit. „Außerdem brauchen wir in Deutschland dringend niedrigere Energiekosten und ein Wachstumschancengesetz, das diesen Namen auch verdient.“
Wachstumschancengesetz soll „Turn-Around-Potenzial“ erschließen
Mit dem Wachstumschancengesetz will die Bundesregierung eine Reihe der genannten Probleme angehen und (sofern möglich) eliminieren. Das Gesetz soll mit „zahlreichen Einzelregelungen quer durch das Steuerrecht“ die notwendigen Anpassungen in Investition, Innovation, Steuervereinfachung und Steuerfairness bringen. „Insgesamt hat das Wachstumschancengesetz für die Wirtschaft ein jährliches Entlastungspotenzial von rund sieben Milliarden Euro bis 2028“, teilte die Regierung mit.
„Das Wachstumschancengesetz stellt einen wichtigen Baustein dar, um das „Turn-Around-Potenzial“, das unsere Volkswirtschaft hat, voll zu erschließen. Es geht nicht um ein breitflächiges Konjunkturprogramm. Wir müssen Impulse setzen, dass die Kräfte, die in der Wirtschaft vorhanden sind, genutzt werden“, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).